Digital
Apple

Seit Jahren wird über ein Apple-Auto spekuliert – jetzt wird es ernst

FILE - In this April 30, 2015 file photo, Apple CEO Tim Cook responds to a question during a news conference at IBM Watson headquarters, in New York. Cook avoided commenting on reports that Apple may  ...
Apple-Chef Tim Cook hegt seit Jahren Auto-Pläne.Bild: AP/AP

Jahrelang war das Apple-Auto ein Phantom – jetzt überschlagen sich die Gerüchte

Das Apple-Auto bleibt ein Phantom, aber nun brodelt die Gerüchteküche wie nie zuvor: Apple wolle Milliarden in den Autobauer Kia investieren, um die Produktion eigener Elektro-Fahrzeuge vorzubereiten.
05.02.2021, 15:5205.02.2021, 16:04
Mehr «Digital»

Seit Jahren wird von einem Apple-Auto gemunkelt – doch jetzt häufen sich Berichte, die immer konkreter werden. Eine südkoreanische Zeitung schrieb, Apple wolle demnächst Milliarden in den Autobauer Kia investieren, um in dessen Werk im US-Bundesstaat Georgia die Produktion seiner Elektro-Fahrzeuge zum Jahr 2024 vorzubereiten. Das «Wall Street Journal» berichtete, im ersten Jahr sollten dort bis zu 100'000 Wagen gebaut werden. Der US-Sender CNBC legte mit der Information nach, die Apple-Autos sollen komplett autonom fahren.

Schon in den vergangenen Wochen verdichteten sich Hinweise, dass der iPhone-Konzern nach Südkorea schaut. Die Kia-Schwesterfirma Hyundai bestätigte dem Finanzdienst Bloomberg Verhandlungen mit Apple – nur um wenig später lediglich vom «Interesse diverser Unternehmen» zu sprechen.

Der in Apples Zuliefererkette bestens vernetzte Analyst Ming-chi Kuo schrieb, Hyundais neue Elektroauto-Plattform E-GMP solle als Basis für das Fahrzeug des Elektronik-Riesen dienen. Hyundai stellt bei E-GMP eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern in Aussicht – und verspricht, mit einer Schnellladefunktion 80 Prozent der Batteriekapazität binnen 18 Minuten auffüllen zu können.

CNBC schränkte zugleich ein, dass der Produktionsstart auch später als 2024 kommen könnte, die Verhandlungen mit Hyundai-Kia noch nicht abgeschlossen seien – und stattdessen oder zusätzlich auch andere Hersteller eingebunden werden könnten. Laut der Zeitung «Nikkei» gibt es auch Gespräche mit japanischen Autofirmen. So oder anders – es sind die bisher ausführlichsten Hinweise auf die Apple-Pläne.

iCar bestenfalls in der Apple-Garage

Zwischenzeitlich schien es schon, als würde ein «iCar» ein Phantom bleiben. Apple-Chef Tim Cook soll 2014 grünes Licht für die Entwicklung eines Elektroautos gegeben haben. Zulieferer bekamen bereits Prototypen zu sehen – doch dann schaltete Apple einen Gang runter und fokussierte sich zunächst auf die Entwicklung von Software zum autonomen Fahren.

Das einzige unwiderlegbare Zeugnis von Apples Auto-Ambitionen waren bisher die zu Roboterwagen umgebauten SUV der Toyota-Luxusmarke Lexus, die mit Sensoren gespickt im Silicon Valley unterwegs sind. Mehr als 50 davon sind bei der kalifornischen Verkehrsbehörde registriert.

In den vergangenen Jahren tauchten immer mal wieder heisse Gerüchte auf. So hiess es, Apple wolle den britischen Sportwagenbauer McLaren kaufen. Immer wieder wurde der Auftragsfertiger Magna als wahrscheinlicher Produktionspartner gehandelt. Apple holte sich Experten vom Elektroauto-Pionier Tesla und etablierten Herstellern.

Interne Querelen über die Strategie

Doch die Jahre gingen ins Land ohne ein Auto vom iPhone-Konzern. 2016 habe Apple seine Auto-Sparte «drastisch reduziert», schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg damals. Hunderte Mitarbeiter des Auto-Teams, das rund 1000 Angestellte umfasste, «haben in den letzten Monaten ihren Job verloren, wurden in andere Abteilungen versetzt oder haben selbst gekündigt», schrieb der bekannte Apple-Insider Mark Gurman im Oktober 2016. Die «New York Times» berichtete, dass Apple Dutzende Mitarbeiter des Projekts auf die Strasse gestellt habe. Querelen über die Strategie, mehrere Führungswechsel sowie Problemen mit Zulieferfirmen sollen das Projekt jahrelang verzögert haben. Nun scheint es, dass Apple endgültig davon abgerückt ist, ohne Partner einen Tesla-Rivalen bauen zu wollen und sich auf die Software konzentriert.

Unterdessen wurde Sony zum ersten Elektronik-Konzern, der Anfang 2019 einen eigenen Autoprototypen vorstellte, entwickelt zusammen mit Magna. Zu einer Serienproduktion sagt Sony immer noch nichts – aber jüngste Weiterentwicklungen und fortlaufende Strassentests zeigen, dass die Japaner es ernst meinen.

