«Der Vorschlag der SP ist reine Kosmetik. Es ist ungefähr dasselbe, wie wenn man eine hässliche Frau mit Make-up aufzuhübschen versucht.» Und: «Es kann doch nicht sein, dass wir den Drogenhandel akzeptieren und tolerieren. Tag für Tag sieht man dort hauptsächlich Neger am Dealen.»
So äusserte sich der Berner SVP-Politiker Erich Hess am 29. Juni bei einer ausserordentlichen Berner Stadtratssitzung. Das Protokoll wurde letzte Woche publiziert. Das Online-Magazin Vice berichtete darüber.
Wie TeleBärn berichtet, sei mit der rassistischen zweiten Äusserung für viele Ratskollegen eine Grenze überschritten. Philip Kohli, Vize-Präsident des Stadtrats, sieht sogar einen Straftatbestand gegeben. Er verweist auf die Rassismusnorm im Strafgesetzbuch. Wenn gemäss dieser jemand eine Person oder eine Personengruppe öffentlich aufgrund ihrer Rasse oder Ethnie diffamiere oder herabsetze, dann sei der Straftatbestand erfüllt. Das sei in diesem Fall gegeben.
«Wörter, wie sie Erich Hess jetzt braucht, untergraben die Menschenwürde, sind rassistisch, sind sexistisch, sind diskriminierend», sagt Tamara Funiciello, für die Juso im Berner Stadtrat. «Das ist nicht mehr Politik, nicht mehr demokratisch, das ist nur Hetze.»
Von Stimmen aus der eigenen Partei erhält Erich Hess dagegen der Rücken gestärkt. «Beim Wort Neger denke ich auch an das Kinderlied ‹Zehn kleine Negerlein›, an Agatha Christie oder an Mohrenköpfe», hält SVP-Stadtrat Alexander Feuz dagegen. «Ich glaube, das muss man relativieren.»
Darf ein Stadtrat in einer politischen Diskussion das Wort Neger verwenden? «Nein, es ist nicht in Ordnung. Es ist ohne Zweifel geschmacklos und taktlos und in einem weiteren Sinne als fremdenfeindlich zu bezeichnen», schreibt die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus EKR an TeleBärn.
Hat Erich Hess mit seiner Äusserung das Gesetz gebrochen? Rechtsanwalt Rolf P. Steinegger führt aus, dass die Rassismusnorm nur in massiven Äusserungen angewendet werde, welche den Kern der Menschenwürde verletze. «Andere rassistische Äusserungen, seien sie noch so daneben, sollen nicht it dem Strafrecht verfolgt werden.» Zudem spricht er hier von einer Grauzone. Es gebe Gerichtsurteile, welche solche Äusserungen als rassistisch oder auch nicht-rassistisch beurteilen.
Erich Hess nimmt gegenüber TeleBärn selbst Stellung. «Juristisch ist das unproblematisch», hält er fest. Laut den Linken sei das Wort (Neger) nicht mehr korrekt. «Ich brauche es aber nicht abwertend.» Angst vor einer Anzeige habe er nicht. «Ich werde mich sicher nicht entschuldigen.»
Wie 20 Minuten berichtet, wollen nun Junge Grüne Erich Hess anzeigen. «Morgen gehen wir auf den Polizeiposten und erledigen den Papierkram», sagt Luzian Franzini, Co-Präsident Junge Grüne Schweiz. «Es kann nicht sein, dass ein gewählter Volksrepräsentant solche Wörter ins Maul nimmt.» Auch Tamara Funiciello wolle eine Anzeige einreichen. Ihre Partei, die Juso, prüfe noch, ob sich die Anzeige sich einzig gegen die rassistischen, oder auch auf die sexistischen Äusserungen beziehe. (aargauerzeitung.ch)