Was ist da faul? Warum steht Dimitri Oberlin nicht im Kader für das Champions-League-Qualifikationsspiel gegen den maltesischen Meister Hibernians? Schliesslich war Oberlin einer der besten Skorer in der österreichischen Bundesliga letzte Saison. Grund dafür, so schrieb die «Kronen Zeitung» am 10. Juli, seien private Probleme. Zweimal soll die Polizei bei ihm zu Hause aufmarschiert sein nach Auseinandersetzungen mit seiner damaligen Freundin. Sie hat ihn angezeigt wegen leichter Körperverletzung, denn einer der Streite mit dem Mann, der unterdessen ihr Ex-Freund ist, endet für sie im Spital.
Salzburgs Sportchef Christoph Freund meinte damals gegenüber dem «Kurier»: «Wir werden das intern regeln. Dass er sich nicht immer korrekt verhalten hat, steht allerdings ausser Frage.» Oberlin war daraufhin während mehrerer Tage nicht im Mannschaftstraining, hat unter den Umständen, so hört man aus Österreich, auch körperlich gelitten. Die Anzeige ist nicht vom Tisch. Noch steht eine aussergerichtliche Einigung zur Debatte, doch in Österreich rechnet man mit einem Prozess.
Und jetzt also der Wechsel zum FC Basel: Oberlin hat beim Serienmeister einen Leihvertrag über ein Jahr unterschrieben. Am Montag wird der talentierte Stürmer mit Wurzeln in Kamerun ins Training einsteigen. Setzt er sich durch, kann ihn der FCB im Sommer definitiv übernehmen. Vermutlich dürfte er die Basler dann um die drei Millionen Franken kosten. Schliesslich hat Red Bull vor zwei Jahren schon etwas mehr als eine Million an den FC Zürich überwiesen, als man den U21-Nationalspieler nach Österreich lockte. Und man hat in den vergangenen zwei Jahren ordentlich in das Enfant terrible investiert.
Basel präsentiert Oberlin als Wunschtransfer, als den Mann, den man – zusammen mit Ricky van Wolfswinkel – zuoberst auf der Liste hatte. Zwischenzeitlich ist man offenbar von ihm abgekommen. Weil der Transfer von van Wolfswinkel die Situation entspannte und weil die Salzburger Oberlin nicht abgeben wollten. Ajeti wurde Thema. Der Deal platzte und plötzlich wollte Salzburg Oberlin nicht mehr um jeden Preis halten. Was auch an seinen privaten Problemen liegen dürfte.
Angesprochen auf die Anzeige sagt FCB-Präsident Bernhard Burgener, dass man davon aus der Zeitung erfahren habe. Aber das seien vorerst einmal Behauptungen, Gerüchte, Spekulationen. «Wir haben ihn getroffen und ein anderes Bild von ihm bekommen. Für uns gehört das der Vergangenheit an. Wir haben auch von der menschlichen Seite ein ganz gutes Gefühl», sagt Burgener.
Sportlich sind sie sowieso überzeugt von Oberlin. Wegen seiner Schnelligkeit, seiner Dynamik, dem Zug aufs Tor, seiner Kaltblütigkeit. Sportchef Marco Streller sagt: «Er war in ganz Europa begehrt.» Und offenbar wäre der Deal, so lässt Burgener durchblicken, in letzter Sekunde fast geplatzt, weil von einem anderen Verein ein massiv besseres Angebot kam. Aber Oberlin hielt Wort und unterzeichnete in Basel.
«In einem Team werden nie nur Traumschwiegersöhne spielen», sagte FCB-Trainer Raphael Wicky nach seinem ersten Training. Jetzt kann er beweisen, dass er einen Mann wie Oberlin handhaben kann. Denn einfach im Umgang war Oberlin offenbar auch schon in Zürich nicht. Marco Bernet war bis 2014 technischer Direktor des FCZ, als Oberlin den Verein verliess. Gegenüber dieser Zeitung sprach Bernet vor knapp einem Jahr davon, wie schwierig es manchmal sei, Zugang zu afrikanischen Spielern zu finden. Gerade wenn sie von aussen beeinflusst würden wie Oberlin. Und: «Wenn die Karriere in geordneten Bahnen läuft, wird Oberlin explodieren. Aber er kann auch durchfallen, wenn man ihn hängen lässt.» Das wollen sie beim FCB auf keinen Fall machen.