Vor vier Jahren wird Darek Fidyka Opfer einer Messerattacke. Von diesem Zeitpunkt an ist der Pole von der Brust an abwärts gelähmt. Doch nun haben britische Forscher eine Operation durchgeführt, die das Leben von Fidyka grundlegend verändern wird: Die Wissenschaftler haben dem 40-Jährigen Nervenzellen aus der Nase in das verletzte Rückgrat eingesetzt. Nun kann der Mann wieder laufen. Die Ergebnisse der Behandlung veröffentlichte das Fachmagazin Cell Transplantation.
Wie der britische Sender BBC berichtet, nennt einer der beteiligten Forscher diesen Erfolg «beeindruckender als einen Mann, der auf dem Mond spaziert». Fidyka selbst ist ebenfalls überwältigt. Mit einer gewissen Unterstützung wieder laufen zu können, sei ein unglaubliches Gefühl. «Wenn du nur die Hälfte deines Körpers spürst, bist du hilflos. Aber wenn das Gefühl dann wiederkommt, fühlt es sich an, als würdest du wiedergeboren», so der Patient zur BBC.
Bei der Operation wurden bestimmte Stützzellen des Geruchssinns (olfaktorische Hüllzellen) genau an die Stelle verpflanzt, an der das Rückenmark verletzt war. Die Forscher gehen davon aus, dass sich durch die so entstandene «Brücke» die Fasern regenerieren und wieder zusammenwachsen konnten. «Ich glaube, das ist der Augenblick, in dem eine Lähmung rückgängig gemacht werden kann», so Geoff Raisman vom Neurologie-Institut des University College London.
Die Methode hatte Raisman mit seinem Team entwickelt, nun hat sie den Angaben zufolge erstmals ausserhalb des Labors bei einem Menschen Erfolg gehabt. Entscheidend sei, dass die Nervenfasern in der Nase das ganze Leben lang wachsen und sich regenerieren könnten, sagte Raisman.
Die Bedingungen seien bei diesem Patienten besonders gut gewesen, da der Schnitt glatt und der Spalt nur acht Millimeter breit gewesen sei. Er glaube, dass diese Methode letztlich die Prognose für Menschen mit Behinderung durch Rückenmarksverletzungen auf historische Art bessern könne.
An Tieren war die Methode schon erprobt worden. Robin Franklin, der sie an der Universität Cambridge an Dackeln getestet hat, bezeichnete die Ergebnisse des Fachartikels gegenüber der «Times» als «ziemlich spektakulär» und ermutigend.
Allerdings wisse man erst, wie gut sie wirklich funktioniere, wenn es weitere Studien dazu gebe. Simone Di Giovanni vom Imperial College London kritisierte, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis gebe, dass die verpflanzten Zellen für die Fortschritte des Patienten verantwortlich seien.
Die Regeneration von verletztem Rückenmark galt viele Jahre lang als unmöglich. Die Forscher planen nun klinische Versuche mit zehn weiteren Patienten. (viw/sda/dpa)