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Olympiadirektor Christophe Dubi: «Wir müssen uns den Kritikern stellen»

Olympic Games Executive Director Christophe Dubi, left, accompanying Toshiro Muto, CEO of the Tokyo Organizing Committee of the Olympic and Paralympic Games, right, speaks after a working level meetin ...
Dübi an einer Medienkonferenz im Februar 2019. Bild: AP/AP

Olympiadirektor Christophe Dubi: «Wir müssen uns den Kritikern stellen»

Olympiadirektor Christophe Dubi über die Macht des Sports, den schlechten Ruf des Internationalen Olympischen Komitees und die Serie verlorener Volksabstimmungen
27.04.2019, 10:3427.04.2019, 10:37
Rainer Sommerhalder / ch media
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Der Westschweizer Christophe Dubi ist eine der wichtigsten Figuren im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Er prägt als Direktor Gestaltung und Entwicklung von Olympischen Spielen. Dubi bleibt nach über 20 Jahren in Diensten der mächtigsten Organisation im Sport ein glühender Anhänger der olympischen Ideale. Aber so sehr er vom Wirken des IOC überzeugt ist, so deutlich plädiert er auch für einen Dialog mit den Gegnern von Olympischen Spielen.

Christophe Dubi, kann Sport die Welt verändern?
Ja, definitiv! Sport kann helfen, die Welt zu verändern.

Wie?
Sport ist eine Plattform, die Verbindungen zwischen Menschen ermöglicht. Um die anderen zu verstehen, musst Du sie treffen, Du musst mit den anderen interagieren. Wenn wir eine bessere Welt erreichen wollen, müssen wir die Menschen dazu bringen, sich zu verstehen. Und Sport tut genau dies, das sind keine leeren Worte. Sport bringt Menschen aus verschiedenen Kulturen, aus unterschiedlichen Religionen und mit verschiedenen Geschichten zusammen. Am besten sieht man dies im olympischen Dorf, wo sich die ganze Welt trifft. Dort spürt man eine wirkliche Gemeinschaft.

Aber muss man sich nicht die Gewissensfrage stellen, wenn das IOC mit einem Diktator wie Kim Jon-Ung über ein Mitmachen bei Olympia verhandelt?
Das ist genau das, was Sport für das bessere Verständnis der Menschen untereinander tun kann. Wir verlassen nicht unsere Grenzen. Wir sprechen über die Werte der Olympischen Spiele, nicht über politische Systeme. Wir erlauben Mannschaften aus aller Welt, an den Olympischen Spielen teilzunehmen, die eine universelle Feier des Sports und der Menschheit sind. Alle, die sich den Werten der Olympischen Spiele verschreiben, dürfen mitmachen. Das sagen wir umgekehrt auch allen Organisatoren. Sie dürfen niemanden diskriminieren. Sie müssen die Delegationen aus allen Nationen willkommen heissen.

Gibt es für das IOC keine Grenze, wie weit man dabei geht?
Wenn diejenigen, die an die Spiele kommen, die olympische Charta respektieren, dann gilt für uns die grösstmögliche Akzeptanz der Menschen. Komm, so wie du bist. Aber in einem Umfeld, in dem wir die Werte und die Regeln festlegen. Es sind die Regeln des Sports. Und Sport bedeutet auch: keine Diskriminierung!

Zur Person
Christophe Dubi wurde 1969 geboren.
Er stammt aus Lausanne und studierte Politische Ökonomie an der Universität Fribourg. Später erlangte Dubi den Master in Sports Administration. Er hat zahlreiche Publikationen zum Thema Sportmanagement verfasst. Seit 1996 arbeitet er für das IOC in Lausanne, zuerst als Manager in der Abteilung für Strategische Planung. Im Juli 2007 wurde Dubi zum IOC-Sportdirektor ernannt, im September 2014 zum Exekutivdirektor der Olympischen Spiele befördert. Dubis Vater Gérard nahm als Eishockeyspieler für die Schweiz 1972 bei den Olympischen Spielen in Sapporo teil.

Apropos Diktatoren: FIS-Präsident und IOC-Mitglied Gian Franco Kasper.
Wir haben das schon kommentiert!

… hat mit seiner Aussage, dass Olympische Spiele am besten nur noch in Diktaturen durchgeführt werden, mächtig Staub aufgewirbelt. Eine ziemliche Provokation?„ Das IOC sieht die Dinge anders und hat eine offizielle Position zu allen Punkten. Und diese Position ist äusserst klar. Etwa zur Bedeutung der Nachhaltigkeit oder der Menschenrechte, wo das IOC seiner Verantwortung im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen gerecht wird. Im IOC werden die Werte gelebt. So gestalten wir die Zusammenarbeit mit den Organisationskomitees von Olympischen Spielen. Das IOC hat eine klare Philosophie, wie es Dinge tut. "

Aber überall dort, wo das Volk dazu befragt wurde, ...
Ein interessantes Thema!