Auto als fahrendes Smartphone

Zugleich ändert sich die gesamte Industrie. Die Hersteller riefen die Ära des «von Software definierten Autos» aus. Die Grundidee: Ein Fahrzeug kann durch Software-Updates immer weiter verbessert und mit neuen Funktionen weiterentwickelt werden. Tesla macht es bereits mit seinen System-Aktualisierungen vor, der Rest der Branche schwenkt auf den Kurs ein. VW etwa entwickelt wie Tesla sein eigenes Auto-Betriebssystem, das in allen Marken der VW-Gruppe (Audi, Skoda, Seat etc.) zum Einsatz kommen soll.

Und schon seit Jahren sehen Branchenexperten einen grundlegenden Konflikt zwischen Autoherstellern und Tech-Konzernen wie Apple und Google – einen Wettstreit um die Schnittstelle zum Menschen im Auto. Die Leute wollen im Auto ihre vom Smartphone gewohnten Apps und Dienste nutzen.

Die Strategie der Hersteller ist, den Fahrzeuginsassen eine eigene Welt anzubieten, von der Steuerung der Infotainment-Anlage bis hin zur Auswahl von Apps und anderen Diensten. Sie konkurrieren damit mit Systemen wie Apples Carplay oder Googles Android Auto, die es Nutzern erlauben, Apps von ihrem iPhone oder Android-Telefon auf den grossen Bildschirm im Cockpit zu bringen.

Es geht um viel Geld

Im Auto der Zukunft geht es bei der Kontrolle über die Interaktion mit den Insassen nicht um Prestige, sondern um Geld. «Der Zugang zum Kunden wird bestimmen, wer die Service-Umsätze macht. Und das wird in zehn Jahren ein Viertel der Erlöse der Industrie sein», sagt Branchenexperte Axel Schmidt von der Unternehmensberatung Accenture. Auto-Hersteller wie Tesla, VW oder BMW stecken daher Milliarden in die Entwicklung eigener Autopilot-Systeme, die künftig als Abo-Dienste Geld in die Kassen spülen sollen. Ob die Software im Auto von Apple und Google (Waymo) oder Autobauern wie Tesla und VW kommt, teuer wird es für die Kunden so oder so.

Klar ist, im Hintergrund werden auch die grossen Cloud-Anbieter Amazon und Microsoft profitieren. Das Auto der Zukunft ist vernetzt und ruft seine Infos aus der Cloud ab.

Die Morgan-Stanley-Analystin Katy Huberty gibt zugleich zu bedenken, dass Apple lediglich zwei Prozent des globalen Mobilitätsmarktes erobern müsste, um mit seinem Auto das Volumen des heutigen iPhone-Geschäfts zu erreichen.

Und Apple sei traditionell gut darin, einen Markt durch seinen Eintritt zu vergrössern. «Eine solche Entwicklung könnte nach unserer Ansicht den Markt für Elektrofahrzeuge erheblich ausweiten», hiess es jüngst in einer Analyse der Investmentbank.

(oli/sda/awp/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Nobe – das süsseste Elektroauto der Welt
1 / 10
Nobe – das süsseste Elektroauto der Welt
quelle: mynobe.com / mynobe.com
Auf Facebook teilenAuf X teilen
SBB und Mobility kooperieren bei E-Autos
Das könnte dich auch noch interessieren:
70 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Mzunge
05.02.2021 16:33registriert August 2020
Das Ladekabel ist dann vermutlich nicht dabei und Inkompatibel zu allen anderen Tankstellen und Ladekabeln. Schliesslich ist das von Apple dann "Magic" und hat MagSafe, dann muss man das Kabel nicht mehr einstecken! Und natürlich lässt es sich nur mit einem iPhone starten, mit iOS 15 oder neuer. Nach 5 Jahren muss man sich dann ein neues Kaufen, weil es inkompatibel ist zur neusten iOS Version sowie weil Apple nach 5 Jahren die Leistung via CarOS auf 20% drosselt. Magic.
39886
Melden
Zum Kommentar
avatar
Kyle C.
05.02.2021 17:06registriert Oktober 2014
Bleibt zu hoffen, dass da nicht der Chefdesigner vom MacPro mitgemischt hat, sonst muss man sich die Reifen noch teuer dazukaufen... ;)
18117
Melden
Zum Kommentar
avatar
sweeneytodd
05.02.2021 16:04registriert September 2018
Die Frage ist, ob Apple mit 100'000 Stück sich nicht ein bisschen übernimmt. Ein Smartphone ist dann doch etwas anderes als ein Auto, und die Kundschaft ist diesbezüglich auch wieder anders. Kommt noch die Frage, wäre das Auto mit Android koppelbar oder wird man wieder einen Ego-Trip ala Lightnig-Port. Die Idee ist sicher toll aber die Konkurrenz wird in diesem Segment (GM/VW/Tesla) deutlich anders sein als auf dem Smartphone Markt. Auf jedenfall bin ich gespannt wie sich diese Gerüchte weiterentwickeln 👌
8320
Melden
Zum Kommentar
70
Darum klopft der Datenschützer des Bundes Digitec Galaxus auf die Finger

Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte (Edöb) kritisiert den grössten Schweizer Online-Händler Digitec Galaxus wegen dessen Umgang mit Kundendaten. Unter anderem verletzte das Unternehmen mit dem Zwang, ein Kundenkonto anzulegen, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.

Zur Story