Noch wird unter den Trümmern der eingestürzten Morandi-Brücke in Genua nach Vermissten gesucht. Aber die politischen Parteien des Landes haben längst begonnen aus der Katastrophe Kapital zu schlagen.
Innenminister Matteo Salvini, Chef der rechten Lega Nord, sieht im Einsturz der Brücke ein Versagen des alten Systems
Verkehrsminister Danilo Toninelli, von der populistischen 5-Sterne-Bewegung, schürt Fremden- und EU-Feindlichkeit und macht «polnische LKW» für das Unglück verantwortlich
Arbeitsminister Luigi Di Maio, Chef der 5-Sterne-Bewegung, legt sich mit dem ehemaligen Premierminister Matteo Renzi an. Er habe die Konzession für den Autobahnbetreiber Autostrada gegen Spendengelder von Modelabel Benetton ohne Ausschreibung verlängert. Der Hintergrund: Benetton ist mit 30 Prozent an der Autobahngesellschaft beteiligt.
Der Streit und warum Benetton jetzt zittern muss in 3 Akten.
Battle I: Di Maio vs. Renzi
In den sozialen Medien ging es nach dem Unglück heftig zur Sache.
Arbeitsminister Di Maio erklärte:
«In das Gesetzespaket wurde 2015 über Nacht ein kleiner Passus eingeführt, dass die Lizenz für [den Autobahnbetreiber] Autostrada ohne jeglichen Wettbewerb verlängerte. All das wurde unternommen, um den Wahlkampf zu finanzieren.»
Der Sozialdemokrat Matteo Renzi, damals Regierungschef, konterte prompt auf Facebook.
Die Gegenrede
Renzi erklärte:
«Meine Wahlkampagne wurde nicht von Benetton finanziert. Mir stand zu jeder Zeit frei, diese Verträge zu stoppen.»
Matteo Renzi, ehemaliger Premier Italiens
Ferner betonte der ehemalige Regierungschef:
«Ein zivilisiertes Land steht geeint zusammen, wenn es von einer Tragödie wie dieser heimgesucht wird.»
Matteo Renzi, ehemaliger Premier Italiens
Renzi hofft auf Ruhe. Di Maios Strategie ist eine andere. Der Chef der populistischen 5-Sterne-Bewegung, die grossen Infrastrukturprojekten ohnehin skeptisch gegenübersteht, will die etablierten Parteien für das Versagen von Genua verantwortlich machen. Und damit für den maroden Zustand des Landes.
Verkehrsminister Toninelli wettert gegen polnische LKW auf italienischen Strassen, Innenminister Salvini gegen Sparvorgaben der Europäischen Union.
Die EU wies die Vorwürfe zurück und erklärte:
«Die EU hat Italien zu Investitionen in die Infrastruktur des Landes ermutigt.»
EU-Kommission
Salvinis Anschuldigung ist Quatsch, weil Investitionen ohnehin nicht auf das Etatdefizit von Eurostaaten angerechnet werden. Kommt aber gut, das Brüssel-Bashing.
Benetton wurde 1965 gegründet. Vor allem in den 70er- und 80er-Jahren war das Label mit den bunten Klamotten hip. Das Geld der Familie floss in die Investmentfirma Atlantia. Sie betriebt unter anderem rund 5000 Kilometer Autobahnen in
Ein Beitrag geteilt von Luigi Di Maio (@luigi.di.maio) am
In Italien könnte damit bald Schluss sein. Die Regierung will Atlantia die Rechte entziehen, die Autobahnen des Landes zu betreiben. Gegen eine Maut verpflichtet sich das Unternehmen, die Strassen zu unterhalten. Hat nicht geklappt, so Di Maio. Deshalb werde eine Strafe von bis zu 150 Millionen Euro fällig. Und die Konzession ist weg. Bitter für Benetton, das einst enge Bande zu Alt-Regierungschef Silvio Berlusconi pflegte, und im vergangenen Jahr einen Verlust von rund 80 Millionen Euro machte.
Di Maios Vorwurf:
«Es war klar, dass diejenigen, die die Strasse in Ordnung halten sollten, das nicht getan haben.»
Luigi Di Maio, Chef der 5-Sterne-Bewegung
Doch geht's der neuen Regierung nicht um die Familie Benetton. Das Vorgehen ist eine Kampfansage die alten Eliten des Landes.
Italiens Populisten von Links und Rechts nutzen das Unglück von Genua für den schleichenden Umbau des Landes.
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Diese 12 Juroren werden über Donald Trumps Zukunft entscheiden
Zwölf Menschen aus Manhattan wurden ausgewählt, in einer Jury darüber zu urteilen, ob Donald Trump schuldig ist oder nicht. Die «New York Times» hat zusammengetragen, was nach drei Tagen der Juryauswahl über die Geschworenen bekannt ist.