Bundesrats-Anwärter Cassis: «Wie eine Prüfung»

Bundesrats-Anwärter Cassis: «Wie eine Prüfung»

01.09.2017, 16:12

Die Bundeshaus-Fraktion der FDP hat sich in Neuenburg zur Sitzung über die Kandidaturen für den frei werdenden Bundesratssitz zurückgezogen. Als ersten möglichen Kandidaten hat sie den Tessiner Nationalrat Ignazio Cassis angehört.

Nach dem Hearing zeigte sich Cassis zufrieden. Er habe sich gut gefühlt, etwas wie in einer Prüfung. Seine Fraktionskolleginnen und Fraktionskollegen hätten ihm viele Fragen zu politischen und persönlichen Themen gestellt, sagte Cassis vor den Medien. Weil es so viele Fragen gab, dauerte seine Anhörung sogar länger als die vorgesehenen 30 Minuten.

Als nächstes muss der Genfer Staatsrat Pierre Maudet vor der Fraktion antreten, zuletzt kommt die Waadtländer Nationalrätin Isabelle Moret an die Reihe.

Einige Fraktionmitglieder haben ihre Entscheidung bereits vor der Sitzung getroffen. In der Eingangshalle des Luxushotels Beau-Rivage sagte der Zürcher Nationalrat Hans-Peter Portmann der sda: «Für mich ist wichtig, dass die Südschweiz nach fast 20 Jahren wieder einmal im Bundesrat vertreten ist.» Das habe für ihn umso mehr Priorität, da ein sehr guter Kandidat bereit stehe.

Die Berner Nationalrätin Christa Markwalder sagt nichts über ihre Präferenzen, gab jedoch an, dass sie ihren Entscheid bereits vor der Fraktionssitzung gefällt hat. Noch offen ist die Entscheidung bei Nationalrat Olivier Feller, der wie die Kandidatin Isabelle Moret aus der Waadt stammt. «Für mich ist wichtig, dass die Frauenvertretung im Bundesrat mittel- und langfristig gesichert ist», sagt Feller.

Die Bundeshaus-Fraktion der FDP entscheidet voraussichtlich am späten Nachmittag, wie viele und welche Kandidatinnen und Kandidaten nominiert werden. Als nächstes werden dann die offiziellen Kandidatinnen und Kandidaten von den übrigen Fraktionen zu Hearings eingeladen. Die Anhörungen finden am ersten und am zweiten Dienstag der Herbstsession statt.

Favorit: Cassis

Favorit ist der Tessiner Cassis, der seit zehn Jahren im Nationalrat sitzt. Sein wichtigster Trumpf ist seine Herkunft: Das Tessin wartet seit nunmehr 18 Jahren auf eine Vertretung im Bundesrat. Der Anspruch des Kantons ist denn auch breit anerkannt.

Als Präsident der FDP-Fraktion und der nationalrätlichen Gesundheitskommission gehört Cassis zu den einflussreichsten Parlamentariern. Ausserdem gilt er als umgänglich und integrativ. Über Exekutiverfahrung verfügt der ehemalige Tessiner Kantonsarzt aber nicht. Auch seine Nähe zu den Krankenkassen wird ihm zum Vorwurf gemacht.

Zwei Romands

Die beiden anderen Anwärter sind Romands. Die Waadtländerin Isabelle Moret ist seit Ende 2006 Nationalrätin. Wie Cassis beschäftigt sie sich vorwiegend mit Gesundheits- und Sozialpolitik, doch hat sie auch die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative mitgeprägt.

Moret hatte ebenfalls noch nie ein Regierungsamt inne. Zudem wäre sie neben Guy Parmelin die zweite Waadtländer Vertreterin im Bundesrat. Sie wird aber die Stimmen all jener auf sich vereinen, die wieder mehr als zwei Frauen im Bundesrat sehen wollen. Auch jene, die dereinst bei der Ersatzwahl für Bundesrätin Doris Leuthard freie Hand in der Geschlechterfrage haben wollen, könnten Moret unterstützen.

Der Genfer Sicherheits- und Wirtschaftsdirektor Pierre Maudet ist der einzige Bewerber mit Regierungserfahrung. Der 39-jährige Senkrechtstarter hat sich mit einem harten Kurs bei der Kriminalitätsbekämpfung, aber auch mit der Legalisierung von Sans-Papiers einen Namen gemacht. Damit schuf er sich hüben und drüben Freunde wie Gegner. (sda)

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