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Ex-Gefängniswärter wegen Sex mit Insassinnen vor Gericht

Ex-Gefängniswärter wegen Sex mit Insassinnen vor Gericht

06.07.2021, 16:2206.07.2021, 17:25
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Ein ehemaliger Gefängniswärter muss sich seit Dienstag in Nyon VD wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung von zwei Insassinnen vor Gericht verantworten. Der Angeklagte gibt zwar die sexuellen Handlungen zu, behauptet aber, dass diese einvernehmlich gewesen seien.

Die Taten ereigneten sich zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 im Frauengefängnis La Tuilière in Lonay VD, wo der Angeklagte als Vollzugsbeamter und Küchenchef angestellt war. Laut Anklageschrift nutzte der 50-Jährige seine Macht aus, um zwei weibliche, brasilianische Inhaftierte zu sexuellen Handlungen in den Küchenräumlichkeiten zu zwingen. Die beiden Frauen wurden inzwischen aus dem Gefängnis entlassen und kehrten in ihr Land zurück.

Der Angeklagte räumte am Dienstag vor dem Gericht des Bezirks La Côte einen «Austausch von Zärtlichkeiten» ein, versicherte aber, dass die Häftlinge sich nicht dagegen gewehrt hätten. Die anderen Taten, die ihm vorgeworfen werden (Penetration mit den Fingern und erzwungene Fellatio), bestritt der Mann. «Es gab nie einen Zwang, auch keine Gewaltanwendung», sagte er den Richtern.

Der Mann, der in seiner Funktion als Küchenchef auch die Anwesenheit der Häftlinge in der Küche und damit ihr Gehalt festlegte, behauptete zudem, dass er die Frauen weder erpresst, noch ihnen irgendwelche Versprechungen gemacht habe.

«Wegen Avancen schwach geworden»

Weiter erklärte der Angeklagte, dass ihn das «Übermass an Schmeicheleien» und das «fast tägliche provokative Auftreten» einer dieser Insassinnen zu seinem Handeln «bewegt» habe. «Ich wurde schwach und habe einen Schritt getan, den ich niemals hätte tun sollen», sagte der Ex-Gefängniswärter.

Die beiden ehemaligen Inhaftierten, die im April 2020 Anzeige erstattet haben, nehmen nicht an der Verhandlung teil. Sie wurden am Ende ihrer Strafe nach Brasilien abgeschoben und es wäre zu kompliziert gewesen, sie in die Schweiz zurückzubringen, angesichts der hohen Reisekosten und der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie.

Anhörung der Opfer gefordert

Zu Beginn der Verhandlung erneuerte die Verteidigerin des Angeklagten ihren Antrag, die beiden Brasilianerinnen anzuhören, um «ihre Glaubwürdigkeit zu beurteilen». Das Gericht wies diesen Antrag jedoch mit der Begründung zurück, dass die beiden Frauen bereits während der Untersuchung ausreichend angehört worden seien.

Dieser Fall wurde im Frühjahr 2020 publik, als die Strafvollzugsbehörde nach einer internen Untersuchung den ehemaligen Küchenchef bei der Staatsanwaltschaft anzeigte. Die Ermittlungen führten zur Eröffnung einer zweiten, noch laufenden Untersuchung gegen einen anderen Mitarbeiter wegen ähnlicher Sachverhalte. (cma/sda)

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26 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Garp
06.07.2021 17:52registriert August 2018
Jeder Vollzugsbeamte weiss genau, dass sexuelle Handlungen absolut tabu sind mit InsassInnen. Er schiebt in diesem Fall die Schuld den Frauen zu.

Die Frauen waren in einem Abhängigkeitsverhältnis.

Auch ein Therapeut, Ärztin etc. darf keinen Sex mit Patienten haben.
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Ravel
06.07.2021 16:27registriert Juni 2015
"Sex mit Insassinnen" finde ich eine schräge Beschreibung für "Gefängnisweiter nötigt zwei Insassinnen sexuell".
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olmabrotwurschtmitbürli #wurstkäseszenario
06.07.2021 20:14registriert Juni 2017
Eigentlich muss das Gericht dann, wenn belastende Zeugenaussagen das entscheidende Beweismittel sind, unmittelbare Zeugenbefragungen durchführen.

Der Verzicht auf eine Befragung der Geschädigten ist darum ziemlich sportlich.
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