Zwei Kliniken in Aleppo stellen nach Angriffen Betrieb ein

Zwei Kliniken in Aleppo stellen nach Angriffen Betrieb ein

28.09.2016, 16:48

Nach Angriffen haben zwei Spitäler im Rebellengebiet der umkämpften nordsyrischen Grossstadt Aleppo ihren Betrieb eingestellt. Gegner werfen dem Regime vor, Angriffe auf Spitäler als Kriegstaktik einzusetzen.

Mindestens eine der Notfallkliniken sei von einem Luftangriff getroffen worden, sagte Adham Sahlul, Sprecher der Syrisch-Amerikanischen Medizinischen Gesellschaft (Sams) am Mittwoch. Die Hilfsorganisation unterstützt die Spitäler. «Durch solche Angriffe werden Menschen zum Tode verurteilt», erklärte Sahlul.

«Ein Kampfflugzeug flog über uns und fing an, Raketen auf das Spital abzufeuern», berichtete der Radiologe Mohammed Abu Radschab. «Der Schutt fiel auf die Patienten in der Intensivstation.» Der Stromgenerator des Spitals M10 und die Sauerstoff-Versorgung der Patienten seien ausgefallen. Die Verletzten und Kranken seien in ein anderes Spital verlegt worden.

Aleppos Rebellengebiete hatten in den vergangenen Tagen die bislang heftigsten Angriffe der syrischen und russischen Luftwaffe seit Beginn es Bürgerkriegs im Jahr 2011 erlebt. Dabei kamen mehr als 260 Menschen ums Leben.

Am Mittwoch starben mindestens sechs Zivilisten, als sie in einem von Rebellen kontrollierten Viertel auf die Verteilung von Brot warteten und von einem Angriff getroffen wurden, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte.

300'000 Menschen eingeschlossen

Die strategisch und symbolisch wichtige Stadt gehört zu den umkämpftesten Gebieten im Land. Anhänger des Regimes und ihre Verbündeten kontrollieren den Westen Aleppos, Rebellen den Osten.

Dieser ist wegen einer Blockade seit Wochen von der Aussenwelt abgeschnitten. Dort sind bis zu 300'000 Menschen eingeschlossen. Wegen der Blockade fehlt es ihnen akut an Nahrungsmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung.

Nach dem Bombenhagel sind die Spitäler in den Rebellengebieten mit Verwundeten überfüllt. Der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge gibt es dort nur noch 35 Ärzte, die völlig überfordert sind. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) teilte über Twitter mit, alle acht Spitäler im Osten Aleppos seien seit Beginn der Blockade im Juli beschädigt worden.

Weisshelme fürchten «Völkermord»

Der Chef der syrischen Hilfsorganisation Weisshelme warnte vor dem völligen Zusammenbruch der Versorgung Aleppos. Die «zivilen Einrichtungen werden nicht in der Lage sein, noch länger als einen Monat die Versorgung sicherzustellen», sagte Raed Saleh der Nachrichtenagentur AFP.

«Wenn es so weitergeht, rechne ich mit einem Völkermord», sagte Saleh. Die Menschen in Aleppo würden jede Gelegenheit zur Flucht nutzen, aber es gebe keinerlei sichere Zuflucht und keinerlei Schutz. Auch die Weisshelme, die sich aus der Bevölkerung rekrutierten und den zivilen Opfern im Krieg helfen, seien durch die Truppen von Präsident Baschar al-Assad tödlich bedroht.

Hilfsorganisationen werfen dem Regime und seinen Verbündeten vor, die Bombardierungen von Spitälern hätten sich zu einer Kriegstaktik entwickelt. Das humanitäre Völkerrecht verbietet derartige Taten, die als Kriegsverbrechen eingestuft werden.

Weitere Verhandlungen

Russland und die USA setzen unterdessen ihre Verhandlungen über Syrien trotz heftiger Meinungsunterschiede fort. «Wir sprechen etwa über die Feuerpause und über humanitäre Hilfslieferungen - hier ist es Russland zusammen mit der syrischen Regierung gelungen, einen eindrucksvollen Fortschritt zu erzielen», sagte Russlands UNO-Botschafter in Genf, Alexej Borodawkin.

Eine von Washington und Moskau ausgehandelte Feuerpause war in diesem Monat nach rund einer Woche gescheitert. Seitdem ist die Gewalt in dem Konflikt eskaliert. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die «eiskalte militärische Eskalation». (sda/dpa/afp/reu)

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