Russia Today, Sputnik Deutschland? Kennt man.
Aber was ist mit Redfish und Maffick?
Der Reporter Jan-Henrik Wiebe hat über relativ junge, von Russland finanzierte Online-Kanäle recherchiert, die sich nicht nur den Auftritten von Pegida und Co. widmen, sondern versuchten, «verstärkt auch Linke und Ökos zu infiltrieren».
Die folgenden Erkenntnisse stammen von seiner neusten, bei t-online.de veröffentlichten Reportage. Titel: «Mitten in Berlin: Russlands heimliche Medienzentrale in Europa».
Russland verschleiert laut T-Online seine Verbindungen zu neuen Propaganda-Kanälen, die es von Berlin aus aufbaue. Die via Facebook, YouTube und Twitter verbreiteten Inhalte richteten sich vor allem an Linke und ökologisch Interessierte.
Namentlich genannt werden zwei deutsche Firmen, die an der gleichen Adresse in Berlin angesiedelt sind wie die zu Russia Today (RT) gehörende Videoagentur Ruptly:
Erst kürzlich habe Redfish mit einem Video für Furore in den sozialen Netzwerken gesorgt, schreibt T-Online. Der mit einem Smartphone aufgenommene Film zeigt einen Polizeieinsatz in Berlin-Kreuzberg. Dabei wird ein Mann gewaltsam festgenommen.
Berlin police savagely beat an unarmed black man because of a "suspected bicycle theft". One officer takes out his gun. Passers-by get pepper-sprayed when they try to stop the violence, police call the public's bravery "violent resistance". #Kotti #DankePolizei pic.twitter.com/Ce2QQIpGM2
— redfish (@redfishstream) 28. September 2018
Problem laut T-Online: Der Redfish-Beitrag vermittle ein einseitiges Bild. Nicht erwähnt werde, dass der Mann die Polizisten zuvor attackiert und heftigen Widerstand bei der Festnahme geleistet habe. Der Vorfall werde nun offiziell untersucht.
Es dürften nur wenige Social-Media-User, die zum Teil sehr emotional auf den Redfish-Clip reagierten, ihn kommentierten und weiterverbreiteten, wissen, wer dahintersteckt ...
Laut T-Online wüssten Interviewte und freie Mitarbeiter von Redfish nicht immer von den Verbindungen nach Russland.
Facebook selbst lasse Werbung für Videos der Kanäle nicht zu und begründe dies u. a. mit der Bezahlung mit russischen Rubeln und politischer Werbung ohne Angabe der Geldgeber.
Via Twitter hat die Redfish-Chefin auf die T-Online-Reportage reagiert und behauptet ihrerseits, sie habe sich nicht äussern können zur «schwerwiegenden Anschuldigung».
but seriously, it's claimed we misled ppl we worked with & interviewed about @redfishstream's connection to RT/Ruptly. Totally untrue, we can prove it. Crappy journalism - a serious allegation wasn't put to me when I was interviewed for this piece by @jan_wiebe @tonline_news https://t.co/FAw3Fshc91
— Lizzie Phelan (@LizziePhelan) 19. Oktober 2018
Sicher ist: Redfish macht im Impressum keine Angaben zu Beziehungen nach Russland und der RT-Tochter Ruptly.
Im Februar hatte Lizzie Phelan auf kritische Medienberichte in mehreren englischsprachigen Medien, darunter die «Times», reagiert und in einem Beitrag im Firmenblog bestätigt, dass ihr Unternehmen Geld aus Russland erhalte.
Die redaktionelle Unabhängigkeit sei deswegen nicht infrage gestellt, versicherte die Redfish-Chefin.
Facebook hat zumindest einzelne Redfish-Inhalte im Visier. Bereits gelöscht wurde laut T-Online ein Werbetrailer mit dem Titel «Die vergessene Kolonie: Puerto Rico», der mit 100 bis 499 Euro vor allem in Südamerika beworben worden sei.
Facebook habe das Video als politische Werbung eingestuft und die Reklame dafür entfernt, da unklar gewesen sei, woher das Geld dafür stamme. Das Video selbst sei weiter online.
Der renommierte deutsche Journalist Daniel Bröckerhoff kritisiert die mangelnde Transparenz:
Die Facebook-Kanäle „in the now“, „redfish“, "Backthen" oder "Waste-Ed“ sehen wie Journalismus aus, gehören aber zum Propaganda-Arm der russischen Regierung. Sie sind sowas wie RTd für die Linken und Ökos.https://t.co/OkqqhN7Fc0
— Daniel Bröckerhoff (@doktordab) 19. Oktober 2018
Danke an @jan_wiebe für die Recherche!
T-Online zitiert den Vorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Professor Frank Überall:
Kommentatoren schreiben, es gehe um die Beeinflussung der öffentlichen Meinung:
Russische Staatsmedien wie Russia Today und auch das angeblich "kritische", "linke" Redfish haben nichts mit Journalismus zu tun. Ihr Zweck ist die Destabilisierung der Demokratie zugunsten des Kremls. https://t.co/jhZiEhW6is
— Felix Huesmann (@felixhuesmann) 19. Oktober 2018
Markus Beckedahl, Gründer und Chefredakteur von netzpolitik.org, findet dafür deutliche Worte:
Es gebe allerdings «Zielgruppen», denen diese Hintergründe vollkommen egal seien, und die würden angesprochen.
Offensichtlich mit einigem Erfolg:
Wie Seiten, die zum Imperium der staatlichen russischen Medien gehören, bei Facebook auch nach dem Algorithmus-Update wachsen und wachsen und wachsen. Das ist der Follower-Zuwachs von „In the NOW“ laut Crowdtangle. Die ganze Recherche von @jan_wiebe hier: https://t.co/mMsMtf07zN pic.twitter.com/2ZE0gnxcgD
— Andreas Rickmann (@a_rickmann) 19. Oktober 2018
(dsc)