… gab es zuletzt ein Nein zu Olympischen Spielen. Das muss zu denken geben?
Natürlich. Wir denken bereits seit 2013 intensiv darüber nach. Erinnern Sie sich daran, dass wir bei der damaligen Kampagne für die Winterspiele 2022 die gleiche Situation hatten. Wir starteten mit einem grossen Feld von Interessenten und am Schluss blieben nur Peking und Almaty übrig. Darauf basierend haben wir grosse Änderungen gemacht bei der Bewerbung für die Spiele und bei der Art, wie wir die Spiele organisieren.

Doch der Einfluss auf die Abstimmungen scheint minimal?„Wir haben eine neue Situation im Zusammenhang mit den Winterspielen 2026, wo es ebenfalls eine Anzahl von Referenden und Volksabstimmungen gab, die verloren gingen. Ich glaube, es gibt dafür mehrere Gründe. Ich will nicht zu analytisch klingen. Ich stelle fest, dass die Änderungen bei der Bewerbung und der Organisation von Olympischen Spielen greifen, aber das ist in der breiten Öffentlichkeit noch zu wenig bekannt. Etwa die Tatsache, dass wir im Hinblick auf die Sommerspiele 2020 in Tokio grosse Einsparungen gemacht haben. Oder, dass die Winterspiele 2018 in Pyeongchang mit einem grossen Gewinn abgeschlossen haben. Oder, dass man in Paris 2024 und Los Angeles 2028 fast ausschliesslich auf bestehende oder temporäre Anlagen setzt und klare Einsparungen gemacht werden. Oder, dass wir den Bewerbern ermöglichen, die Spiele in verschiedenen Regionen durchzuführen – wie die beiden Bewerber für 2026, Mailand und Cortina sowie Stockholm und Are. All das ist der breiten Öffentlichkeit zu wenig bekannt. Wir müssen unsere Anstrengungen weiterführen, die Idee und die Auswirkungen der „Olympischen Agenda 2020“ zu erklären.“

Ich bezweifle, dass dies reicht.
Es gibt einen weiteren Grund, wieso es zu den negativen Abstimmungen kam. Die gesamte Debatte konzentrierte sich sowohl in der Schweiz, wie auch in Kanada auf die Kosten der Spiele und viel zu wenig auf die Wirtschaftlichkeit. Wieso das so ist? Die Bewerber müssen hinsichtlich ihres Budgets bereits sehr früh sehr detailliert sein. So ist die Ausgabenseite in einem sehr frühen Stadium der Bewerbung bekannt. Es ist das erste, worüber man spricht. Anstatt, dass man über die Organisation, die Wirtschaftlichkeit und die Vision der Spiele diskutiert. Und auch die finanzielle Gleichung hat zwei Seiten: die Ausgaben und die Einnahmen. Die neuste Studie zeigt, dass über die letzten 20 Jahre die Kosten bei den Spielen zwar tatsächlich in bestimmten Bereichen überschritten wurden, die Überschüsse auf der Einnahmenseite aber nach wie vor überwiegen. Und wenn es einen Kostenanstieg gibt wie in Tokio, dann haben wir immer noch genügend Einnahmen, um die gestiegenen Kosten zu decken. Die Wirtschaftlichkeit der Sommerspiele Tokio 2020 ist sehr gut. 5.6 Milliarden Dollar operatives Budget heisst, 5.6 Milliarden Dollar in die lokale Wirtschaft investiert. Und das generiert zusätzlich 25 bis 30 Prozent Steuern, die in den öffentlichen Bereich fliessen. Diese Fakten wurden im Zusammenhang mit Sion oder Calgary nie diskutiert.

Offensichtlich gelingt es nicht, diese Reformen überzeugend zu propagieren. Wie wollen Sie das ändern?Wir müssen konstant darüber reden und Argumente liefern, die auf Fakten basieren. Was die Wirtschaftlichkeit den sozialen Einfluss und die Nachhaltigkeit von Olympischen Spielen betrifft, lohnt es sich, sie zu organisieren. Und das IOC muss sich der Zivilgesellschaft und der kritischen Debatte stellen, wie es in der Olympischen Agenda 2020 definiert ist. Deshalb sprechen wir auch mit den Kritikern. Wir wollen verstehen, wieso sie gegen die Olympischen Spiele sind.

