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Vladimir Petkovic: Warum es richtig war, seinen Vertrag zu verlängern

epa07456124 Switzerland's head coach Vladimir Petkovic attends a training session at the Boris Paitchadze Dinamo Arena in Tbilisi, Georgia, Friday, 22 March 2019. Switzerland will face Georgia in ...
Vladimir Petkovic bleibt auch nach der EM 2020 Trainer der Schweizer Fussball-Nati.Bild: EPA/KEYSTONE
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Warum es richtig ist, den Vertrag von Nationaltrainer Vladimir Petkovic zu verlängern

Vladimir Petkovic darf bis mindestens Ende 2021 Schweizer Nationaltrainer bleiben. Er hat sich das Vertrauen der Fussball-Schweiz verdient. Eine Analyse.
25.02.2020, 07:5225.02.2020, 09:07
etienne wuillemin / ch media
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Heute um 14:30 wird der Schweizer Fussballverband über die «Trainerfrage des A-Nationalteams» orientieren. Die Botschaft wird keine Überraschung sein. Vladimir Petkovic darf weiter Nationaltrainer sein. Er erhält vorzeitig einen neuen Vertrag. Gültig bis Ende des Jahres 2021. Mit automatischer Verlängerung um ein Jahr, falls sich die Schweiz für die WM 2022 in Katar qualifiziert.

Die Zukunft des Nationaltrainers, es war das wichtigste Thema für die Fussball-Schweiz in diesem Frühjahr. Nati-Direktor Pierluigi Tami hat in seiner Analyse anfangs Januar ziemlich klar gesagt, dass er sich auch künftig eigentlich nur einen Nationaltrainer vorstellen könne: Petkovic. In den letzten Tagen haben nun auch die Swiss Football League und der Zentralvorstand des Schweizer Fussballverbands ihren Segen zu Tamis Plänen gegeben.

Pierluigi Tami, Nationalteam-Direktor des Schweizerischen Fussballverbands SFV, zieht nach rund fuenfmonatiger Amtszeit ein erstes Fazit und spricht ueber seine Vision zur Organisation des Schweizer F ...
Pierluigi Tami kommt zum deutlichen Schluss: Petkovic muss Nati-Trainer bleiben.Bild: KEYSTONE

Der beste Punkteschnitt der Geschichte

Nach der WM 2014 hat Petkovic die Schweizer Nati übernommen. Als Nachfolger von Ottmar Hitzfeld stand er von Tag 1 an unter besonderer Beobachtung. Seine Bilanz in den fünfeinhalb Jahren ist gut. Der Punkteschnitt von 1,87 ist besser als jener sämtlicher seiner Vorgänger. Alle drei Qualifikationen für EM 2016, WM 2018 und EM 2020 hat die Schweiz geschafft. Dazu kam bei den beiden bisherigen grossen Turnieren die Achtelfinal-­Qualifikation. Dass diese Spiele gegen Polen (EM 2016, 5:6 nach Penaltyschiessen) und Schweden (WM 2018, 0:1) verloren gingen, ist aus sportlicher Sicht der kleine Makel im Arbeitszeugnis von Petkovic.

Noch wichtiger als die nackten Resultate ist in der Trainerfrage jedoch die sportliche Entwicklung des Teams. Und diese ist erfreulich. Das Nationalteam hat über die letzten zwei Jahre spielerische Fortschritte gemacht. Es tritt taktisch flexibel und dominant auf, gegen Mannschaften auf Augenhöhe oder schwächere sowieso. Gegen Grossmächte ist stets der Mut zu sehen, sich in Szene zu setzen anstatt nur zu verteidigen. Zudem scheint in diesem Schweizer Team etwas zu wachsen. Das Gefüge stimmt und der Trainer geniesst einen breiten Rückhalt. Das wurde rund um die letzten EM-Qualifikationsspiele sehr deutlich, als sich Führungsspieler wie Granit Xhaka oder Stephan Lichtsteiner deutlich für eine Vertragsverlängerung aussprachen.

