Stell dir vor, du verkaufst deinen getunten neuen Ferrari und kaufst dir mit einem Teil des Geldes einen alten Ford Focus. Etwa so fühlten sich die Barça-Fans vermutlich im Sommer, als Neymar verkauft und zwei Wochen später Paulinho geholt wurde.
40 der schönen 222 Millionen praktisch zum Fenster raus geworfen, war man sich sicher. Was will Barcelona mit einem, der zuvor bei Tottenham gescheitert war und jetzt seit zwei Jahren in China bei Guangzhou Evergrande mit 29 Jahren den Vorruhestand genoss? Zudem passt Paulinhos Spielstil etwa so gut zu Barça wie Tiki-Taka zum Brügglifeld.
Die Kritiker sind mittlerweile verstummt. Am Wochenende erzielte Paulinho sein viertes Tor für Barça. Lionel Messi liegt in dieser Wertung natürlich vor ihm – und dank dem Doppelpack von Luis Suarez auch der Uruguayer. Aber Paulinho folgt auf Rang 3: Nicht schlecht für einen, der bei seinen elf Einsätzen nur zweimal über 90 Minuten zum Einsatz kam und sich meist mit Jokereinsätzen von unter 30 Minuten zufrieden geben muss.
Geradezu grandios liest sich seine Statistik, wenn man den Mittelfeldspieler mit Real Madrids BBC-Sturm vergleicht:
Vor allem Cristiano Ronaldo dürfte sich bei einem Blick auf diese Werte schämen. Nur einmal jubelte der Portugiese bisher in der Primera Division. Dabei schoss er bereits 55 Mal aufs gegnerische Tor. Die Kollegen von «Who Scored» haben sich am Wochenende darum auf Kosten von CR7 mit diesem Tweet amüsiert:
Cristiano Ronaldo's La Liga season so far in shots:
— WhoScored.com (@WhoScored) 18. November 2017
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For those that can't be bothered to count, that's 55 shots in total and 27 since his solitary goal... pic.twitter.com/HmLjHvofqp
Ronaldo kämpft gerade mit einer seiner grössten Torflauten der letzten zehn Jahre. Hinzu kommt vom samstäglichen Duell mit Stadtrivale Atlético noch diese eine Szene, als ihn Juanfran locker abspurtete. Dass so etwas überhaupt möglich ist, hatte man sich bis dahin nicht wirklich vorstellen können. Normalerweise ist es der Portugiese, der seine Gegner alt aussehen lässt:
In der oben erwähnten Szene macht es auch den Eindruck, dass Ronaldo nicht mit letzter Konsequenz zum Ball geht. Diese Zögerlichkeit belegt auch eine weitere Statistik von «Who Scored». Diese geniessen wir allerdings mit Vorsicht, weil wir nicht sagen können, wie genau da gezählt wurde. Auf jeden Fall sei Ronaldo einer von nur sechs La-Liga-Spielern, die schon mindestens 100 Minuten Einsatzzeit hinter sich haben, aber noch KEIN Tackling zeigten und KEINEN Angriff abfingen. Die anderen sind vier Torhüter und ein Ergänzungsspieler.
Kein Wunder ist es aktuell also eher Paulinho als Ronaldo, der von den eigenen Fans gefeiert wird. So auch bei den beiden Partien gegen Sevilla und Malaga. Beide Male erhielt er Standing Ovations als er in der Schlussphase eingewechselt wurde. «Vom Gespött zum Idol», schrieb Barças Hauszeitung «Sport» kürzlich. Und das in zehn Wochen. Auf Twitter postete ein Fan demütig: «Ich bitte Paulinho um Vergebung.»
Der neue Publikumsliebling sagt selbst: «Ich bin nicht hierher gekommen, um den Kritikern das Maul zu stopfen, sondern um der Mannschaft zu helfen.» Er gesteht aber auch: «Ich hatte ein bisschen Angst, als ich die Reaktionen auf meinen Wechsel vernahm. Aber ich gab die bestmögliche Antwort.»
🔊 @paulinhop8: "Parezco tímido pero soy muy bromista" #ForçaBarça pic.twitter.com/aZHCZGCU6N
— FC Barcelona (@FCBarcelona_es) 10. November 2017
Tatsächlich ist es den Kritikern nicht zu verübeln, dass sie die Nase bei einer Ablöse von 40 Millionen Euro rümpften. Paulinho steht nicht für brasilianischen Samba-Fussball, sondern ist ein Arbeiter. Der Mittelfeldmann gilt als zweikampfstark, antrittsschnell und hat Zug nach vorne, als Joker bekundet er keine Mühe, ins Spiel zu finden.
Ans Barça-Tiki-Taka kann er sich aber erstaunlich gut anpassen. Zuletzt schlug er in der Champions League gegen Olympiakos Piräus 113 Pässe, 108 kamen an. Das sind Werte, die an Iniesta oder Xavi erinnern.
Es scheint, als fühle sich Paulinho in Katalonien pudelwohl. Endlich, ist man versucht zu sagen. Seine bisher 13 Stationen umfassen nicht nur Klubs und Ausleihen in Brasilien, sondern auch Abenteuer in Litauen, Polen und China oder eben unglückliche Abstecher wie bei Tottenham.
Und dass Paulinho nicht nur ein Mann für die «Kadertiefe» oder «starke Bank» ist, beweist er in der Nationalmannschaft. Beim souveränen Sieger der südamerikanischen WM-Quali traf er in elf Partien (meist über 90 Minuten) sechsmal und bereitete zwei Tore vor. Er ist einer der Pfeiler im Team von Tite, welcher den Rekordweltmeister wieder zum Titelfavoriten formte. Möglich, dass Paulinho Cristiano Ronaldo also auch an der WM 2018 die Show stiehlt.
Ganz genau, Paulinho blamiert Ronaldo.. Das sind doch alles Momentaufnahmen von kleinen Teenagern die die Medien einfach mal so für einen Artrikel übernehmen. congrat...