Bisher war gratis, wovon Elvis Presley sang: «Return to Sender». Zurück zum Absender. Auslandamerikaner, die ihren Wahlschein per Post erhielten, konnten diesen portofrei in ihr Heimatland zurückschicken. Schliesslich soll Demokratie nichts kosten. Doch das könnte sich für die rund 9 Millionen im Ausland lebenden Amerikaner schon bald ändern. Auch für jene in der Schweiz.
US-Präsident Donald Trump liefert sich seit längerem einen erbitterten Handelskrieg mit China. Unter anderem geht es ihm dabei um die Unmengen an Kleinpaketen von chinesischen Online- Warenhäusern wie Alibaba. Sie profitieren von günstigen Posttarifen, festgelegt vom Weltpostverein mit Sitz in Bern, einer Unterorganisation der UNO. Weil dieser China als Entwicklungsland einstuft, sind die Sendungen von Alibaba sogar günstiger als ein Paketversand innerhalb der USA. Es ist ein gewaltiger Wettbewerbsvorteil gegenüber inländischen Firmen.
Trump ging deshalb im Oktober in die Offensive und kündigte an, als erstes Land überhaupt aus dem 1874 gegründeten Weltpostverein mit seinen 192 Mitgliedsstaaten innerhalb eines Jahres auszutreten – was Folgen für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen haben könnte, wie sich nun zeigt.
«Wir sind sehr besorgt, dass viele Auslandamerikaner wegen des Austritts aus dem Weltpostverein nicht wählen gehen», sagt Liz Voss, Vorstandsmitglied der Organisation Democrats Abroad Switzerland, die rund 3200 Mitglieder zählt. Die Organisation ist offizieller Teil der Demokratischen Partei. Insgesamt leben hierzulande rund 20 000 Amerikaner.
Die Befürchtung der hiesigen US-Demokraten: Wenn die USA den Weltpostverein per Mitte Oktober verlassen, müssten sie mit jedem einzelnen Land neue, bilaterale Posttarife aushandeln, was lange dauern dürfte. Eine Gratis-Rücksendung des Wahlscheins wäre nicht mehr möglich. «Wir müssten wohl auf private Anbieter wie Fedex oder UPS ausweichen», sagt Voss. So könnte die persönliche Wahl – Trump oder nicht Trump – bis zu 60 Dollar kosten. Von schwereren Briefen oder Geburtstagspaketen gar nicht zu reden.»
In den letzten Tagen hat die Organisation ihre Mitglieder auf dieses Dilemma hingewiesen. Bürger, deren Staaten eine elektronische Wahl erlauben, sollen davon Gebrauch machen, sagt Voss. «Das Problem ist aber, dass viele unserer Mitglieder nicht in sozialen Medien tätig sind oder keine E-Mails lesen. Viele dürften sich erst kurz vor der Wahl des Problems bewusst werden und dann auf die teure Sendung verzichten. In ärmeren Ländern als der Schweiz sowieso.»
Voss weist auf die weit reichenden Konsequenzen hin: «Wenn es bei den Wahlen 2020 knapp wird, können die Stimmen der Auslandamerikaner entscheidend sein, wie frühere Wahlen mehrfach gezeigt haben.» Und da diese gewöhnlich mehrheitlich für die Demokraten wählen, könnte der republikanische Präsident Trump von der drohenden Situation profitieren. «Das ist für uns sehr beunruhigend.» Die Organisation der US-Republikaner in der Schweiz war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Die Hoffnungen bei den Demokraten ruhen auf einer Lösung in letzter Minute. Denn der Weltpostverein hat am 25. und 26. September in Genf eine ausserordentliche Sitzung für alle Mitgliedsstaaten einberufen – nicht mal drei Wochen vor Ablauf der Frist für einen Austritt der USA. Das einzige Traktandum ist laut einem Sprecher die mögliche Revision der heutigen Posttarife. Und für die Auslandamerikaner die Frage: Wie viel kostet künftig die Teilnahme an der Demokratie?