Nach unzähligen Verhandlungsrunden und ebenso vielen Pizzalieferungen ist es vollbracht: Grossbritannien und die Europäische Union (EU) einigten sich an Heiligabend auf eine Art Weihnachtsgeschenk in Form eines Handelsabkommens. Der endgültige Brexit am 31. Dezember führt somit nicht zu einem vertragslosen Zustand.
Bis zuletzt wurde um die Details des Vertragswerks gerungen. Grösster Streitpunkt war die wirtschaftlich unbedeutende Fischerei. Das ist ebenso absurd wie typisch für den EU-Austritt, der viel mit Symbolpolitik und wenig mit Realitätssinn zu tun hat. Am Ende mussten die Briten bei den Fangquoten substanzielle Zugeständnisse machen.
Nicht nur deswegen wirkt Premierminister Boris Johnsons Behauptung vermessen, die Briten hätten in den Verhandlungen alles bekommen, was sie wollten. Seine Regierung hatte stets von der glorreichen Zukunft des Königreichs ausserhalb der EU geschwärmt und ausgeblendet, dass ein Chaos-Brexit zu gröberen Verwerfungen geführt hätte.
Wirtschaftskreise warnten je länger je eindringlicher vor den Folgen eines Austritts ohne Handelsvertrag. Mit dem nun erzielten Deal konnte Johnson das Gesicht wahren, denn die gefürchteten Zölle nach den Vorgaben der Welthandelsorganisation (WTO) sind vom Tisch. Sie hätten die Exporte etwa von Autos in die EU erheblich erschwert.
Reibungslos wird der Warenverkehr auch mit den neuen Vertrag nicht ablaufen. Die riesige Zollanlage, die derzeit in der Grafschaft Kent entsteht, wird gebraucht, weil die Briten definitiv die Zollunion und den Binnenmarkt verlassen. Die Blockade am Ärmelkanal in den letzten Tagen gab ihnen eine Art Vorgeschmack auf das künftige Grenzregime.
Aus Schweizer Sicht wird vor allem ein Punkt auf Interesse stossen. Offenbar ist es den Briten bei der Streitschlichtung gelungen, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) aus dem Spiel zu nehmen. Kritiker des institutionellen Rahmenabkommens von links und rechts, die den EuGH ebenfalls ins Pfefferland wünschen, könnten dies als gutes Omen einstufen.
Sie würden sich zu früh freuen. Mit dem neuen Vertrag sind die Briten etwa auf dem Stand des Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) von 1972. Seither hat die Schweiz ihr Verhältnis zur EU mit den bilateralen Verträgen ausgeweitet und den Zugang zum Binnenmarkt vertieft.
Brüssel hat stets betont, dass man den Brexit nicht mit den Verhandlungen über das Rahmenabkommen vergleichen könne. Wer nun glaubt, die EU werde der Schweiz bei der Streitschlichtung Zugeständnisse machen, dürfte ein böses Erwachen erleben. Aus Sicht der EU ist der Rahmenvertrag in seiner jetzigen Form ausgehandelt.
Auch die Briten werden erfahren, dass die Brexit-Saga mit dem nun vorliegenden Vertrag nicht vorbei ist. «Das ist nicht das Ende der Verhandlungen», sagte der Labour-Abgeordnete Hilary Benn am Donnerstagmorgen in der BBC. In den nächsten Monaten und Jahren werde man mit der EU noch über viele Dinge sprechen. Wir Schweizer wissen, was das bedeutet.
Ich denke, GB ist für Europa in allen Aspekten wichtiger als die kleine Schweiz. Bitte korrigiert mich, wenn mich dieses Gefühl täuscht.
Und wieso sollte die EU alle gleich behandeln? Nur weil in den Medien und bei all den den progressiven, westlichen Menschen, der Drang nach moralischer Überlegenheit herrscht?
Ja, mit ein paar fadenscheinigen Begründungen, herrscht in der Politik trotzdem knallhart das Recht der Stärkeren. Ausserhalb der EU gerne auch mal militärisch.
Aber ich denke wir warten jetzt erst mal ab was bei den UK-EU Verhandlungen genau rausgekommen ist und ob dies auch ratifiziert werden wird.
Zudem ist die Wichtigkeit der der beiden Länder (GB und CH) viel zu unterschiedlich, auch wenn dies manch einer in der Schweiz nicht wahrhaben will.
Auf einer so unbekannten Grundlage schon wieder über das InstA sprechen/schreiben zu wollen ist unredlich.
Was man aber nicht übersehen darf ist, dass wenn die EU gegenüber GB eingeknickt ist, sie dies gegenüber der CH nicht tun kann, dafür sorgen die Mitglieder.