Ob du bestanden hast oder nicht, entscheidet eine Prüfungskommission. Diese ist eine Verwaltungsbehörde, welche sich an die verfassungsrechtlich verankerten Verfahrensgarantien halten muss. Sie darf dich weder offensichtlich falsch bewerten noch die eigenen Verfahrensvorschriften ignorieren. Vor Gericht hast du allerdings praktisch nur dann Chancen, wenn du einen formellen Fehler nachweisen kannst. Auch hier gilt aber: Bestehen musst du die Prüfung selbst.
Fehler passieren nicht nur dem, der eine Prüfung schreibt, sondern auch der, die sie korrigiert. Bist du von deinem Prüfungsresultat sehr überrascht, kannst du Einsicht in die Prüfungsunterlagen oder in das Prüfungsprotokoll verlangen.
Dieses Recht ist Teil des verfassungsrechtlich garantierten rechtlichen Gehörs. Hat die Prüfungskommission die Punktzahl falsch zusammengerechnet oder dich mit einem anderen Kandidaten verwechselt, gibt es für dich vielleicht doch noch ein Happyend.
Komplizierter wird es, wenn du deine Leistung anders einschätzt als die Prüfungskommission. Zwar hast du auch hier das Recht, die Sache von einer unabhängigen Behörde überprüfen zu lassen. Diese greift aber nur ein, wenn die Prüfungskommission einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder offensichtlich unhaltbar entschieden hat. Vor Gericht wirst du die Prüfung nicht wiederholen können. So erinnert das Bundesgericht eine erfolglose Anwaltskandidatin daran, dass «die Würdigung der erbrachten Prüfungsleistungen (…) in erster Linie den fachkundigen Examinatoren» obliege.
In der Regel gar kein Musikgehör hat das Gericht, wenn dir eine einzelne Note nicht passt. Das musste ein «Kaufmann erweiterte Grundbildung» erfahren, der erfolglos gegen zwei Prüfungsresultate rekurrierte. Das Bundesgericht sah nicht, inwiefern die kritisierten Noten 5 und 5.8 seine Rechtsstellung beeinflussen sollten. Anders lag der Fall bei einer Juristin, die sich an ihrem Notenschnitt von 5.43 störte. Dieser führte zu einem Prädikat «magna cum laude» und nicht zu dem höheren «summa cum laude». Das Prädikat habe zwar keine eigenständige rechtliche Bedeutung, aber doch eine gewisse Tragweite. Deswegen ist das Bundesgericht auf die Beschwerde eingetreten. Abgelehnt hat es sie gleichwohl.
Fühlst du dich ungerecht behandelt, weil die Prüfer bei dir strenger waren als bei deiner Kollegin, hast du rechtlich ebenfalls wenig Chancen: Einen Anspruch auf absolute Gleichbehandlung gibt es bei Prüfungen nicht.
Einen Lichtstreifen am Horizont gibt es jedoch, selbst wenn du die Prüfung total versiebt hast. Denn hat sich die Prüfungskommission nicht an die Verfahrensvorschriften gehalten, ist das Prüfungsresultat grundsätzlich ungültig. Davon profitierte eine Podologin in spe, welche zwei Mal durch die praktische Schlussprüfung gefallen ist: Anstatt der im Prüfungsreglement vorgeschriebenen mindestens drei hatten nur zwei Personen ihren Rekurs beurteilt. Das Bundesgericht hat ihre Beschwerde gutgeheissen. Ob sie nun Podologin wurde oder nicht, steht hingegen auf einem anderen Blatt. Das Bundesgericht schrieb der Prüfungskommission lediglich vor, den Fall neu zu beurteilen.
Ebenso erfolgreich in ihrem Kampf gegen ein Prüfungsresultat war eine Tessiner Studentin an der ETH. Sie durfte für ihre Repetitionsprüfung in physikalischer Chemie kein Wörterbuch benutzen, was das verfassungsrechtlich garantierte Rechtsgleichheitsverbot verletzt. Das Bundesgericht wies die ETH deswegen an, die Studentin erneut zur Prüfung zuzulassen.
Anders als die physikalische Chemie ist allerdings das Rekurswesen keine exakte Wissenschaft. Einem meiner Schulkollegen im Gymi wurde Betrug unterstellt, weil er «diese brillante Maturaarbeit unmöglich selber geschrieben haben könne». Der grundehrliche Maturand ging auf die Barrikaden, der verantwortliche Lehrer krebste zurück. Und bewertete die Arbeit mit einer 5.5. Für eine 6 war die Arbeit dann doch nicht brillant genug.
Eine Mitschülerin hat sich damals eine Lehrstelle erklagt. Ist bestimmt bei Lehrantritt nett empfangen worden.