Die Miserablen? Diese Bezeichnung müssen sich die SCRJ Lakers schon gefallen lassen. In den letzten sechs Jahren, in denen sie in der höchsten Liga spielten, waren sie fünfmal Letzte. Auch letzte Saison fehlten 11 Punkte, um vom 12. Rang wegzukommen. Aber nun sollten wir uns von der liebgewordenen Gewohnheit verabschieden, die Lakers als «die Miserablen» zu schmähen und bei den Saisonprognosen auf den 12. und letzten Platz zu setzen.
Im Rückblick erkennen wir, dass der schmähliche Abstieg im Frühjahr 2015 (durch eine verlorene Liga-Qualifikation gegen die SCL Tigers) der Anfang eines neuen Zeitalters war. Des Zeitalters der wirtschaftlichen und sportlichen Bescheidenheit und Geduld, das Markus Bütler seit 2015 als Büro-Leitwolf personifiziert.
Die Lakers sind 1994 zum ersten Mal in die höchste Liga aufgestiegen. Sie haben am Rande des Kantons St.Gallen ein stark eingeschränktes Einzugsgebiet und keine landesweite Ausstrahlung wie die viel traditionsreicheren «Kleinen» Ambri oder Langnau. Der Versuch, die Lakers nach dem Totalumbau der Arena zum Spitzenklub aufzurüsten, brachte zwar unter Bill Gilligan im Frühjahr 2006 die bisher einzige Halbfinal-Qualifikation. Aber Anspruch und Wirklichkeit klafften zu weit auseinander. Der Keim des erstmaligen Abstieges von 2015 ist in diesen Jahren des flüchtigen Ruhmes gelegt worden.
Inzwischen ist es gelungen, die Balance zwischen Wünschbarem und Machbaren zu finden. Wünschenswert wäre die Aufrüstung durch Zukäufe von grossen Namen. Machbar ist der geduldige Aufbau mit anderswo verkannten Talenten. Mit der vielzitierten «Rolex vom Transferwühltisch.» Eine solche Rolex hat Sportchef Janick Steinmann im Sommer 2019 gefunden: Offensivverteidiger Dominik Egli, in Biel nur ein unzufriedener Mitläufer ist letzte Saison zum produktivsten Schweizer Verteidiger der Liga aufgeblüht.
Janick Steinmann versucht weiterhin im grossen Stil interessante Spieler und «vergessene» Talente in die erste Mannschaft zu integrieren: Jungs wie Nando Eggenberger, einst als der nächste Nino Niederreiter gerühmt, Captain des U20-Nationalteams aber letzte Saison in Davos ausgemustert. Wie Frantisek Rehak, den tschechischen Junioren-Internationalen mit Schweizer Lizenz, der im Nachwuchs mehr als einen Punkt pro Spiel produzierte. Wie Julian Payr, den Verteidigungsminister des österreichischen U20-Nationalteams mit Schweizer Lizenz, in Davos und Ambri für die National League gewogen und für zu leicht befunden. Wie Marco Lehmann, die Rolex aus Klotens Nachwuchs, die letzte Saison in der zweithöchsten Liga in 35 Partien 30 Punkte buchte und nun erstmals in der National League eine Chance bekommt.
NEUE GESICHTER BEI DEN #SCRJLakers 🙌😍
— SCRJ Lakers (@lakers_1945) September 26, 2020
Kurz vor Saisonstart präsentieren wir euch unsere 7 Neo-🌹Städter und ihre persönlichen Saisonziele nochmals einzeln.
Heute @IgorJelovac . 💪🙌
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Dominik Egli ist längst nicht mehr der einzige «Volltreffer» dieser Philosophie der Geduld und Vernunft. Dazu gehört auch der kanadische Stürmer Kevin Clark, der sich bereits letzte Saison bestens bewährt hat (23 Tore und 44 Punkte in 48 Partien). Er ist im Frühjahr 2016 in Langnau törichterweise als untauglich ausgemustert worden. Oder Melvin Nyffeler, vor drei Jahren als gescheitertes Talent eingekauft und inzwischen einer der besten Goalies der Liga: Aufstiegsheld, Cupsieger und sogar Nationaltorhüter.
Trainer Jeff Tomlinson hat eine bessere Mannschaft als vor einem Jahr. Es gibt im nächsten Frühjahr keinen Absteiger. Für die Lakers geht es weniger darum, ob sie diese Saison bereits um einen Playoff-Platz spielen können. Sondern mehr um die Frage, wer bei ihrer mittelfristig geplanten Entwicklung vom ewigen Abstiegskandidaten («die Miserablen») zum Spitzenteam («die Respektablen») von Nutzen sein kann.
In seinem sechsten Jahr in Rapperswil steht Jeff Tomlinson vor seiner schwierigsten Aufgabe: unter den vielen «Billig-Transfers» den nächsten Dominik Egli zu finden und auszubilden und dabei so oft zu siegen, dass der Job nicht in Gefahr gerät. Denn bei aller Geduld: die letzte Wahrheit steht auch in Rapperswil-Jona oben auf der Resultattafel.
Vor Prognosen sollten wir uns hüten. Vor allem dann, wenn sie die Zukunft in einem so unberechenbaren, auf Glatteis ausgetragenen Spiel wie Eishockey betreffen. Aber eines dürfen wir sagen: im Frühjahr 2021 werden die Lakers erstmals seit 2013 nicht mehr die Miserablen, die Letzten der Liga sein.
Platz 11. Der erste Schritt auf dem Weg von miserabel zu «respektabel».
Diese Saison wird tatsächlich wegweisend, ob es für Talente wie Egli, Nyff, Lehmann etc. auch interessant sein könnte bei Rappi zu bleiben. Bei uns warten 1./2. Linien Plätze und Powerplay - bei den grossen vielleicht nur noch 7min Eiszeit in den hinteren Linien. Hoffen wir das Beste 😃!
Mein Tipp: Platz 10 🥅🏒
Wirtschaftlich ist die Region sehr gut aufgestellt. Klar überschneidet sich das Einzugsgebiet teilweise mit dem vom ZSC, EHCK und EVZ.
Rappi hat trotzdem ein grösseres Potenzial als Langnau was sich auch in der weit besseren Platzierung in der Play Off Zeit niederschlägt.