Switzerland head coach Vladimir Petkovic, right, and Switzerland's Stephan Lichtsteiner, left, at the end of the match during the group E match between Brazil and Switzerland at the 2018 soccer W ...
Captain Lichtsteiner setzte sich für Trainer Petkovic ein.Bild: AP/AP

Ja, es gab auch viele Krisen unter Petkovic

Natürlich, es gab seit Mitte des Jahres 2018 immer wieder Krisen rund um das Schweizer Nationalteam. Stichworte Doppel-Adler, Doppelbürger. Es waren Themen, bei denen auch der Nationaltrainer keine gute Figur abgab. Es gab Misstöne rund um den Rücktritt von Valon Behrami nach der WM, genau so wie um die rätselhafte Nati-Absage von Xherdan Shaqiri aus Motivationsgründen ein Jahr später.

Zudem wusste Petkovic lange Zeit nie so richtig, ob er nun noch auf den Captain Lichtsteiner setzen soll oder nicht. Und als in den EM-Qualifikations-Spielen plötzlich ziemlich viele späte Gegentore dazukamen, äusserten sogar mehrere ranghohe Funktionäre Zweifel und Vorbehalte gegen Petkovic. Es waren die Momente, in denen man sich fragte, ob dieses Schweizer Gebilde mit Petkovic an der Spitze nicht doch ziemlich fragil ist.

Trotzdem gilt: Es gibt genügend Gründe für eine Vertragsverlängerung

Was dann folgte, vom Team, aber auch von Petkovic selbst, war ziemlich überzeugend. Auf dem Platz gelang die Qualifikation für die EM 2020 doch noch souverän. Und neben dem Platz signalisierte Petkovic intern mehrfach die Bereitschaft, sich selbst zu hintersinnen – und sich zu öffnen. In der Kombination waren das für sämtliche Interessensvertreter des Schweizer Fussballs genügend Gründe für eine Vertragsverlängerung.

epa08007122 Players of Switzerland celebrate after the UEFA EURO 2020 qualifying group D soccer match between Gibraltar and Switzerland at the Victoria Stadium in Gibraltar, 18 November 2019. EPA/ANTH ...
Auf Gibraltar holte sich die Schweiz die EM-Qualifikation.Bild: EPA

Ja, Petkovic hat sich das Vertrauen für eine weitere Amtsperiode verdient. Es ist ihm zuzutrauen, dass er mit dieser Schweizer Mannschaft die nächsten Herausforderungen meistert. Die nächste grosse Reise steht mit der EM in ganz Europa im kommenden Juni bevor. Wales, Italien und die Türkei sind die ersten Gegner. Der Achtelfinal ist das Minimalziel. Und vielleicht gelingt es Petkovic ja tatsächlich, den ewig währenden Traum des Viertelfinals an einem grossen Turnier zu erfüllen. Man sollte jedoch nicht den Fehler machen, ihn nur daran zu messen. Dafür ist die Reserve an Schweizer Weltklasse-Fussballern schlicht zu klein.

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kaoro
25.02.2020 08:27registriert April 2018
Sportlich die richtige Entscheidung. Passt dem Blick nicht.
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Glenn Quagmire
25.02.2020 08:25registriert Juli 2015
Hey Etienne, letzten Herbst hast du im Windschatten der beiden Bs vom Blick aber auch arg gegen den besten Natitrainer aller Zeiten geschossen! Woher der Sinneswandel?
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Carbonara ohne Rahm
25.02.2020 08:34registriert Januar 2020
Gab es aktuell überhaupt vernünftige Alternativen zu ihm? Leider nicht.... aber der Punkteschnitt gibt ihm genügend Gründe für eine Verlängerung.

Mir persönlich würde Urs Fischer als Nati Coach sehr gefallen.
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