Neun Monate nach dem rechtsterroristischen Anschlag in der ostdeutschen Stadt Halle hat der Prozess gegen den Angeklagten begonnen. Seine rassistische Gesinnung hat der 28-Jährige dabei nicht verleugnet. Im Gegenteil.
Schon bei Fragen zu seinem persönlichen Werdegang sprach er am Dienstag mehrfach abwertend über Zuwanderer in seinem Dorf im Süden Sachsen-Anhalts. Stephan Balliet werden 13 Straftaten vorgeworfen, darunter zwei Morde und mehrere Mordversuche unter anderem an 52 Gläubigen in einer Synagoge in Halle.
Die deutsche Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, «aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus einen Mordanschlag auf Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens» geplant zu haben. Der Prozess vor dem Oberlandesgericht Naumburg findet wegen des grossen öffentlichen Interesses und aus Sicherheitsgründen im grössten Verhandlungssaal Sachsen-Anhalts in der Landeshauptstadt Magdeburg statt.
Der Attentäter hatte am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, schwer bewaffnet versucht, die Synagoge in Halle zu stürmen. Laut Bundesanwaltschaft wollte er möglichst viele der 52 Besucher töten. Er konnte sich jedoch auch mit Waffengewalt keinen Zutritt verschaffen.
Daraufhin tötete er eine Passantin vor der Synagoge und einen Mann in einem Dönerimbiss. Ausserdem verletzte er auf seiner Flucht mehrere Menschen, bevor ihn Polizisten gut eineinhalb Stunden nach Beginn der Tat etwa 50 Kilometer südlich von Halle festnahmen.
Auf Fragen der Vorsitzenden Richterin zu seinem Werdegang antwortete er knapp. Gute Freunde habe er nicht gehabt, er sei auch in keinem Verein gewesen. Er habe vor allem Interesse am Internet gehabt, weil man sich dort frei unterhalten könne. «Man fragt sich natürlich, wie man solche Taten verhindern kann, ich habe da natürlich kein Interesse dran», sagte Balliet.
Nach dem Abitur habe er einen verkürzten Wehrdienst absolviert, sei sechs Monate Panzergrenadier in Niedersachsen gewesen. Er habe den Wehrdienst anstrengend und doof gefunden, es sei «keine richtige Armee» gewesen. Sein Studium habe er krankheitsbedingt abgebrochen, danach habe er in den Tag hinein gelebt. «Nach 2015 hab ich entschieden, nichts mehr für diese Gesellschaft zu tun», sagte er.
Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich Menschen aus Solidarität mit Betroffenen, Hinterbliebenen und Opfern versammelt. Die Kundgebung mit dem Motto «Solidarität mit den Betroffenen – keine Bühne dem Täter» will dafür sorgen, dass die Nebenklägerinnen und Nebenkläger nicht allein in den Prozess gehen, hiess es von den Veranstaltern. Vor Prozessbeginn sprachen die Veranstalter von rund 100 Teilnehmern.
Bereits vor Prozessbeginn wurde deutlich, dass die Nebenkläger sich eine Beleuchtung der Hintergründe erhoffen. Es gehe darum, zu klären, wie sich der Täter so radikalisieren konnte, sagte Juri Goldstein, Anwalt von Besuchern der Jüdischen Gemeinde in Halle. Es gehe um die Frage: Wie konnte jemand so viel Hass entwickeln «auf die Menschen, die er gar nicht kennt». Die grösste Herausforderung sei der Prozess selbst, so der Anwalt. «Sie müssen bedenken, es ist eine der grössten und schwerwiegendsten antisemitisch motivierten Straftaten, die wir in den vergangenen Jahrzehnten hatten. Das ist Aufgabe genug.»
Das Gerichtsverfahren gilt als eines der grössten und bedeutendsten in der Geschichte Sachsen-Anhalts. Für das Verfahren sind zunächst 18 Verhandlungstage bis Mitte Oktober angesetzt. Im Falle einer Verurteilung droht dem Mann eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschliessender Sicherheitsverwahrung.
Der Prozess findet unter hohen Sicherheitsauflagen statt – und konnte auch deshalb erst mit zweistündiger Verspätung beginnen. Jeder, der das Gerichtsgebäude betrat, musste einer Sicherheitskontrolle unterzogen werden. (sda/dpa)
Und darf man fragen, wovon er gelebt hat? Ich will jetzt nicht spekulieren...
Einige sehr (vom Steuergeld) über bezahlte Politiker in der Schweiz machen genau das selbe. Es gibt genügend Beispiele... Die Namen dürfen natürlich nicht genannt werden...