Wer böse ist sagt: Inzwischen hat Christian Dubé als Sportchef Gottéron bis auf den letzten Platz hinuntergewirtschaftet und dabei viel Geld «verbrannt». Er verlängerte den Vertrag mit Mark French vor einem Jahr vorzeitig bis 2021.
Wer freundlich ist sagt hingegen: Christian Dubé ist der beste Hockey-Politiker der Liga.
Natürlich ist es sein Fehler, dass der abgesetzte Cheftrainer bezahlt werden muss – zumindest bis Mark French eine neue Arbeit gefunden hat. Darum hat watson.ch die Lösung lanciert, Christian Dubé sollte bis Saisonende den Cheftrainer machen und so das Geld – eine sechsstellige Summe – für einen teuren Nottrainer sparen.
Der Chronist hat nicht damit gerechnet, dass Christian Dubé tatsächlich genau diesen Weg gehen würde: Aber soeben hat er offiziell bestätigt, dass er bis Ende Saison Cheftrainer bleibt.
Aber er wäre ein erhebliches Risiko eingegangen, wenn er die alleinige Verantwortung für Gottérons sportliches Schicksal übernommen hätte. Die hohe Kunst eines Sportmanagers besteht ja nicht darin, eine Mannschaft zum Titel zu «mänätschen». Sie besteht darin, alles so vorzukehren, dass er im Falle eines Falles nie schuld sein muss und lange im Amt bleiben darf.
Als Sportchef achtet Christian Dubé stets darauf, grosse Namen zu transferieren. Der Klang des Namens in den Ohren der Verwaltungsräte und sonstigen Vorgesetzten ist bei seinen Transfers wichtiger als die Eignung für das ganze besondere Klima auf dem Hockey-Planeten Gottéron: WM-Silberheld Reto Berra, WM-Silberheld Philippe Furrer, Nationalverteidiger Noah Schneeberger, Nationalstürmer Samuel Walser oder Nationalstürmer Matthias Rossi.
Dazu so klingende Namen wie Viktor Stalberg, David Desharnais oder Daniel Brodin auf den Ausländerpositionen. Wahrlich, wenn es mit solchen Titanen nicht funktioniert, dann ist es nicht die Schuld des Sportchefs. Christian Dubé kann sich daher die Hände in Unschuld waschen. Ich habe die bestmöglichen Spieler geholt. Wenn es auch mit ihnen nicht funktioniert, dann ist es nicht meine Schuld.
Aber schwieriger wird es für ihn, die Hände in Unschuld zu waschen, wenn er die sportliche Verantwortung als Cheftrainer innehat. Wenn die Mannschaft nicht gewinnt, dann ist es immer die Schuld des Cheftrainers. Oder?
So ist es eigentlich. Aber nicht bei Gottéron. Nicht bei Christian Dubé (42). Der smarte Kanadier hat Sean Simpson (59) dazu überredet, ab sofort als Berater einzusteigen. Der grantige WM-Silberheld von 2013. Champions-Hockey-League Sieger von 2009 und Victoria-Cup-Sieger mit den ZSC Lions. Meister mit dem EV Zug. Mit Abstand der klingendste Name, den es im Oktober auf dem Trainermarkt gegeben hat.
Wenn nun Gottéron unter Trainer Christian Dubé weiterhin nicht auf Touren kommen oder gar die Playoffs verpassen sollte, dann könnte er die Hände mit dem Hinweis auf seinen prominenten Assistenten in Unschuld waschen. Wenn die Ratschläge eines Titanen wie Sean Simpson nicht helfen, dann ist es wahrlich nicht die Schuld des Cheftrainers. Dann hätte der liebe Gott (oder passender zu Gottéron: der Bischoff oder der Papst) an der Bande nicht helfen können. Ich habe den bestmöglichen Mann geholt. Wenn es auch mit ihm nicht funktioniert, dann ist es nicht meine Schuld.
Auch Sean Simpson riskiert nichts, verdient wieder Geld, ist zurück auf der grossen Bühne und muss trotzdem keine lästigen Pflichten erfüllen. Fribourg hat die bunteste lokale Medienszene der Liga. Der Cheftrainer wird jeweils gleich nach dem Spiel vom Kult-Lokalradio in langen Live-Interviews befragt. Die Nähe zum Team der lokalen Chronisten ist legendär. Wer nicht französisch spricht und kein kommunikatives Talent hat, ist hier verloren.