Ist es nicht oft auch ein Misstrauen gegenüber dem IOC?Nein, das glaube ich nicht.

Aber viele Leute behaupten das!
Die jüngste Umfrage unter 36 000 Personen in 16 Ländern zeigt ein anderes Bild. Die Werte, für die die Olympischen Ringe und das IOC stehen, sind in einem hohen Masse anerkannt. Auch die grossen Sponsoren haben ein starkes Vertrauen in das IOC und verlängern deshalb ihre Verträge. Und glauben Sie, dass der frühere UN-Generalsekretär Ban Ki-moon den Vorsitz der IOC-Ethikkommission übernommen hätte, wenn er am IOC zweifeln würde? Oder die Vereinten Nationen, die gemeinsam mit dem IOC Themen vorantreiben?

Das Olympia-Nein in der Schweiz muss Sie persönlich enttäuscht haben?
Wenn man ein starkes Projekt aus der Schweiz vor sich hat, welches die Ziele der Agenda 2020 derart gut widerspiegelt, dann kann man nur enttäuscht sein. Die Bewerbung von Sion 2026 wäre fantastisch gewesen. Wir Schweizer sind wirklich gut im Organisieren von Wintersport-Events. Also muss man traurig sein, wenn man einen solchen Kandidaten verliert.

Für wie lange ist eine Schweizer Kandidatur damit gestorben?
Ich bin ein grosser Optimist. Ich bin davon überzeugt, dass die Jugendspiele 2020 in Lausanne der Wahrnehmung von Olympischen Spielen in der Schweiz einen neuen Schub geben werden. Es ist wirklich sehr gut, was man vor dem Fernseher oder als Zuschauer von diesen Jugendspielen zu sehen bekommt. Dies wird viele auf den Geschmack bringen, was es bedeutet, Gastgeber von Olympischen Spielen zu sein. Das wird der Idee sehr bald schon neue Energie verleihen.

Was ist für Sie Sport?
Ich neige dazu, ein weit gefasstes Verständnis für Sport zu wählen. Das IOC hat ein definiertes Verfahren, welche Aktivitäten es als Sport anerkennt. Die entsprechende Aktivität braucht eine Struktur, Möglichkeiten zur Entwicklung, muss auf Werten basieren, international verbreitet und national organisiert sein. Wir verfolgen die Entwicklungen im Sport ständig. Und wir haben zuletzt einige neue Sportverbände anerkennt. Auch Denksport wie Schach ist eine vom IOC anerkannte Sportart. Wir unterscheiden aber, welche Sportarten Teil des olympischen Programms sein können.

Die Definition von Sport ist nicht mehr die gleiche wie vor 20 Jahren?
Es gibt zweifellos eine natürliche Evolution, wie Sport ausgeübt wird. Die Veränderungen im olympischen Programm reflektieren diesen Prozess. An den Olympischen Jugendspielen im letzten Sommer in Buenos Aires beispielsweise konnte ich die neue, urbane Disziplin Parkour unter der Hoheit des internationalen Turnverbandes verfolgen, die den Zuschauern im Urban Park vorgestellt worden ist.

2024 in Paris ist Breakdance olympisch. Ist das nicht ein Schlag für alle traditionellen Sportarten, die seit Jahrzehnten dafür kämpfen, Teil des olympischen Programms zu werden.
Es ist eine Wahl, welche die Organisatoren in Paris vorgenommen haben. Sie basiert auf einem sehr klaren Konzept. Die Sommerspiele 2024 sollen urban, fesselnd, kreativ und an die Jugend gerichtet sein. Die Wahl von Breakdance ist eine logische Folge dieser Vision. Paris wird einen Mix aus sehr traditionellem Sport und den neusten sportlichen Entwicklungen bieten. Es ist ein sehr aufregender Vorschlag mit einem reichhaltigen Angebot und keinesfalls ein Schlag ins Gesicht.

Und was ist mit eSport. Das ist nach meinem Empfinden kein Sport. Und für Sie?
Die Sicht des IOC ist, dass wir uns mit der eSport-Community beschäftigen müssen. Wir hatten im letzten Jahr das grosse eSport-Forum in Lausanne und das IOC organisiert regelmässige Treffen des IOC mit Vertretern aus dem eSport. Natürlich kennen wir den Mangel an Struktur in der eSport-Welt, aber wir sehen auch interessante Entwicklungen. Etwa eine zunehmende Ermutigung der Sportverbände, sich einzubringen. Es ist sehr wichtig, dass der institutionelle Sport auf die Spielentwickler und die Turnierorganisatoren zugeht, wenn es um die elektronische Version ihrer Sportart geht.

