Wegen der Lockdwon-Gartenparty in seinem Amtssitz wird die Luft für Premierminister Boris Johnson immer dicker. Nach den oppositionellen Stimmen werden jetzt auch aus den eigenen Reihen Rufe nach einem Amtsverzicht laut. Als erster forderte der Chef der schottischen Konservativen, Douglas Ross, Johnson offen zum Rückzug auf. Ihm folgten der ranghohe William Wragg sowie der Tory-Parlamentarier Roger Gale.
Ross sagte am Mittwochabend vor den Medien, dass die Position des Premierministers «nicht länger haltbar sei». «Ich möchte nicht in dieser Position sein, aber ich bin es jetzt und ich glaube, dass Boris Johnson nicht mehr als Vorsitzender der Konservativen weitermachen kann», so der Chef der schottischen Konservativen.
Zuvor hat Johnson gestanden, dass er an einer «Bring your own booze»-Party in seinem Büro an der Downing Street teilgenommen hatte.
Der Zeitung «The Guardian» zufolge sagte Ross: «Was wir heute auch vom Premierminister gehört haben, war eine Entschuldigung. Und er sagte, im Nachhinein hätte er die Dinge anders gemacht, was für mich ein Eingeständnis des Premierministers ist.» Die Beweise seien eindeutig. Die Leute wurden eingeladen, ihren eigenen Alkohol mitzubringen, den Garten in der Downing Street zu geniessen, und das sei nach jeder Definition eine Party, eine Zusammenkunft, die nicht erlaubt war.
Auf Ross folgte denn auch William Wragg, der einem einflussreichen Ausschuss vorsitzt. Gegenüber BBC «Radio» sagte er: «Ich und meine Kollegen sind ehrlich gesagt erschöpft davon, etwas zu verteidigen, was ausnahmslos unhaltbar ist.»
Wichtig wäre nun für den Premier, dass das Gros seiner Konservativen Partei ihn stützt. Doch die Stimmung unter den Tories gilt als katastrophal.
Um Johnson abzuwählen, müssten ihm 15 Prozent der 360 konservativen Abgeordneten in Briefen ihr Misstrauen ausdrücken. Das macht 54 Parlamentarier. Mittlerweile ist nicht auszuschliessen, dass die notwendige Schwelle erreicht wird.
Ross von den schottischen Konservativen sagte, es sei Sache des Premierministers, wie schnell er zurücktrete, und es liege an den anderen Abgeordneten, ob sie einen Misstrauensantrag gegen ihn stellten. Fast zwei Drittel der schottischen Tory-Abgeordneten haben nun öffentlich den Rücktritt von Johnson gefordert.
(van/sda)