Rechts von Liz Cheney steht normalerweise nur die Wand. Die Tochter des ehemaligen Vize-Präsidenten Dick Cheney galt bisher als Vorzeige-Konservative. Doch im Gegensatz zu fast allen anderen Mitgliedern der Grand Old Party (GOP) hat sie immer noch so etwas wie moralische Werte. Sie weigert sich deshalb, die Big Lie, die absurde These, in Wahrheit habe Donald Trump die Wahlen gewonnen, mitzutragen. Deshalb ist sie zum schwarzen Schaf der Republikaner geworden.
Wie hunderte von Millionen Menschen hat auch Cheney mitverfolgt, was sich am 6. Januar in Washington abgespielt hat. Mehr noch, als Abgeordnete war sie im Saal, als erste Vertreter des Mobs hereinstürmten. Ihr Ratskollege Jim Jordan – ein mehrmaliger amerikanischer Meister im Ringen – wollte sie galant beschützen. Cheney wies ihn empört ab und schleuderte ihm weniger galant ins Gesicht: «Hau ab. You f… did this!»
Jim Jordan kommt aus dem Bundesstaat Ohio. Seit 2007 sitzt er im Repräsentantenhaus. Er trägt selten ein Jackett, meistens eine kanariengelbe Krawatte und spricht schneller, als es die Polizei erlaubt. Politisch ist er dabei, Dschingis Khan rechts zu überholen. In den beiden Impeachment-Hearings ist Jordan dadurch aufgefallen, dass er mit seinem maschinengewehr-artigen Fragen versucht hat, die Zeugen zu verwirren.
Vor allem ist Jordan ein Politiker, der Donald Trump durch dick und dünn verteidigt. Fast täglich schwärmt er auf Fox News von den glorreichen Taten des Ex-Präsidenten und wettert gegen die angeblichen Schandtaten der Demokraten.
Jordan gehört denn auch zu den Republikanern, die selbst nach dem Sturm aufs Kapitol noch dagegen gestimmt haben, Joe Biden als rechtmässigen Präsidenten zu vereidigen, und verteidigte stattdessen einmal mehr die Big Lie. Mit dem absurden Argument, es könne doch nicht sein, dass Biden, zu dessen seltenen Wahlkampfauftritten höchstens 50 Personen erschienen seien, über Trump triumphiert habe, der jeweils mehr als 50’000 Menschen mobilisieren konnte, rechtfertigte Jordan sein Verhalten.
Mit ihrem Vorwurf «You f… did this» hat Liz Cheney wahrscheinlich recht. Jordan gehörte im Vorfeld zu einer kleinen Gruppe von Verschwörern, die zusammen mit dem Ex-Präsidenten darüber beraten haben, wie man den 6. Januar dazu missbrauchen könnte, Trump trotz allem noch im Amt zu behalten. Es könnte daher sein, dass der Abgeordnete aus Ohio auch als Zeuge vor dem Ausschuss aussagen muss.
Ausgerechnet diesen Mann hat Kevin McCarthy, der Minderheitsführer der Republikaner im Abgeordnetenhaus, dazu auserwählt, seine Partei im Untersuchungsausschuss zu vertreten. Die Mehrheitsführerin der Demokraten, Nancy Pelosi, hat der GOP zugestanden, sechs Vertreter in dieses Gremium zu entsenden. Eine davon, Cheney, hat Pelosi selbst ernannt. Zusätzlich hat sie sieben Demokraten in den Ausschuss geschickt.
Ursprünglich wollte Pelosi eine überparteiliche Expertenkommission einsetzen, um den Ursachen des Sturms auf das Kapitol auf den Grund zu gehen. Dieses Vorgehen wurde mit Erfolg nach 9/11 angewandt. Die Republikaner haben dies jedoch mit windigen Argumenten ausgeschlagen.
Mit einem überparteilichen Ausschuss wollte Pelosi den Schaden in Grenzen halten. Das ist misslungen. Sie konnte einen Polit-Clown wie Jordan nicht akzeptieren, denn es war offensichtlich, dass er einzig versucht hätte, Chaos zu stiften. Deshalb legte sie ihr Veto gegen ihn ein und verbannte ihn zusammen mit Jim Banks, einem anderen Krawallmacher aus dem Bundesstaat Indiana, aus dem Gremium. Daraufhin hat McCarthy sämtliche Mitglieder zurückgezogen.
Das Vorgehen von Pelosi sei «noch nie da gewesen», jammert McCarthy nun. Das sei korrekt, antwortet Pelosi. Aber auch die Vorfälle am 6. Januar seien ebenfalls noch nie da gewesen. Liz Cheney billigt das Vorgehen von Pelosi ausdrücklich. «Die Untersuchung muss vorangetrieben werden», erklärte sie. «Die Vorstellung, dass jemand mit den Attacken auf das Kapitol Politik machen will, ist verachtenswert und unwürdig», erklärte sie.
Trump bastelt derweil weiter an seiner Big Lie. In einem Interview mit den «Washington Post»-Journalisten Carol Leonning und Philip Rucker – die beiden haben soeben ein Buch über das letzte Jahr von Trumps Amtszeit veröffentlicht – erklärte der Ex-Präsident, die Kapitolstürmer, seien «friedliche Patrioten» gewesen. Sie hätten sich mit den Polizisten nicht geprügelt, sondern seien von ihnen geradezu ins Kapitol gewinkt worden. Das Ganze sei also ein «Liebesfest» gewesen.
Trump und seine Handlager haben jedoch immer mehr Mühe, diesen Unsinn unter die Leute zu bringen. Eine Umfrage von CBS News und YourGov zeigt, dass inzwischen 56 Prozent der Amerikaner glauben, dass die Attacke auf das Kapitol ein versuchter Umsturz war. Selbst 20 Prozent der Republikaner glauben dies.
Den schlimmsten Rückschlag, den das Trump-Team in den letzten Tagen verkraften muss, war jedoch der Auftritt des Football-Stars Tom Brady im Weissen Haus. Im zarten Alter von 43 Jahren hat der legendäre Quarterback einmal mehr mit seinem Team Tampa Bay Buccaneers die US-Meisterschaft gewonnen. Dafür wurde Brady im Weissen Haus geehrt.
Unter dem Gelächter der Anwesenden erklärte er an die Adresse von Joe Biden, niemand habe ihm diesen Sieg zugetraut. «40 Prozent der Amerikaner glauben immer noch, ich habe verloren. Können Sie das verstehen, Mr. President?»
Autsch, das muss Trump sehr weh getan haben. Brady ist weder schwarz noch schwul. Trump hat sich mehrmals als glühender Brady-Fan geoutet. Er ist der «all american boy», den alle lieben, gewissermassen die amerikanische Antwort auf Roger Federer. Sich mit Brady anzulegen, dürften weder Fox News noch die GOP wagen – ja, nicht einmal Jim Jordan.
Wenn Sie das tatsächlich glauben @Phillipp Löpfe, dann waren sie in den letzten 4 Jahren nicht sehr aufmerksam.
Trump, und somit Fox News und auch die GOP, legt sich mit allen an, die gegen ihn sind.
Ins gleiche Horn stiessen schon viele als Trump von Kriegsveteranen kritisiert wurde... "gegen die kann er nichts sagen. Die genießen Heiligen Status usw..."
Vergebliche Hoffnungen. Trump schlägt immer zurück. IMMER
Wer sagt, dass Dschingis Khan ein Rechter war?