Die Welt der Sportverbände hat sich bisher selber kontrolliert. Nun kommt dieses System von zivilen Behörden und Athleten immer mehr unter Druck. Der Sport braucht dringend Reformen?
Ich möchte auf den Report der Vereinigung der olympischen Sommersportverbände hinweisen. Sie machen darin ihren Mitgliedern eine grosse Anzahl Empfehlungen. Etwa für die Zusammenarbeit mit Regierungen und mit Nicht-Regierungsorganisationen. Es geht dabei um die Bereiche gute Führung im IOC oder die Rolle der Athleten als Teil der Entscheidungsträger innerhalb der Strukturen.

Also gibt es im Sportsystem Bedarf für Reformen?
Ja, es gibt sehr viele laufende Reformen. Deshalb hat das IOC im Jahr 2014 ja auch die Olympisches Agenda 2020 als sehr starkes Zeichen initiiert. Wenn wir davon sprechen, ein neues Kapitel aufzuschlagen, dann tun wir das auch. Und wieso tun wir das? Weil wir spüren, dass die Zeit gekommen ist, um diese Art von Entscheidungen zu treffen.

Der Sport reformiert sich doch nur immer dann, wenn er unter starken Druck gerät?
Das ist nicht der Fall!

Aber man verliert Volksabstimmungen in Serie und zuletzt kämpften sogar Athleten vor zivilen Gerichten gegen IOC-Bestimmungen!
Lassen Sie uns zurückblicken. Ja, wir hatten einige Bewerbungsstädte, die durch eine Abstimmung aus dem Rennen schieden. Und wir haben geschaut, wie wir diese Situation verbessern können. Gleichzeitig haben wir eine Reihe von tollen Städten, die Olympische Spiele organisieren wollen. Nehmen Sie zum Beispiel die nächsten Gastgeber für die Sommerspiele: Tokio, Paris, Los Angeles. Wenn ich sage, dass wir auf die verlorenen Abstimmungen reagiert haben, dann wollten wir damit auch sicherstellen, dass wir zu einem Zeitpunkt reagieren, in welchem wir noch nicht unter Druck stehen, sondern noch eine sehr langfristige Perspektive haben. Wir sind ziemlich proaktiv, wenn es um Wandel geht, den wir als notwendig ansehen.

Es braucht zum Beispiel dringend mehr Unabhängigkeit, etwa im Kampf gegen Doping!
IOC-Präsident Thomas Bach persönlich war es, der bei Antidoping mehr Unabhängigkeit von Sportorganisationen verlangte. Daraus entstand unter anderem die internationale Testagentur ITA, die jetzt die Dopingtests von den Sportverbänden und grossen Event-Organisatoren übernimmt. Auch bei Olympischen Spielen sind die Dopingtests und die Sanktionen zukünftig nicht mehr in der Hand des IOC. Ich sehe kein besseres System als jenes, das wir damit in diesem Bereich haben. Es ist unabhängig. Die Initiative kam vom IOC und die anderen Sportorganisationen folgten den Vorschlägen.

Wieso wehren sich viele Sportverbände denn so sehr gegen Einfluss von aussen?
Ich kann nicht im Namen dieser Sportverbände sprechen.

Auch das IOC blockt ab. Es hat sich zum Beispiel dagegen gewehrt, dass Dopingkonsum strafrechtlich verfolgt wird. Wieso diese Angst vor staatlichem Einfluss?
Unser Standpunkt ist: die Autonomie des Sports muss gewährleistet werden. Niemand würde es gerne sehen, wenn ein Sportverband bei der Ausarbeitung von Spielregeln unter dem Einfluss einer Regierung steht. Der Geist und die Philosophie des Sports basieren auf Unabhängigkeit.

Kommen wir zu Ihnen, Sie arbeiten seit mehr als 20 Jahren für das IOC. Was macht für Sie die Faszination dieser Organisation aus?
Das IOC ist ein Akteur der Zivilgesellschaft. Die Olympischen Spiele und die Aktivitäten der olympischen Bewegung sind ein wertvolles Gut dieser Welt. Und wenn sie weiterhin relevant sein sollen, dann müssen wir uns ständig anpassen. Und das IOC von heute ist total anders als das IOC, das ich vor 20 Jahren erlebt habe. Unser Ansatz, wie wir Dinge angehen, ist grundlegend anders als in der Vergangenheit. Diese konstante Entwicklung und das Finden von neuen Wegen fasziniert mich.

