OSZE kritisiert Haltung der Türkei zu Manipulationsvorwürfen

OSZE kritisiert Haltung der Türkei zu Manipulationsvorwürfen

19.04.2017, 05:28

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisiert die fehlende Bereitschaft der türkischen Regierung zur Klärung von Manipulationsvorwürfen beim Verfassungsreferendum.

«Von einer Kooperation kann leider keine Rede sein», sagte Michael Georg Link, Direktor des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte, deutschen Medien. Das von Erdogan angestrebte Präsidialsystem hatte nach vorläufigen Ergebnissen der Volksabstimmung vom Sonntag mit 51.4 Prozent nur eine knappe Zustimmung erhalten. Die Opposition kritisiert vor allem die Entscheidung der Wahlkommission, auch nicht von ihr gestempelte und verifizierte Stimmzettel als gültig zu werten.

Ankara reagiert verschnupft

«Fest steht, dass die kurzfristige Entscheidung der Wahlkommission, falsch oder gar nicht gestempelte Wahlzettel als gültig zu werten, ein Verstoss gegen türkisches Recht darstellt», sagte Link dazu. Der oberste Wahlbeobachter der OSZE wies Anschuldigungen aus Ankara zurück, Vertreter seiner Behörde seien bei der Beobachtung der Abstimmung voreingenommen gewesen.

Der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn sprach sich für ein selbstbewusstes Auftreten der EU gegenüber Erdogan aus. «Ein Beitritt der Türkei zur EU ist mit der neuen Verfassung und diesem Autokraten nicht möglich», sagte Asselborn der «Süddeutschen Zeitung». Allerdings liege der Erweiterungsprozess derzeit ohnehin faktisch auf Eis. Der Moment, ihn offiziell auszusetzen oder zu beenden, sei aber noch nicht gekommen.

Deutschland will Dialog fortsetzen

Der deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel bot der Regierung in Ankara aber erneut Gespräche über die weitere Zusammenarbeit an. «Unsere Hoffnung ist, dass wir nach diesem schwierigen Wahlkampf und nach den grossen Auseinandersetzungen auch neue Gesprächskanäle zur Türkei eröffnen können», sagte er bei einem Besuch im Golfemirat Kuwait.

In mehreren Städten der Türkei protestierten am Dienstagabend erneut Tausende gegen den Ausgang des Referendums. Die Demonstranten versammelten sich unter anderem in der Metropole Istanbul, der Hauptstadt Ankara, dem westtürkischen Izmir und dem zentraltürkischen Eskisehir. Im Istanbuler Stadtteil Besiktas skandierten die Demonstranten unter anderem «Dieb, Mörder, Erdogan», berichtete die Nachrichtenagentur dpa.

Das mit dem Referendum angenommene neue Präsidialsystem verleiht dem Staatsoberhaupt deutlich mehr Macht, die Umsetzung erfolgt allerdings schrittweise. Vorerst bleiben der Ministerpräsident und die Regierung im Amt. Erst nach Wahlen, die für November 2019 geplant sind, wird der Präsident sowohl Staats- als auch Regierungschef. Die Opposition befürchtet eine Ein-Mann-Herrschaft. (sda/dpa)

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