Der Berner Hockey-Tempel ist mit etwas mehr als 17'000 Plätzen seit Wochen ausverkauft. Aber der SC Bern verdient kein Geld. Das kann eigentlich so wenig sein wie edler Wein ohne die betörende Wirkung des Alkohols. Denn niemand in der Hockeyschweiz ist so geschäftstüchtig wie SCB-Manager und Mitbesitzer Marc «Chole-Marc» Lüthi.
Und doch ist es so: Für den SCB ist das «Spiel des Jahrzehnts» heute Abend gegen die New Jersey Devils (19.30 Uhr) mit dem Schweizer Superstar Nico Hischier kein «Big Business».
Rolf Bachmann ist beim SCB «Chief Operating Officer». Leichter verständlich: So wie SCB-General Marc Lüthi ein Genie der Vermarktung und Kommunikation, so ist Rolf Bachmann als sein «Stabschef» ein exzellenter Organisator. Ihm obliegt Budgetverantwortung, Aufsicht und Organisation des gesamten SCB-Sportbetriebes und damit auch dieses NHL-Gastspiel. Er sagt: «Dank ausverkaufter Arena schreiben wir knapp eine schwarze Null.»
Wie kann es sein, dass der SCB aus einem «Jahrzehnt-Spiel» mit einem von Rolf Bachmann geschätzten Gesamtumsatz von 1,2 bis 1,5 Millionen Franken kein Geschäft machen kann?
Der Grund ist einfach: Alle europäischen Auftritte der NHL im Herbst 2018 werden von der internationalen Veranstaltungsagentur Live Nation im Auftrag der NHL organisiert. Wenn es denn ein Geschäft ist, dann machen es Live Nation und die NHL.
Live Nation kontrolliert den gesamten Ticketverkauf und auch die Zutritte zu den VIP-Logen. Der SCB konnte deshalb seinen Saisonkartenbesitzern kein Vorkaufsrecht für die Tickets einräumen und den Zutritt zum NHL-Gastspiel nicht garantieren. Der Verkauf lief unabhängig von der SCB-Administration.
Rolf Bachmann sagt, dass für einmal nicht das traditionelle SCB-Publikum das Stadion füllen werde. «Wir nehmen an, dass viele Leute ein Ticket gekauft haben, die normalerweise nicht zu einem SCB-Spiel kommen.»
Der SCB ist ganzjähriger Generalmieter des Berner Hockeytempels und so hat sich Live Nation beim SCB für diese Veranstaltung eingemietet und den SCB mit der Durchführung der Partie beauftragt.
Allerdings läuft dieses Spiel exakt nach den Wünschen und Bedürfnissen der NHL und Live Nation. Was Brauch und Recht ist beim SCB interessiert niemanden.
Das bedeutet, dass das Spiel organisatorisch nach NHL-Vorgaben läuft. Rolf Bachmann musste beispielsweise eine Sängerin für die Hymnen (vor dem Spiel werden die amerikanische und die helvetische Hymne gesungen) organisieren. In der NHL ist es üblich, dass auch am Spieltag nach dem Aufwärmtraining am Vormittag die Kabine für Interviews geöffnet wird. Und so kommt es, dass auch die SCB-Spieler heute nach dem Aufwärmen den Chronistinnen und Chronisten Auskunft geben müssen. Während der laufenden Meisterschaft bei uns völlig undenkbar.
Der Organisationsaufwand rund ums Spiel ist viel grösser. Auch während der Trainings muss das Sicherheitspersonal präsent sein.
Dafür sind die Sicherheitsmassnahmen während des Spiels geringer als üblich: Es ist ja kein «Risikospiel», bei dem Auseinandersetzungen zwischen den Fangruppierungen befürchtet werden müssen. Wie bei allen SCB-Partien ist die Berner Sicherheitsfirma Bronco Security für den Sicherheitsdienst zuständig.
Alles in allem umfasst der Tross dieses «NHL-Wanderzirkus» (Spieler, Trainer, NHL-Personal, Vertreter von Live Nation) rund 100 Personen. Um Transport und Unterkunft hat sich Live Nation gekümmert. Die Spieler logieren im Hotel Bellevue Palace, dem besten Haus am Platz mit Zimmerpreisen von 400 Franken an aufwärts.
Live Nation kassiert die gesamten Matcheinnahmen, beteiligt den SCB aber als Entschädigung für die Organisation an diesen Einnahmen. Der SCB darf das gesamte Catering übernehmen (Verkauf von Essen und Getränken), beteiligt Live Nation dafür im Gegenzug am Erlös.
«Wir sind kein grosses Risiko eingegangen», sagt Rolf Bachmann. «Es braucht ein ausverkauftes Stadion, damit wir auf eine schwarze Null kommen. Aber wir konnten ja davon ausgehen, dass die Arena bei diesem Spiel ausverkauft sein wird.»