Einen Tag, bevor sich die Young Boys im Schweizer Cup gegen den unterklassigen FC Biel in die zweite Runde zitterten, hatte Dinamo Zagreb bereits sein achtes Pflichtspiel in dieser Saison ausgetragen.
Im Spitzenkampf der vierten Runde der kroatischen Liga besiegte der Titelverteidiger das bis anhin verlustpunktlose Osiek 2:1. Damit führt das Trio Rijeka, Lokomotiva und Dinamo Zagreb mit je zehn Punkten die Tabelle an.
Die Hauptstädter haben unter dem neuen Trainer Nenad Bjelica in der Champions-League-Qualifikation wie auch in der Meisterschaft je vier Partien ausgetragen, in denen sie ungeschlagen blieben.
Der Schweizer Nationalspieler Mario Gavranovic kam sieben Mal zum Einsatz, allerdings nie über neunzig Minuten, und er schoss dabei drei Tore. Der bosnische Nationalspieler Izet Hajrovic, der bis im Januar 2014 bei den Grasshoppers gespielt hatte, lief sechs Mal auf und traf zwei Mal. Wie Gavranovic (von Rijeka) kam Hajrovic (Bremen) im Januar dieses Jahres zu Dinamo.
Gavranovic ist in Kroatien aufgeblüht. Er holte mit Rijeka und Dinamo Zagreb das Double. In der vergangenen Spielzeit war er mit 15 Toren der drittbeste Torjäger der Liga. Nach seinem bisher einzigen Einsatz in der Champions League für Schalke 04 – er schoss dabei beim 3:1 gegen Valencia auch gleich ein Tor – , will er siebeneinhalb Jahre später endlich wieder einmal in der Königsklasse spielen.
Dazu muss Zagreb aber nach Hapoel Be’er Sheva und Astana auch noch den Schweizer Meister YB aus dem Weg räumen (Mittwoch, 21 Uhr). «Natürlich wissen wir, dass YB eingespielt und mit uns auf Augenhöhe ist», sagt Gavranovic, «aber ich sehe für uns gute Chancen, in die Gruppenphase einzuziehen.»
Mit Dinamo kommt ein Verein in die Schweiz, der zu Beginn der Neunzigerjahre nach dem Zerfall des kommunistischen Jugoslawien zum wichtigsten Klub Kroatiens und auch ein wichtiges Symbol des Kroatentums wurde. Dinamo führte sogar das nationale Symbol, das Schachbrett, in sein Logo ein. Der damalige Staatspräsident Franjo Tudjman ordnete überdies die Umbenennung des Klubs in Croatia Zagreb an. Obwohl er viele Titel gewann, verlor der Verein wegen der Machenschaften Tudjmans immer mehr Rückhalt in der Bevölkerung, der Zuschauerschnitt sank auf 2000 (heute: 4100).
Auf dessen Anordnung hatten die Schiedsrichter in der Saison 1998/99 dafür gesorgt, dass Rijeka im letzten Spiel der Titel entrissen wurde. Eine weitere Begebenheit aus jener Zeit zeigt, wie damals bei Croatia gewirtschaftet wurde. In finanzielle Schieflage geraten, bekam der Klub von einer Bank einen Kredit im zweistelligen Millionenbereich, musste aber die Transferrechte an die Bank abgeben und sogar die Wahl des Trainers. So kam deren Kunde Osvaldo Ardiles, der argentinische Weltmeister von 1978, auf die Trainerbank im Maksimir Stadion und verdiente 60'000 Dollar im Monat (der monatliche Durchschnittslohn in Kroatien lag damals bei 700 Franken).
Von Skandalen blieb der Verein auch bis in die jüngste Vergangenheit nicht verschont. So wurde der langjährige Präsident Zdravko Mamic in diesem Jahr zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil er den Staat bei Transfers um 15 Millionen Euro betrogen haben soll. Hinter Gittern aber sitzt er nicht, weil er sich nach Bosnien-Herzegowina absetzen konnte.
Diese düsteren Zeiten versucht der 19-fache Meister, der so grosse Spieler wie Boban, Prosinecki, Suker, Modric und Kovacic herausgebracht hat, hinter sich zu lassen. Im Sommer wurden mit Benkovic, Sosa, Coric und Soudani vier wichtige Spieler für 30 Millionen Euro verkauft, aber nur sechs Millionen wurden für neues Personal ausgegeben. Ein weiterer Toptransfer verspricht der im FC Barcelona ausgebildete Spanier Dani Olmo (20) zu werden.
Seit 2008 hat Dinamo 200 Millionen Euro durch Transfers eingenommen. Auch, weil sich die «Blauen» in dieser Zeit vier Mal im Schaufenster der Champions League präsentieren durften. Kein Wunder, wollen sie unbedingt dorthin zurück. (aargauerzeitung.ch)