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Ein letztes Mal befahl Jens Voigt seinen Beinen, die Schnauze zu halten – nun geht er in Rente

Ein Lächeln im Gesicht, obwohl er kurz vor der Ziellinie noch eingeholt wurde: Jens Voigt klatscht mit seinen Fans ab.
Ein Lächeln im Gesicht, obwohl er kurz vor der Ziellinie noch eingeholt wurde: Jens Voigt klatscht mit seinen Fans ab.Bild: GETTY IMAGES NORTH AMERICA
Für Husarenritt nicht belohnt

Ein letztes Mal befahl Jens Voigt seinen Beinen, die Schnauze zu halten – nun geht er in Rente

Irgendwann ist für jeden Schluss – für den bald 43-jährigen Radprofi Jens Voigt ist dieses irgendwann am Sonntag, wenn die USA Pro Challenge zu Ende geht. Vor der finalen Etappe seiner Karriere lancierte der Deutsche noch einmal einen seiner berüchtigten Solo-Vorstösse – und wurde erst auf dem letzten Kilometer vom Feld geschnappt.
22.08.2014, 08:4322.08.2014, 09:12
Ralf Meile
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In Denver (Colorado) geht am Sonntag «The Biggest Badass Since Chuck Norris» («Men's Health») in Rente: Jens Voigt, in einem Monat 43 Jahre alt. Der «knallharte Typ» ist kein Filmschläger wie sein berühmter Kollege, sondern Radprofi. Voigt ist kein Namenloser im grossen Feld, sondern einer, der bei den Fans zu den populärsten seiner Zunft gehört. Weil er sehr oft angreift, weil er nie aufgibt.

«Shut Up Legs!» lautet der bekannteste seiner Sprüche, die Anweisung an seine schmerzenden Werkzeuge: «Beine, haltet die Schnauze!». Ob man hinten im Feld fahre oder vorne in der Flucht spiele keine Rolle, sagte Voigt einmal, es würde sowieso schmerzen. Da fahre er lieber vorne, wo die Möglichkeit bestünde, ein Rennen zu gewinnen.

Ein Fan mit dem Zitat, das Jens Voigt in den USA zum Kultsportler machte.
Ein Fan mit dem Zitat, das Jens Voigt in den USA zum Kultsportler machte.Bild: GETTY IMAGES NORTH AMERICA

Die wahrscheinlich letzte Flucht seines Lebens

Weil der Deutsche in den USA besonders viele Anhänger hat, entschied er sich, seine Karriere dort zu beenden. In der viertletzten Etappe seines Rennfahrer-Lebens bot sich Voigt am späten Donnerstagabend (Schweizer Zeit) noch einmal die Chance, einen Sieg einzufahren.

Auf dem Rundkurs durch den «Garten der Götter» bei Colorado Springs ergriff der 42-Jährige gemeinsam mit zehn Berufskollegen kurz nach dem Start die Initiative und ging in eine Fluchtgruppe, die sich rasch einen schönen Vorsprung erarbeiten konnte.

Jens Voigt rast durch den «Garten der Götter».
Jens Voigt rast durch den «Garten der Götter».Bild: Getty Images North America

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Weniger als ein Kilometer fehlte zum Triumph

40 Kilometer vor dem Ziel, einige Flüchtlinge waren bereits zurückgefallen, setzte sich der baldige Velo-Pensionär auch noch von seinem letzten Begleiter ab und machte sich solo auf in Richtung des Ziels. Nah und näher kam er dem Zielstrich, noch einmal litt Voigt, angefeuert von den Fans, auf seinem Rad, ein letztes Mal durfte er mit einem Profisieg liebäugeln.

Es wurde nichts daraus. Auf dem letzten Kilometer wurde Voigt doch noch vom heranrasenden Feld geschluckt, das zuvor lange unorganisiert war und dem Oldie den Sieg gönnen zu schien. Letztlich gewann der Italiener Elia Viviani im Spurt souverän vor dem Schweizer Martin Kohler, den man in einem Massensprint nicht so weit vorne erwartet hätte.

Die Zusammenfassung der 4. Etappe der USA Pro Challenge, deren Geschichte Jens Voigt schrieb und die für ihn unglücklich endete.Video: Youtube/USA Pro Challenge

«Heute bin ich ‹All-In› gegangen»

«Ich habe mein Bestes gegeben», sagte Voigt nach der Etappe, «mehr ging einfach nicht. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt und bin heute ‹All-In› gegangen. Ich hätte die Etappe so gerne gewonnen, aber niemand schenkt einem einen Sieg. Das gibt es nicht im Radsport.»

Speziallackierung und Schuhe im Chrom-Look: Voigts Sponsor rüstete ihn für sein letztes Rennen mit speziellem Material aus.
Speziallackierung und Schuhe im Chrom-Look: Voigts Sponsor rüstete ihn für sein letztes Rennen mit speziellem Material aus.Bild: Getty Images North America

«Das war wohl meine Abschiedsrunde heute», schrieb der äusserst aktive Twitterer, dessen Trikot an der USA Pro Challenge den Aufdruck «Farewell Fans!» («Lebt wohl, Fans!») trägt, nach den Siegerehrungen. «Es fühlte sich grossartig an, noch einmal auf der Flucht zu sein. Es gab mir das Gefühl, lebendig zu sein.»

Nicht nur Cancellara fieberte mit

Bei Trek ist der 17-fache Tour-de-France-Teilnehmer und zweifache Tour-Etappensieger ein Teamkollege des Schweizers Fabian Cancellara. Der Berner, der ab morgen die Spanien-Rundfahrt bestreitet, drückte seinem deutschen Kameraden aus der Ferne die Daumen:

Voigts Masseur bedankte sich für die Emotionen, die er dem Team mit seinem letzten Ausritt beschert habe:

Der belgische Ex-Profi Axel Merckx, heute Sportlicher Leiter beim amerikanischen Bontrager-Team, zeigte sich schwer beeindruckt von Voigts Leistung. «Jens ist älter als ich und ich fragte mich: ‹Wie zum Teufel macht der das bloss?!›»

Die witzige Vermutung der Mediensprecherin des Teams Katjuscha: «Es muss an den Genen liegen.» Das ist deshalb witzig, weil Merckx' Vater Eddy der erfolgreichste Velorennfahrer aller Zeiten war.

Abschiedsküsschen für Voigt, der zum Trost für den verpassten Sieg als kämpferischster Fahrer der Etappe ausgezeichnet wurde.
Abschiedsküsschen für Voigt, der zum Trost für den verpassten Sieg als kämpferischster Fahrer der Etappe ausgezeichnet wurde.Bild: Getty Images North America
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