Servette stand schon zweimal im Finale: 2008 verloren die Genfer gegen die ZSC Lions in sechs und 2010 gegen den SC Bern in sieben Spielen. Doch das beste Servette aller Zeiten haben wir in den letzten Wochen gesehen. Wie gut die Balance in diesem Team ist, lässt sich an der Statistik ablesen: Servette hat den Liga-Topskorer (Matthew Lombardi) und den «bösesten» Spieler der Liga (Alexandre Picard). Die Mischung aus Talent, Tempo, Härte und Taktik war noch nie so gut.
Seit dem letzten Titelgewinn von 2006 hat Lugano schätzungsweise 100 Millionen in den Spielbetrieb der ersten Mannschaft investiert, mehr als zehn Trainer beschäftigt und ist sportlich doch stehen geblieben: Seit 2006 haben die Tessiner nie mehr eine Playoffserie gewonnen.
Im Laufe dieser Saison hat fast unbemerkt von der Konkurrenz eine Revolution stattgefunden: Geist statt Geld. Es ist nicht eine so tiefgreifende Revolution wie zu Beginn der 1980er Jahre unter John Slettvoll, die schliesslich in vier Titel und zwei Finals in sechs Jahren mündete. Aber es eine kleine Revolution ist es schon: Der charismatische Trainer-Neuling Patrick Fischer (38) hat im Laufe der Saison mit dem bedingungslosen Rückhalt von Präsidentin Vicky Mantegazza ein «neues» Lugano aufgebaut und die Mannschaft endlich auch defensiv stabilisiert (25 Gegentreffer weniger als letzte Saison).
Ganz nebenbei hat Luganos Sportchef Roland Habisreutinger mit Hnat Domenichelli (38) und Glen Metropolit (39) auch noch zwei trojanische Pferde nach Bern geschickt und so seinen Teil zum Untergang des Meisters beigetragen.
Servette hat zwar drei von vier Partien in der Qualifikation gewonnen – aber Lugano ist im Laufe der Saison immer stärker geworden. Die Leidenschaft ist so gross wie nie mehr seit 2006 - und das macht Lugano so gefährlich. Alles spricht für eine «Rumpelserie», die uns die intensivste Viertelfinalserie bescheren wird. Es dürfte Arbeit für Einzelrichter Reto Steinmann geben.
Wahrscheinlich gibt es am Ende einer grossen, dramatischen Serie eine ganz simple Analyse: Die Torhüter haben entscheiden. Servettes (und bald Zugs) Tobias Stephan ist besser als Luganos Goalies. Ein Scheitern in der ersten Runde hat weder für Lugano noch für Servette Folgen. In Lugano ist schon jetzt klar, dass es nächste Saison so oder so noch besser wird. Das einzige Problem für Servettes grossen Zampano Chris McSorley: Wenn er in der ersten Runde scheitert, dann kann er dafür nicht eine Verschwörung der Deutschschweizer verantwortlich machen.
TIPP: Servette macht den Schritt in die Halbfinals. Es werden aber mindestens sechs Partien dafür benötigt.