Polizei riegelt Generalstaatsanwaltschaft in Caracas ab

Polizei riegelt Generalstaatsanwaltschaft in Caracas ab

05.08.2017, 14:44

Venezuelas Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz hat vor Polizeimassnahmen gegen sie und ihre Behörde gewarnt. Am Sitz des Ministerio Publico in Caracas - der Strafverfolgungsbehörde - war am Samstag zu sehen, wie Einheiten der Nationalgarde das Gebäude abriegelten.

«Ich lehne diese Belagerung ab», schrieb Ortega Diáz bei Twitter. «Ich klage diese Willkür vor der nationalen und internationalen Gemeinschaft an.»

Kurz nach Installierung einer Verfassungsgebenden Versammlung, die das Land zu einer Diktatur verwandeln könnte, droht offensichtlich ein verschärftes Vorgehen gegen Kritiker. Die Sozialistin stand lange treu an der Seite von Staatspräsident Nicolás Maduro, aber seit März stieg sie zur weltweit beachteten Gegenspielerin Maduros auf. Als erstes kritisierte sie die zeitweise Entmachtung des von der Opposition dominierten Parlaments durch den Obersten Gerichtshof.

Auf ihren Druck hin wurde auf Betreiben Maduros das Urteil wieder aufgehoben. In der Folge ging sie immer mehr auf Konfrontation, kritisierte den Plan, eine Verfassungsgebende Versammlung wählen zu lassen als Putsch gegen die von Hugo Chávez entwickelte Verfassung, die eine Gewaltenteilung vorsieht.

Seit 2008 arbeitet die 59-Jährige als Generalstaatsanwältin, ihre Amtszeit läuft eigentlich bis 2021. Aber für führende Sozialisten ist sie zum Feindbild geworden, auf sie und ihr Umfeld soll massiver Druck ausgeübt werden, ihr droht die Absetzung.

Versammlung «übernimmt» Parlament

Kurz zuvor hatten die Sozialisten trotz scharfer Kritik das von der Opposition dominierte Parlament in Caracas übernommen. «Mit heroischem Mut, in den Händen des Volkes, wird die Verfassungsgebende Versammlung den Frieden zurückbringen», sagte Staatschef Maduro.

Die rund 540 Mitglieder der Versammlung, die an diesem Ort die Verfassung reformieren sollten, zogen in Caracas mit riesigen Porträts von Staatsgründer Simón Bolívar und Hugo Chávez, dem Begründer des Sozialismus-Projekts, in das Parlamentsgebäude ein.

Die Porträts waren Anfang 2016 von der Opposition nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl abgehängt worden. «Nichts und niemand wird die neue Geschichte verhindern. Wir werden siegen», sagte Maduro.

Damit ist der wochenlange Machtkampf vorerst entschieden, allerdings erkennen Dutzende Staaten das Vorgehen nicht an und drohen mit Sanktionen, die USA halten sich einen Erdöl-Importstopp offen.

De facto Entmachtung

Das Militär und die Polizei hatten das Parlamentsgebäude in Caracas weiträumig abgeriegelt - das eigentliche Parlament wird de facto entmachtet. Die für ihre kompromisslose Haltung bekannte frühere Aussenministerin Delcy Rodríguez wurde zur Präsidentin der Versammlung bestimmt.

Die Versammlung werde ihn «nicht allein lassen», sagte sie zu Maduro. Erwartet werden repressive Massnahmen nach Installation dieses bis zu Papst Franziskus scharf kritisierten Gremiums, das nun weitgehende Vollmachten bekommen wird und den Staat umbauen soll.

Von einer «Stunde null» war die Rede. Die Opposition hatte zu grossen Gegendemonstrationen aufgerufen, aber es kamen weit weniger Menschen als erwartet. Mit Vollzug der Versammlung könnte ihr Protesteifer zum Erliegen kommen, wird befürchtet. Dennoch wurde für Montag in dem Gebäude eine Sitzung des bisherigen Parlaments angesetzt. Seit über 120 Tagen wird gegen Maduro demonstriert, rund 120 Menschen starben. (sda/dpa)

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