Nicht zufrieden mit dem Silberteller: Aber wird Roger Federer je wieder eine Grand-Slam-Trophäe hochstemmen? Bild: STEFAN WERMUTH/REUTERS
Er hatte den 18. Grand-Slam-Titel vor Augen, doch es sollte nicht sein. Novak Djokovic war im Wimbledon-Final einfach besser. Wir stellen die Frage, ob er nochmals einen Grand-Slam-Titel gewinnt und merken, dass das eigentlich gar keine Rolle spielt.
Sie waren gekommen, um ihn siegen zu sehen. Selten stand das Publikum bei einem Grand-Slam-Final so geschlossen hinter einem Spieler, wie gestern im ausverkauften Centre Court von Wimbledon hinter Roger Federer. Wie hätten sie ihm diesen achten Titel auf dem heiligen Rasen und den 18. Grand-Slam-Erfolg gegönnt!
Doch es sollte nicht sein. Novak Djokovic entpuppte sich als Spielverderber, als Partycrasher. Die serbische Weltnummer 1 stellte nach den ersten beiden hart umkämpften Sätzen auf Autopilot, zwang Federer immer mehr Risiko auf und zermürbte ihn schliesslich mit seinem fehlerlosen Spiel von der Grundlinie. 7:6, 6:7, 6:4, 6:3 lautete das Verdikt schliesslich aus seiner Sicht.
Leider wartet nicht der goldenen Siegerpokal, sondern nur der unerwünschte Silberteller auf Roger Federer. Bild: Juergen Hasenkopf/freshfocus
Federer konnte die Enttäuschung nach der Partie nicht ganz verbergen. Zwar gab sich der «Maestro» wie gewohnt als überaus fairer Verlierer, doch es war ihm anzusehen, wie sehr er sich diesen 18. Grand-Slam-Titel gewünscht hätte.
Verständlich: Viele Chancen, das Verpasste nachzuholen, werden sich Federer wohl nicht mehr bieten. Bis zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 will er mindestens noch spielen. Reicht das noch? Es gibt gute Gründe dafür und dagegen.
Man könnte hier noch so manches Pro und Contra gegeneinander abwägen, am Ende gebührt Federer aber vor allem Respekt. Mit seiner Brillanz, seinen unglaublichen Schläge, seiner Leichtigkeit auf dem Platz und seiner Leidenschaft fürs Tennis versetzt er die Zuschauern auch nach über 17 Jahren im Profigeschäft noch immer ins Staunen. Federer bei der Arbeit zuzusehen, ist nach wie vor beste Unterhaltung – egal ob er gewinnt oder nicht.
Mit Coach Stefan Edberg will Roger Federer sich jeden Tag weiter verbessern. Bild: STEFAN WERMUTH/REUTERS
Doch das Publikum zu unterhalten, ist nicht primär Federers Ziel. Auch mit bald 34 Jahren arbeitet der Tennis-Oldie hartnäckig daran, der Beste zu sein, seine jüngeren Konkurrenten in die Schranken zu weisen. Und das obwohl er bereits mehr erreicht hat, als die meisten anderen je zu träumen wagen.
Diese Einstellung zum Sport ist schlicht bewundernswert. Deshalb sollten wir in erster Linie froh sein, dass wir Federer noch mindestens ein Jahr beim Tennisspielen zusehen dürfen – egal, ob er seinem Palmarès noch einen weiteren Grand-Slam-Titel hinzufügen wird oder nicht.