Die Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters von 18 auf 16 Jahre hatte im Nationalrat keine Chance. Wären Sie mit 16 Jahren in der Lage gewesen, Abstimmungsvorlagen zu beurteilen?
Lisa Mazzone: Ja, wie alle anderen auch.
Haben Sie eine solch deutliche Niederlage im Rat erwartet?
Ich habe es befürchtet. Es ist immer schwierig, politische Rechte auszuweiten. Die davon betroffenen Personen können ja nicht mitentscheiden – das war schon beim Frauenstimmrecht das Problem. Die Männer mussten über das Los der Frauen entscheiden, es brauchte mehrere Anläufe.
Das Stimmrechtsalter 16 wurde bereits mehrfach abgeschmettert. Warum haben Sie das Anliegen dennoch nochmals ins Parlament gebracht?
Weil die Angelegenheit auf dem Tisch bleiben muss. In der Jugendsession kamen verschiedene Petitionen dazu auf. Ausserdem empfinde ich es als meine Aufgabe als jüngste Parlamentarierin, solche Themen zu behandeln.
Warum soll ein 16-Jähriger abstimmen dürfen?
Dafür gibt es mehrere Argumente. Das erste ist demographischer Natur: Studien zufolge wird in 20 Jahren die Hälfte aller Stimmberechtigten 60 oder älter sein. Dies wird zu einem Problem bei der Repräsentativität führen. Das Einführen von Volksrechten ab 16 Jahren könnte dieser Entwicklung entgegenwirken.
Was spricht weiter dafür?
Ein 16-Jähriger hat die politische Bildung in der Schule erst gerade hinter sich, das Abstimmen hat für ihn somit etwas sehr Konkretes. In Ländern wie Österreich können Junge unter 18 übrigens auch abstimmen. Mehrere Untersuchungen zeigen, dass diese Beteiligung an den ersten Urnengängen
richtungsweisend für die zukünftige politische Aktivität ist. Ausserdem: Wir verlangen viel von unseren Jungen: Viele 16-Jährige arbeiten bereits und zahlen Steuern. In diesem Alter stehen auch andere wichtige Entscheidungen an, wie die Berufs- oder Studienwahl. Ab 16 darf man auch Sex haben – warum sollte man dann nicht abstimmen dürfen? Trotz all dieser Tatsachen gibt es etliche Vorurteile gegenüber den Jungen und man traut es ihnen nicht zu, gesellschaftliche Herausforderungen zu durchblicken.
Kann denn ein junger Mensch komplizierte Vorlagen wie beispielsweise jene zur Rentenreform tatsächlich verstehen?
Ja. Nach der obligatorischen Schulzeit ist man bei uns doch der Auffassung, dass man den jungen Menschen eine genügende Bildung geboten hat, um die Welt zu verstehen. Viele steigen in diesem Alter auch ins Berufsleben ein und tragen Verantwortung.
Aber ist ein 16-jähriger Teenager auch am politischen Geschehen interessiert?
Ein Alter zur Stimmabgabe zu definieren, ist sowieso willkürlich. Es gibt 60-Jährige, die das Abstimmungsbüchlein nicht einmal in die Hand nehmen, andere 16-Jährige hingegen verfolgen das Tagesgeschehen intensiv und wissen zu jeder Zeit, über was und wann abgestimmt wird.
Sie hoffen doch einfach auf zusätzliche Wählerstimmen.
Nein, das war beim Einreichen des Vorstosses kein Thema. Es geht hier lediglich um eine Rechtsfrage.
Didier Burkhalter (FDP) sprach sich 2014 als Bundespräsident für das Stimmrechtsalter 16 aus. Warum klappt es auch mit so hoher Unterstützung und nach mehreren Versuchen nicht?
Didier Burkhalters Haltung zum Thema habe ich in meiner Rede am Dienstag erwähnt (lacht). Unsere Politik ist in der Regel eher konservativ eingestellt, alles geht ein bisschen langsam. Ich habe das Gefühl, dass sich viele vor dem jugendlichen Ungestüm fürchten. Dabei wären die jungen Wähler eine grosse Chance für unsere Politik, besonders auch in Bezug zu Digitalisierungsthemen.