Für Sean Simpson, der nicht fliessend französisch parliert, wäre dieses «mediale Spiessrutenlaufen» ein Gräuel. Vor allem nach missglückten Spielen würde er sich lieber einen Zahn ohne schmerzstillende Spritze ziehen lassen als Chronistinnen und Chronisten Red und Antwort zu stehen. Er hat einen wunderbaren Sinn für schwarzen Humor – aber der würde im Welschland möglicherweise nicht so goutiert. Er hat auch eine pointierte Meinung zur welschen Hockeykultur.
Diese lästigen Pflichten ist der grosse Taktiker also los – die muss Christian Dubé übernehmen. Und wenn nun Gottéron weiterhin nicht auf Touren kommt oder gar die Playoffs verpassen sollte, dann kann auch er seine Hände in Unschuld waschen und sagen: Ich war nicht Cheftrainer, wenn ich Chef gewesen und das letzte Wort gehabt hätte, wäre alles ganz anders gekommen.
Wahrlich, eine Win-Win-Situation.
So wird nun Gottéron vom charismatischen, bestangezogenen Cheftrainer der Liga (Christian Dubé), vom grantigen Taktiker und Bandengeneral Sean Simpson und vom freundlichen Pavel Rosa (42) als weiteren Assistenten geführt.
Christian Dubé definiert die Rolle seines neuen, prominenten Beraters, Kumpels, Gehilfen, Assistenten, Ratgebers und Einflüsterers Sean Simpson so: «Er wird an der Bande stehen, bei den Trainings dabei sein und auch Zutritt zur Kabine haben. Aber ich habe bei allen Entscheidungen das letzte Wort.» Er erhoffe sich vor allem auch Hilfe im taktischen Bereich und beim Coaching.
Christian Dubé, Sean Simpson und Pavel Rosa - Das bunteste Triumvirat seit den Zeiten von Julius Cäsar, Magnus Pompeius und Marcus Crassus, die einst im Triumvirat das römische Imperium regiert haben. Die alten Römer hatten ein Faible für solche Dreimännerkollegien.
Es gibt eine interessante Lehre aus der Geschichte: so wie beim ganzen Trainer-Theater zu Gottéron Christian Dubé der Drahtzieher und stärkste Mann ist, so war damals im römischen Triumvirat Julius Cäsar der Leitwolf.
Julius Cäsar ist bekanntlich gemeuchelt worden. Nun wollen wir nicht so bösartig sein und sagen, die ganze Geschichte werde in Gottéron so enden, dass Christian Dubé seinen Job (mit Vertrag bis 2023) verliert.
Die grosse Frage ist nun: Kann Gottérons «Drachen-Triumvirat» funktionieren? Bevor wir hämisch ein Scheitern weissagen, sollten wir uns in Erinnerung rufen: Gottéron ist Gottéron. Gottéron wie es singt und lacht. Was anderorts zu kläglichem Scheitern verurteilt wäre, kann hier funktionieren.
Ein charismatischer, schlauer Cheftrainer, der mit der gesamten ihm übergeordneten Klubführung spielt wie auf einer Fidel, plus ein in Vergessenheit geratener grandioses Hockey-Taktiker, der sich in der Arbeitslosigkeit gelangweilt hat, seinen verblassenden Ruhm aufpolieren möchte und endlich wieder eine Rolle im grossen Hockeytheater bekommt (auch wenn es vorerst bloss die des Souffleurs des Cheftrainers ist) plus ein freundlicher Opportunist (Pavel Rosa), der mehr als zufrieden ist, wenn er einfach einen Job hat – das ist eine Kombination, die funktionieren kann.
Und wenn nicht, werden wir uns bestens unterhalten und eines wissen wir schon: Cheftrainer Christian Dubé wird nicht schuld sein.
Ein kleine Anmerkung: Ein neuer Präsident (nicht CEO) führt die Geschicke des HCFG und er wird Dubé bei einem Scheitern in die Pflicht nehmen, da bin ich mir ziemlich sicher. Denn wäre es nach Dubé gegangen, so stünde nun Simpson als Headcoach an der Bande ;-)
Verrückt finde ich auch, was die beiden Simpson/Colin Muller heute machen. Das wohl grösste Trainerduo der Schweizer Eishockeygeschichte (meine ich wirklich so) verdient heute sein Geld als Einflüsterer von Christian Dubé und Florence Schelling (Frauen U18), Sachen gibts ...