Entsetzen nach Giftgas-Angriff in Syrien mit fast 60 Toten

Entsetzen nach Giftgas-Angriff in Syrien mit fast 60 Toten

04.04.2017, 16:04

Die Nachricht von einem mutmasslichen Giftgasangriff in Syrien hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Fast 60 Zivilisten wurden bei dem Luftangriff auf die Stadt Chan Scheichun in der nordwestlichen Provinz Idlib getötet.

Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP und Menschenrechtsaktivisten berichteten, wurde später noch ein Spital der Stadt beschossen, in dem Opfer des Angriffs um ihr Leben kämpften. Der AFP-Reporter beobachtete am Dienstag, wie Ärzte wegen des Raketenangriffs zwischen den Trümmern die Flucht ergriffen. Ob es durch den Raketenbeschuss weitere Verletzte oder Tote gab, konnte er zunächst nicht feststellen.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete nach dem schweren Giftgasangriff aus der von Rebellen kontrollierten Stadt 58 Tote, darunter elf Kinder. Die Rettungshelfer der Organisation Weisshelme berichteten zudem von 240 Verletzten.

Flugzeuge hätten am Morgen mehrere Angriffe geflogen, erklärten die Menschenrechtsbeobachter. Menschen seien in Ohnmacht gefallen, hätten sich erbrochen und Schaum vor dem Mund gehabt. Der Zustand vieler Verletzter sei ernst. Der Arzt einer Klinik berichtete, es habe einen schweren Giftgasangriff gegeben.

Die Menschenrechtler sitzen in England, stützen sich aber auf ein Netzwerk von Informanten in Syrien. Ihren Angaben haben sich als zuverlässig erwiesen.

Angreifer noch nicht ermittelt

Die Beobachtungsstelle vermutete syrische oder russische Kampfjets hinter der Attacke, bei der auch Giftgas eingesetzt worden sein soll. Die syrische Luftwaffe wies den Vorwurf zurück. Auch die russischen Streitkräfte wiesen jegliche Verantwortung zurück.

Syriens Opposition rief den UNO-Sicherheitsrat zu einer Ermittlung auf. Frankreich beantragte eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats. Das Aussenministerium in Paris erklärte, es handle sich um einen «besonders schwerwiegenden Chemiewaffenangriff» mit vielen Opfern.

Chan Scheichun liegt im Süden der Provinz Idlib, die von unterschiedlichen Rebellengruppen kontrolliert wird. Eigentlich gilt in dem Bürgerkriegsland seit Ende des vergangenen Jahres eine von Russland und der Türkei ausgehandelte Waffenruhe. Diese ist jedoch brüchig. Ausgenommen von der Waffenruhe sind die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und die Al-Kaida-nahe Organisation Tahrir al-Scham.

Internationale Bestürzung

Obwohl der Angreifer noch nicht ermittelt ist, gibt es Vermutungen. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini sieht «die vorrangige Verantwortung» für den mutmasslichen Giftgasangriff in Syrien bei der Regierung von Machthaber Baschar al-Assad.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte in einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin, «diese Art unmenschlicher Angriffe» sei «inakzeptabel», wie die türkische Nachrichtenagentur DHA meldete.

UNO-Ermittler hatten Syriens Regierung im März vorgeworfen, in den vergangenen Monaten im Kampf um die Stadt Aleppo und andernorts Chlorgas eingesetzt zu haben. Ein Bericht der Untersuchungskommission des Menschenrechtsrates sprach von mindestens fünf Chlorgas-Angriffen regierungstreuer Kräfte seit Anfang dieses Jahres.

Bereits 2013 waren östlich der Hauptstadt Damaskus bei Angriffen mit Giftgas rund 1400 Menschen getötet worden. (sda/afp/dpa/reu)

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