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Schützen kritisieren Justizministerin Keller-Sutter scharf

Schützen kritisieren Justizministerin Keller-Sutter scharf

25.02.2019, 12:3625.02.2019, 13:23
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Ein Spezialist der Zentralstelle am technischen Seminar "Waffen"gibt an, welche Schusswaffen unter die Revision des Schweizer Waffenrechts fallen, am Dienstag, 22. Januar 2019, im fedpol in  ...
Ein Spezialist der Zentralstelle am Seminar «Waffen» gibt an, welche Schusswaffen unter die Revision des Schweizer Waffenrechts fallen.Bild: KEYSTONE

Die Gegner des revidierten Waffengesetzes werfen Justizministerin Karin Keller-Sutter vor, Unwahrheiten zu verbreiten. Ein Ja laufe auf eine Entwaffnung der Bürger hinaus, sagen sie.

Aus Sicht des Bundesrates geht es in der Abstimmung vom 19. Mai um geringfügige Änderungen, die es der Schweiz ermöglichen, im Verbund der Schengen- und Dublin-Staaten zu bleiben. Die Schiesstradition bleibe erhalten, betonte Keller-Sutter jüngst vor den Medien. «Niemand wird entwaffnet.»

Die Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz (IGS) widerspricht: Bei einem Ja würde sich «dramatisch viel» ändern, sagte IGS-Präsident Luca Filippini am Montag vor den Medien in Bern. Es wäre das Ende des Schiessens als Volkssport.

Luca Filippini, Praesident Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz IGS, vom Referendumskomitee "Nein zum Entwaffnungsdiktat der EU", aeussert sich an einer Medienkonferenz, am Freitag, 5. O ...
IGS-Präsident Luca Filippini.Bild: KEYSTONE

Von A bis Z falsch

Der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann zeigte sich «erschüttert» ob der Aussagen von Keller-Sutter. Diese seien von A bis Z falsch, sagte er. Peter Lombriser, der Zentralpräsident des Unteroffiziersverbandes, stellte fest, das Gerede über den Kompromiss, den die Schweiz angeblich herausgeholt habe, sei ein Märchen.

Er betrachtet das revidierte Gesetz als «absolute Zumutung». Die Bürger eines Landes seien nur so frei wie das Waffengesetz, dem sie unterstellt seien, sagte Lombriser. «Jedes Unrechtsregime hat als erstes das Recht auf den Waffenbesitz abgeschafft.»

Ausnahmebewilligung nötig

Die Schützen stört vor allem, dass halbautomatische Waffen mit grossem Magazin neu als verbotene Waffen gelten würden. Für den Kauf bräuchte es daher eine Ausnahmebewilligung statt eines Waffenerwerbsscheins. Schützen, die eine solche Waffe erwerben, müssten nach fünf und zehn Jahren nachweisen, dass sie Mitglied in einem Schützenverein sind oder regelmässig schiessen.

Wer bereits eine solche Waffe besitzt, müsste sie innerhalb von drei Jahren dem kantonalen Waffenbüro melden, sofern sie noch nicht in einem kantonalen Waffenregister verzeichnet ist.

Die Exportschlager der Schweizer Rüstungsindustrie

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Die Exportschlager der Schweizer Rüstungsindustrie
2017 exportierten Schweizer Firmen Waffen im Wert von 446,8 Mio. Fr. in 64 Staaten – 8% mehr als im Jahr zuvor. Diese Waffenexporte machten 0,15% der Schweizer Gesamtexporte aus. Wichtigstes Empfängerland war Deutschland vor Thailand, Brasilien und Südafrika. Im Bild: Schweizer Sturmgewehre auf dem Waffenplatz Thun.
quelle: keystone / christian beutler
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Bedürfnisnachweis inakzeptabel

Bei einem Ja wären 80 Prozent der im Schiesssport verwendeten Waffen sofort verbotene Waffen, kritisieren die Gegner. Dass Ausnahmebewilligungen erteilt würden, ändere nichts: Auf etwas Verbotenes gebe es keinen Rechtsanspruch, daher sei die Änderung gravierend. Inakzeptabel sei auch der verlangte Bedürfnisnachweis.

Tobias Dillier, Polizist im Kanton Obwalden, warnte vor Bürokratie. Die neuen Regeln hielten die Polizisten von der Strasse fern und verbannten sie ins Büro. Ohnehin seien nicht legale, sondern illegale Waffen das Problem.

