Im letzten Herbst schienen die USA und Nordkorea auf einen Krieg zuzusteuern. Nun schreitet die Entspannung auf der koreanischen Halbinsel im Rekordtempo voran. Letzte Woche kam es zum Gipfeltreffen von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In. Noch dieses Jahr wollen die beiden Staaten einen Friedensvertrag abschliessen.
Schon in wenigen Wochen könnte der nächste «historische» Gipfel stattfinden, dieses Mal zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump. Zeit und Ort stehen angeblich fest. Vermutlich findet das Treffen erneut im innerkoreanischen Grenzort Panmunjom statt. Nun zeichnet sich ab, dass die Amerikaner im Vorfeld eine «Geste des guten Willens» erhalten.
Drei US-Amerikaner koreanischer Herkunft, die in Nordkorea inhaftiert sind, wurden laut Medienberichten in ein Hotel in der Hauptstadt Pjöngjang verlegt. Sie erhielten dort «gutes Essen» und medizinische Versorgung, werden also regelrecht aufgepäppelt. Ihre Freilassung stehe «unmittelbar» bevor, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Quelle dem Fernsehsender CNN.
As everybody is aware, the past Administration has long been asking for three hostages to be released from a North Korean Labor camp, but to no avail. Stay tuned!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 3. Mai 2018
Im Grundsatz wurde die Freilassung bei einem Besuch des nordkoreanischen Aussenministers im März in Schweden beschlossen. Donald Trump selbst hatte die Spekulationen am Mittwoch auf Twitter angeheizt. Jeder wisse, dass die vorherige Regierung lange und erfolglos die Freilassung von drei «Geiseln» aus einem nordkoreanischen Arbeitslager gefordert habe, schrieb Trump und fügte an: «Bleiben Sie dran!» Was man als Hinweis darauf interpretieren kann, dass sich in dieser Sache etwas bewegt.
Bei seinem Seitenhieb auf Vorgänger Obama nimmt es Trump wie so oft mit der Wahrheit nicht sonderlich genau. Denn zwei der drei «Geiseln» wurden erst nach seinem Amtsantritt in Nordkorea festgenommen. Kim Hak Song wurde am 6. Mai 2017 am Hauptbahnhof von Pjöngjang unter dem Vorwurf der «feindlichen Aktivitäten» in Gewahrsam genommen.
Wenige Wochen zuvor wurde Kim Sang Duk, auch bekannt als Tony Kim, der Spionage beschuldigt und inhaftiert. Die beiden koreanischstämmigen Amerikaner hatten an der von evangelikalen Christen gegründeten Universität für Wissenschaft und Technologie in Pjöngjang gearbeitet, der einzigen privaten Hochschule in der nordkoreanischen Hauptstadt.
2015 war der in Südkorea geborene Prediger Kim Dong Chul, der als Geschäftsmann in einer Sonderwirtschaftszone tätig war, verhaftet und zu zehn Jahren Arbeitslager unter verschärften Bedingungen verurteilt worden. An einer inszenierten Pressekonferenz «gestand» er, im südkoreanischen Auftrag militärische Geheimnisse gestohlen zu haben.
In den letzten Jahren waren wiederholt amerikanische Staatsbürger in Nordkorea inhaftiert worden. 2009 traf es zwei Journalistinnen, die angeblich die Grenze zu China illegal überquert hatten. Nach einem Besuch des früheren US-Präsidenten Bill Clinton wurden sie begnadigt. Für Schlagzeilen sorgte der Fall des Studenten Otto Warmbier, der im März 2016 wegen Diebstahls eines Propaganda-Posters zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden war.
Als er im Juni 2017 in die USA entlassen wurde, lag er im Koma. Wenige Tage später starb er. Die Autopsie ergab keine klare Todesursache, dennoch haben Warmbiers Eltern vor wenigen Tagen vor einem Gericht in Washington eine Klage gegen die nordkoreanische Regierung wegen Folter und Mordes eingereicht.
Bekannt sind auch sechs Fälle von US-Soldaten, die zwischen 1962 und 1982 während ihrer Dienstzeit in Südkorea in den Norden «übergelaufen» waren. Mindestens einer von ihnen trat in nordkoreanischen Propagandafilmen auf, ein weiterer kehrte 2004 in die USA zurück und musste sich vor einem Kriegsgericht verantworten. Heute ist keiner von ihnen noch am Leben. (pbl)