In der Staubscheibe um einen jungen Stern hat ein Forschungsteam Strukturen beobachtet, die mit hoher Geschwindigkeit vom Zentrum wegfliegen. Noch ist unklar, um welches Phänomen es sich dabei handelt und wie es zustande kommt.
Die internationale Forschergruppe mit Beteiligung der ETH Zürich und des Genfer Observatoriums richtete das VLT-Riesenteleskop der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile auf das Objekt AU Microscopii. Dies ist ein junger Stern, der «nur» 23 Lichtjahre von der Erde entfernt ist, wie die ETH am Donnerstag mitteilte.
Dank einem neu installierten Instrument namens SPHERE konnten sie den inneren Teil seiner Staubscheibe zum ersten Mal klar auflösen – und beobachteten fünf völlig unerwartete, bogenartige Strukturen in unterschiedlicher Entfernung vom Stern, vergleichbar mit Wellen auf einer Wasseroberfläche.
Noch grösser war die Überraschung, als die Forscher ihre Bilder mit früheren Daten des Hubble-Weltraumteleskops verglichen. Einige dieser Wellen oder Bögen liessen sich dort bereits erahnen. Gemeinsam mit den Autoren jener Studie konnte das Team die Entwicklung der Strukturen über fünf Jahre zurückverfolgen.
Die Bögen rasen demnach mit bis zu 40'000 Kilometern pro Stunde vom Stern weg nach aussen. Sie können sich nicht auf geschlossenen Umlaufbahnen um AU Mic befinden, sondern werden geradezu aus dem System hinausgeschleudert, wie das internationale Team um Erstautor Anthony Boccaletti vom Observatoire de Paris nun im Fachjournal «Nature» berichtet.
«Wir waren sprachlos, als wir diese Strukturen im Kontrollraum des Observatoriums in Chile zum ersten Mal sahen», liess sich Mitautor Christian Thalmann vom Institut für Astronomie an der ETH Zürich zitieren. «Noch wissen wir nicht, welches Phänomen wir hier beobachten und wie es zustande kommt.»
Möglicherweise spielt dabei ein bislang unentdeckter Planet eine Rolle, sowie die Tatsache, dass AU Mic ein ausserordentlich aktiver Stern ist. Astronomen gehen davon aus, dass Staubscheiben wie die um AU Mic von einem Asteroidengürtel herrühren, in dem Gesteinsbrocken kollidieren und zu immer feineren Trümmerteilen zerschlagen werden.
Dieser Staub wird vom Sternwind nach aussen geblasen und bildet eine ausgedehnte Scheibe. Thalmann vermutet, dass der Asteroidengürtel durch die Gravitation eines Planeten gebogen wurde, so dass einige der Kollisionen ober- oder unterhalb der Scheibenebene stattfinden. Die beobachteten Strukturen wären dann geballte Ladungen Kollisionsstaub.
Die Forscher wollen die weitere Bewegung und Entwicklung der Strukturen weiter überwachen – und falls tatsächlich ein unentdeckter Planet Teil des Puzzles sein sollte, «so hoffen wir natürlich auch, diesen zu finden», sagte Thalmann. (sda)