Mögliche weitere Verschärfungen

Den Schützen geht es aber nicht nur um die beschlossenen, sondern auch um mögliche künftige Verschärfungen. Mit dem revidierten Waffengesetz will die Schweiz die neue Waffenrichtlinie der EU umsetzen, und diese soll alle fünf Jahre überprüft werden.

Es sei schon jetzt klar, was diese Überprüfung ergeben werde, sagen die Gegner: Weitere Verschärfungen seien absehbar, darunter ein ausnahmsloses Verbot für halbautomatische Waffen. Gegen eine solche Gesetzesänderung könnte allerdings erneut das Referendum ergriffen werden.

Schengen nicht in Gefahr

Für den Bundesrat ist die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie vor allem deshalb wichtig, weil bei einem Nein das Ende der Zusammenarbeit mit den Schengen- und Dublin-Staaten droht. Diese würde enden - es sei denn, die EU-Kommission und sämtliche EU-Staaten würden der Schweiz innert 90 Tagen entgegenkommen.

Die Schützen zeigen sich überzeugt, dass die Kommission und die Staaten dies tun würden. Die EU habe kein Interesse an einem weissen Fleck im Schengen-Raum, argumentieren sei. Dass die Schweiz ihre Schengen-Mitgliedschaft aufgeben müsste, sei daher eine leere Drohung.

Terrorbekämpfung nur Vorwand?

Die Schützen erinnerten auch daran, dass die neue EU-Waffenrichtlinie mit der Bekämpfung des Terrorismus begründet worden sei, nach den Terroranschlägen in Frankreich. Diese seien aber ohne legal erworbene Waffen durchgeführt worden. Die EU habe entweder etwas durcheinander gebracht - oder aber die Terrorismusbekämpfung sei nur ein Vorwand, um private Haushalte zu entwaffnen, sagte Salzmann.

Dem Bundesrat wiederum werfen die Schützen vor, als Reaktion auf ihre Aufklärungsarbeit nun nicht mehr von «Terrorismusbekämpfung», sondern von «Missbrauchsverhinderung» zu sprechen. Der Bundesrat habe eine argumentative Kehrtwende vollzogen, weil er offenbar befürchte, dass das Stimmvolk in Kenntnis der Sachlage Nein stimmen werde.

Schliesslich bringen die Gegner auch allgemeine EU-kritische Argumente vor: Wenn die Schweiz sich dem EU-Waffenrecht unterwerfe, werde sie sich auch anderswo unterwerfen, sagte Salzmann. Einen Zusammenhang zum Rahmenvertrag will die IGS im Abstimmungskampf laut Filippini aber nicht herstellen. (sda)

Bundesrat bei den Waffenexporten entmachtet

Video: srf/SDA SRF
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162 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Beggride
25.02.2019 13:36registriert November 2015
Ich habe mich noch nicht so damit befasst, um zu beurteilen ob ja oder nein, aber "die Bürger eines Landes sind nur so frei, wie das Waffengesetz" klingt sehr nach Trump, und Cowboy-Amerika...
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Borki
25.02.2019 13:51registriert Mai 2018
Wir Schützen haben nun einmal ein spezielles Sportgerät: Eines nämlich, dessen ursprünglicher Zweck es war, einen Menschen töten zu können. Nicht vergleichbar mit einem Tennis- oder Golfschläger. Ich bin deshalb der Meinung, wir sollten unseren Sport dem Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft anpassen und nicht umgekehrt.
Der Schiesssport ist nicht auf halbautomatische Waffen mit grossen Magazinen angewiesen. Wenn es anders wäre, würde ich nicht regelmässig beim Feldschiessen von Grossvätern mit ihren Karabinern geschlagen.
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nib
25.02.2019 13:58registriert Mai 2016
Wer zur Unterhaltung sich mal das CH Waffenrecht zu gemüte führen will, bitte:

https://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/home/sicherheit/waffen.html

Da kann keiner behaupten, dass das aktuelle CH Waffenrecht sinnvoll ist.

Da stehen lustige Sachen wie:
Und verboten sind Geräte, die dazu bestimmt sind, Menschen zu VERLETZEN (namentlich Schlagrute, Wurfstern, Schlagring, Schleuder
mit Armstütze, usw.)
Andererseits sind Jagdgewehre nur meldepflichtig, auch sind Samurai-Schwerter explizit keine Waffen. Schraubenzieher dafür gefährlich.
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