Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt: Die polnische Fussball-Nationalmannschaft konnte sehr lange nicht mit jener Deutschlands konkurrieren. Von 1933 bis 2014 gab es in 18 Partien 12 Niederlagen und 6 Unentschieden – eine sehr einseitige Angelegenheit also.
Erst am 11. Oktober 2014 wendete sich das Blatt. In der EM-Qualifikation gewannen die Polen das Heimspiel gegen den frisch gebackenen Weltmeister Deutschland in Warschau nach einem überzeugenden Auftritt mit 2:0. Der Sieg tat der polnischen Volks- aber auch Fussballseele sehr gut. Und er hat auch die Affiche nachhaltig geprägt: Der Respekt der Deutschen ist schlagartig angestiegen.
Dass sich das Team von Bundestrainer Joachim Löw vor dem heutigen Aufeinandertreffen bewusst kleinlaut gibt, hat vor allem mit einem Polen zu tun: Robert Lewandowski. Und man will es den Deutschen nicht verübeln, denn der 27-jährige Stürmer trifft in deren Liga nach Belieben. Mit 30 Toren holte sich «Lewa» in der vergangenen Saison die Bundesliga-Torjägerkanone, wettbewerbsübergreifend netzte er für Bayern München 40 Mal ein – in 51 Einsätzen!
Es gibt sehr gute Gründe, einen Goalgetter, der innerhalb von neun Minuten fünf Tore schiessen kann, sehr Ernst zu nehmen. Wolfsburgs Torhüter Diego Benaglio dürfte wegen jener 1:5-Niederlage Wolfsburgs im vergangenen September noch immer Albträume von Lewandowski haben. Dieser wiederum ist seither im Guinness Buch der Weltrekorde vierfach vertreten.
Für Deutschland sprechen vor dem Duell der Startspiel-Sieger allerdings zwei gewichtige Fakten: Zum einen verfügen sie über das bessere Kollektiv als Polen und zum anderen kennt dieses Lewandoski sehr gut. Mit Jérôme Boateng, Manuel Neuer, Thomas Müller und Mario Götze dürften heute gleich vier Bayern-Kollegen auflaufen. Zudem könnte Neo-Bayer Mats Hummels, früherer Weggefährte bei Borussia Dortmund, in der deutschen Innenverteidigung Shkodran Mustafi, immerhin Torschütze gegen die Ukraine, ersetzen.
Löw erwartet im Spiel, in dem höchstwahrscheinlich der Gruppensieger ausgemacht wird, einen gut organisierten Gegner. «Sie warten und kontern. Das ist ihr Spiel, schnelles Umschalten», sagte der 56-jährige in der Vorbesprechung, in der er auch gelobte, seine Hände jederzeit im Griff zu haben.
Die Polen, die Löw neben dem historischen Sieg in Testspielen auch noch zwei Unentschieden abgerungen haben (nebst zwei Niederlagen), müssen auf den verletzten Goalie Wojciech Szczesny verzichten. Mit Lukas Fabianski, der bei Swansea spielt, steht allerdings ein kompetenter Ersatz bereit.
Der polnische Nationaltrainer Adam Nawalka bleibt vor dem grossen Spiel zurückhaltend: «Wir glauben an uns, aber wir treffen auf eines der besten Teams der Welt, es wird also sehr, sehr schwer.» Innerlich dürfte der 58-Jährige aber doch etwas stärker mit einer neuerlichen Überraschung gegen den Nachbarn liebäugeln.