Es wird behauptet, man könne beim IOC nur Karriere machen, wenn man sich mit den richtigen Leuten gut stellt?
Ich glaube, es hat in jeder Organisation, in jeder Firma einen Einfluss, wenn man Menschen hinter sich bringen kann. Das geschieht oft gar nicht bewusst, sondern liegt einfach daran, dass wir bei all unseren Tätigkeiten mit anderen interagieren. Und das ist sehr wichtig. Sie können nicht erfolgreich in einem Bewerbungsprozess sein, wenn Sie keine enge Beziehung zu den Verantwortlichen dieses Angebots aufbauen können. Sie können bei der Organisation der Olympischen Spiele nicht alle Probleme lösen, mit denen Sie konfrontiert sind, wenn Sie keine gute Beziehung und kein Vertrauen von den Führungsstrukturen spüren. Ja, das ist etwas, auf das ich stolz sein kann.

Aber Kritik der Mitarbeitenden ist beim IOC nicht gern gesehen?
Das ist absolut nicht der Fall. Ich erlebe hier so viele offene Menschen in der Führung, die sich unterschiedliche Meinungen anhören. Was nicht heisst, dass sie ab einem gewissen Punkt nicht entscheiden, denn deshalb hat man sie ja in diese hohen Positionen gewählt. Derzeit diskutieren wir über die digitale Entwicklung und hier haben wir ganz viele verschiedene Meinungen, wie die Strategie aussehen soll. Sie sollten sich unsere Diskussionen in den Kommissionen anhören. Das ist grossartig und entspricht überhaupt nicht der verbreiteten Ansicht, kritische Stimmen seien bei uns nicht willkommen.

Schauen wir zum Schluss noch in Kürze auf einige Brennpunkte des Sports. Wo spürt das IOC den Klimawandel?
Wir sind uns im klarem darüber, dass Nachhaltigkeit bei jeder Olympia-Kandidatur Punkt 1 sein muss. Das ist tief verwurzelt in der Organisation der Spiele. Bei jeder unserer Entscheidungen gibt es einen Filter, ob sie nachhaltig ist und wie die Auswirkungen aussehen. Wir führen laufend Diskussionen, wie wir den CO2-Ausstoss mindern können, wie wir sogar besser als CO2-neutral sein können. Wir drängen in diese Richtung.

Wieso gibt es immer wieder aufs Neue Schlagzeilen wegen korrupten Funktionären?
Unsere Position ist sehr klar: Weder im IOC noch sonst wo im Sport wird ein solches Verhalten toleriert. Und als Resultat handelt das IOC wann immer es möglich ist. Wichtig für uns ist, dass das IOC danach beurteilt wird, was es tut, wenn ein Problem vorliegt. Und das ist: Es tritt dem Problem entgegen und handelt. Wenn etwas nicht funktioniert, geht das IOC direkt darauf zu.

Sport wird den Zuschauern entzogen: Immer mehr Wettkämpfe sind nur noch im Pay-TV zu sehen.
Das gilt nicht für die Olympischen Spiele. Die Zukunft des Sportkonsumenten ist aber ohnehin mehr als nur frei empfangbare Bilder im Fernsehen oder Pay-TV. Es gibt eine ganze Reihe von neuartigen Angeboten. Der Konsum von Sport ist inzwischen auf sehr viele Kanäle verteilt. Private Anbieter sind manchmal sehr kreativ darin, ihre Produkte für verschiedene Zielgruppen aufzugliedern. Der Sport muss sich dieser ständig verändernden Landschaft anpassen. Das IOC stellt bei Olympischen Spielen sicher, dass sie im Fernsehen frei zugänglich sind. Das ist Teil des Vertrags mit dem TV-Rechteinhaber. Das IOC glaubt, dass dies der richtige Weg ist. Daneben gibt es eine gewisse Flexibilität, den Konsumenten auch ein Angebot im Pay-TV zu machen. Oder zusätzliche Angebote für das Smartphone. Denn auch die Erwartungen der Konsumenten verändern sich laufend.

Wie gewinnt man die nächste Olympia-Volksabstimmung?
(überlegt lange): „Indem wir uns engagieren. Indem wir deutlich und lautstark über die Vorteile der Durchführung von Olympischen Spielen sprechen. Indem wir Fakten und Zahlen auf den Tisch legen. Indem wir offen sind gegenüber den Andersdenkenden und versuchen, gemeinsam Lösungen zu finden und nicht gegeneinander zu arbeiten. Indem wir eine offene Haltung zu jeder Diskussion, auch den ganz schwierigen, einnehmen. Wir wollen zeigen, dass Olympische Spiele das Leben verändern können.“ (aargauerzeitung.ch)

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quelle: keystone / anonymous
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Darbellay zur Niederlage von Sion 2026
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