Ein netter Berner mit «dunkler Phase» – oder ein gefährlicher Serienmörder? Das Zürcher Obergericht muss nun entscheiden, ob es einen 31-jährigen Transportunternehmer bis ans Lebensende wegsperrt oder ihn nur ins Gefängnis schickt. Der zweitägige Prozess ist am Mittwochabend zu Ende gegangen.
Für seine Taten gebe es keine Rechtfertigung, sagte der Berner in seinem Schlusswort. «Ich habe zwei Leben genommen. Ich kann mich entschuldigen, aber das bringt diese Menschen nicht zurück.»
Er bereue wirklich, was er getan habe und hoffe nun auf eine Strafe, die ihm helfe, «auf den richtigen Weg zu kommen». Er sei bereit, Hilfe anzunehmen und eine Therapie zu machen.
Geht es nach der Zürcher Staatsanwältin, wird es diese Hilfe aber nicht geben: Sie fordert für den Transportunternehmer aus Utzigen BE eine lebenslängliche Freiheitsstrafe sowie die ordentliche Verwahrung, also Wegschliessen bis zum Lebensende ohne Therapie.
Für sie ist der 31-Jährige ein Sicherheitsrisiko für die Öffentlichkeit. Töten mache ihm gar nichts aus. Er habe keinen Funken Menschlichkeit gezeigt, als er den beiden Opfern Nase und Mund mit Klebeband zugeklebt habe und sie qualvoll erstickt seien.
Ein Opfer vergrub der Mann in seinem Garten, wofür er extra einen Bagger mietete. Die andere Leiche stiess er in Boppelsen ZH einen Abhang hinab. Weshalb er die beiden Männer umbrachte, bleibt aber auch nach zwei Tagen Prozess am Zürcher Obergericht schleierhaft.
Er selber beharrt auf der Version, dass er von der «Serben-Mafia» zu den Tötungen gezwungen worden sei. Es sei um Geld gegangen, die Mafia habe seine Familie bedroht. Allerdings fanden die Ermittler keinerlei Hinweise auf Verbindungen zum organisierten Verbrechen.
Das erste Opfer, ein ehemaliger Schulkamerad, schuldete ihm offenbar Geld, wobei es allerdings nur um 40'000 Franken ging. Das zweite Opfer war ein Mann, der einen Lastwagen verkaufen wollte. Diesen wollte der 31-Jährige nach der Tötung weiterverkaufen.
Sein Anwalt findet eine Verwahrung «nicht angemessen». Der 31-Jährige sei ein psychisch gesunder Ersttäter. Die ersten 26 Lebensjahre habe er gewaltfrei gelebt. «Unterbrochen wurde das nur durch eine kurze, kaum erklärbare Sequenz von 38 Tagen.»
Der Anwalt beschrieb den Täter als «arbeitsam, wohlerzogen und mit ausgeglichenem Charakter». Dies würden auch die Anstaltsprotokolle des Gefängnisses Lenzburg zeigen. Auch seine Mithäftlinge sind angetan vom freundlichen, zurückhaltenden 31-Jährigen. Sie sammelten sogar Unterschriften, um gegen seine Verwahrung zu protestieren.
Statt einer Verwahrung fordert sein Anwalt eine Freiheitsstrafe von maximal 13.5 Jahren. Eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung sei genug. Vom Vorwurf des Mordes müsse sein Mandant freigesprochen werden, schliesslich sei er unter dem Druck der «serbischen Geschäftsleute» gestanden.
Als Beweis dafür, dass sein Mandant zu den Delikten gezwungen worden sei, zog der Anwalt die Tatwaffe Klebeband heran. «So tötet nur jemand, der das gar nicht will.» Es gebe kein Blut, keinen Lärm und der Täter müsse nicht zusehen, wie das Opfer erstickt. Dies tat der 31-Jährige offenbar. Er schaute weg, um die Augen der Opfer nicht zu sehen. Diesen Anblick habe er nicht ertragen.
Die Version mit der Serben-Mafia klang jedoch schon für die erste Instanz, das Bezirksgericht Bülach, unglaubwürdig. Das sei alles «absurd und abwegig», fanden die Richter im Dezember 2019. Sie verurteilten den 31-Jährigen zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe, nicht aber zu einer Verwahrung.
Der beschuldigte Mittäter, ein 38-jähriger Freund aus Solothurn, bezeichnete die Mafia-Theorie sogar als «kompletten Bullshit». Auch die 30-jährige Noch-Ehefrau des Haupttäters, die ebenfalls angeklagt ist, weiss nichts von serbischen Hintermännern.
Diese beiden sind wegen Mittäterschaft angeklagt. Sie streiten aber beide ab, gewusst zu haben, dass die Männer sterben werden. Die Frau habe nur aus «mütterlicher Sorge und in ehelicher Abhängigkeit» geholfen, so ihr Anwalt. Ihre Taten seien eher ein «Fahrdienst» gewesen, eine «klassische Hilfeleistung».
Dafür seien 5.5 Jahre Freiheitsstrafe angemessen. Das Bezirksgericht Bülach hatte sie zu 11 Jahren verurteilt. Der Anwalt des Solothurners, der zu 13 Jahren verurteilt wurde, argumentierte ebenfalls, dass sein Mandant nicht geahnt habe, dass die Männer sterben würden. Er habe sich nur wegen der Entführungen und wegen Raubes schuldig gemacht. Doch plötzlich habe der Haupttäter eine Pistole gezogen. «Was hätte mein Mandant da machen sollen?»
Das Urteil wird am 22. Juni eröffnet.
(jaw/sda)
Zumindest ein lebenslanges Klebebandverbot fände ich angemessen.
Hergott, wir reden von einem zweifachen Mörder. Absolut grausam seine Taten.
Ich lebe seit 31 Jahren straffrei. Darf ich nun einen klitzekleinen Mord begehen?