Lieber Lorenz
In aller Regel handelt es sich beim Bonusansprüchen um eine echte oder unechte Gratifikation. Beide gelten nicht als Lohnbestandteile. Gemäss Art. 322d Abs. 1 OR können Gratifikationen zwar vertraglich festgelegt werden. Allerdings anerkennen die Schweizer Gerichte Bonus-Absprachen nur dann als Gratifikation, wenn die Kriterien über Entschädigungen für das Erreichen bestimmter Mitarbeiter- oder Unternehmensziele nicht vollständig bestimmt sind – somit hast du nicht automatisch ein Anrecht darauf.
Letztlich muss der Arbeitgeber die Gratifikation nach eigenem Ermessen festsetzen können. Wie schon das Wort «Gratifikation» (lateinisch «gratia», bedeutet Gnade oder Dank) verrät, ist diese Leistung des Arbeitgebers immer auch eine Gefälligkeit des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer kann einzig das Recht ableiten, zu erfahren, mit welchen Argumenten die Gratifikation im betreffenden Jahr festgesetzt wurde. Darüber hinaus ist bei vertraglich vereinbarten Abreden nichts garantiert.
Diese Sicht spiegelt sich in rund einem Dutzend Bundesgerichtsurteilen über die Höhe der Gratifikationszahlungen: Diese Sondervergütung muss in einem bestimmten Ausmass vom Ermessen des Arbeitgebers abhängen können (BGE 109 II 447, 5c). Wo allein objektive Kriterien den «Bonusbetrag» definieren, handelt es sich um ein Lohnelement. Das hat arbeitsrechtliche Konsequenzen:
Damit stellt sich die Frage nach der Grösse des Ermessensspielraums des Arbeitgebers. Das Bundesgericht geht davon aus, dass der Betrag der Gratifikation im Verhältnis zum festen Lohn ein gewisses Mass nicht übersteigen darf. Sonst handle es sich zumindest teilweise um einen Lohn. Bei geringen Löhnen erlauben die Richter in Lausanne einen kleineren flexiblen Gratifikationsanteil, bei sehr hohen Löhnen hingegen fällt der arbeitsrechtliche Schutz weniger ins Gewicht und der flexible Teil könne deutlich höher sein. Leider hat das Bundesgericht bisher keine konkreten Angaben über die zulässige Höhe der flexiblen Lohn- und Gratifikationselemente gemacht.
In der juristischen Literatur (Alain Thiébaud, Von der bundesgerichtlichen Bonus-Rechtsprechung zur materiellen Entgeltlichkeit von Arbeitsverträgen, Zürich 2015, 220. Siehe auch: Roger Peter Morf, Lohn und besondere Vergütungsformen im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis, Bern 2011, 326) über die einschlägigen Bundesgerichtsentscheide wird für BVG-Löhne (bis 85‘320 Franken) eine im Ermessen des Arbeitgebers stehende Gratifikation von maximal einem Monatslohn empfohlen.
Bei einem höheren Einkommen bis zum maximalen Lohn für Leistungen des BVG Sicherheitsfonds (127'980 Franken) sollen variable Vergütungen 15 bis 25 Prozent des festen Lohnes nicht übersteigen. Danach steigen die von den Experten empfohlenen Richtwerte rapide: Bei 180‘000 Franken Jahreseinkommen wird ein Maximum von 50 Prozent des Salärs angegeben. Bei 220‘000 Franken kann der Ermessensspielraum des Arbeitgebers auch die 100-Prozent-Schwelle des Fixlohnes überschreiten. Das heisst: Bei einem Fixlohn von 220'000 Franken würden die Gerichte auch einen «vertraglich vereinbarten Bonus» von 220'000 Franken in vollem Umfang als Gratifikation akzeptieren.
Viele Grüsse von Comparis.ch
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Thema 13. Monatslohn & Kurzarbeit: Ich habe gehört, dass der 13. dieses Jahr ebenfalls kleiner ausfallen könnte, sofern man in Kurzarbeit war, weil sich der 13. vom ausbezahlten Lohn des Arbeitgebers ableitet und die Kurzarbeitsentschädigung in dieser Rechnung nicht drin ist.
Wer also nur 20% gearbeitet hat, kriegt für diese Zeit anteilsmässig auch nur 20% vom 13.
Keine Ahnung, ob meine Infos da stimmen, aber falls ja, könnte das für viele eine unangenehme Weihnachtsüberraschung werden.