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Warum Trainer Felix Hollenstein nicht das Problem ist – und trotzdem zittern muss

Felix Hollenstein: Nicht ganz die kompletten 80 Jahre bei Kloten dabei und trotzdem ein Urklotener.
Felix Hollenstein: Nicht ganz die kompletten 80 Jahre bei Kloten dabei und trotzdem ein Urklotener.Bild: KEYSTONE
Vorsicht vor gewissen Kabinenpredigten 

Warum Trainer Felix Hollenstein nicht das Problem ist – und trotzdem zittern muss

Nach dem 1:5 gegen den SC Bern müssen wir uns mit der Frage befassen: Haben die Kloten Flyers bald keinen Trainer mehr?
13.12.2014, 08:3913.12.2014, 13:29
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Damit kein Missverständnis aufkommt: Felix Hollenstein ist nach wie vor Trainer von den Kloten Flyers. Ich fordere hiermit auch nicht seine Absetzung. Da sei Gott davor! Vielmehr verneige ich mich so tief ich es vermag vor einer der grössten Persönlichkeiten unseres Hockeys. 

Warum also diese Frage? Mike Gillis, einst in Vancouver der kreativste und intelligenteste General Manager der NHL, hat einmal wörtlich gesagt: «The minute I'm making speeches in the dressing room is the minute I don‘t have a coach.» Eine der grossen Hockeyweisheiten in einem Satz: Wenn der Manager oder Präsident in der Kabine Ansprachen halten muss, dann ist der Coach Geschichte.  

Kabinenpredigten von Managern

Niemand weiss das bei uns besser als SCB-General Marc Lüthi. Er versuchte mit Kabinenpredigten Trainer Antti Törmänen zu retten. Die ersten Worte von Marc Lüthi in der Kabine waren der Anfang vom Ende von dieser finnischen Trainerkarriere. Nur wenn alle Macht in den Händen vom Trainer liegt wie in Davos und Genf, dann gibt es diese Gefahr nicht. Weil es nur eine Autorität im Unternehmen gibt – den Trainer. Deshalb die biblischen Amtszeiten von Arno Del Curto (19. Saison) und Chris McSorley (14. Saison). 

Wenn Marc Lüthi in die Kabine des SCB kommen muss, wird's ungemütlich. 
Wenn Marc Lüthi in die Kabine des SCB kommen muss, wird's ungemütlich. Bild: EPA/KEYSTONE

Es geht nicht nur um Kabinenpredigten. Es geht auch um jeden sportlichen Entscheid, der vom Management über den Kopf vom Trainer hinweg gefällt wird. Solche Entscheide sind toxisch. Sie destabilisieren die Position vom Trainer. Ein Coach muss dazu in der Lage sein die Mannschaft selber zu führen und selber die Probleme zu lösen. 

Wenn er dazu Hilfe von höherer Ebene braucht oder seine Vorgesetzten das Gefühl haben dem Trainer müsse mit direkter Einmischung ins Tagesgeschäft oder einer offiziellen Vertrauenserklärung geholfen werden – dann ist die Frage nicht mehr ob, sondern nur noch wann der Trainer scheitert. In Davos und Genf gibt es keinen Menschen, der dem Trainer dreinreden kann. 

Mit dem 5:1-Sieg über Davos haben die Kloten Flyers am letzten Sonntag einmal mehr bewiesen, dass sie sehr wohl die Taktik und das Talent und die Erfahrung haben um in der Spitzengruppe von der Liga zu spielen. Aber vorher hatten sie in Fribourg 1:4 und in Zürich 0:2 verloren. Und soeben mussten sie gegen den SCB das Eis als 1:5-Verlierer verlassen. Der Glanz von sonntäglichen Festspielen gegen den HC Davos ist schon wieder verblasst. 

Solche Leistungsschwankungen gehören zum Eishockey. Kein Team kann über die ganze Qualifikation hinweg seine Form halten. Das ist in allen Ligen auf der Welt so. Aber bei Kloten sind die Leistungsschwankungen gemessen am Potenzial vom Team viel zu hoch und die Krise zu Saisonbeginn ist uns noch in frischer Erinnerung. Und zu viele Spieler leisten sich in zu vielen Partien mittelmässige Leistungen. 

Warum ist das so? 

Die nach wie vor enttäuschende Performance von Kloten hat mit dem Trainer zu tun. Oder besser: mit der Autorität vom Trainer. Ende November ist Micki Dupont, einer von den wichtigsten Spielern, nach einem 0:3 gegen Ambrì intern gesperrt worden. Offiziell hiess es, man wolle ein Zeichen setzen. Tatsächlich reagierte die Mannschaft mit einem 4:1-Sieg in Genf. Inzwischen spielt der kanadische Verteidiger wieder. Beim 1:5 gegen den SCB mit einer statistischen Brille (0 Tore/0 Assists) und einer Minus-2-Bilanz. 

Micki Dupont hat viel von seiner Gefährlichkeit eingebüsst. Seine Suspendierung kam trotzdem nicht vom Trainer.
Micki Dupont hat viel von seiner Gefährlichkeit eingebüsst. Seine Suspendierung kam trotzdem nicht vom Trainer.Bild: KEYSTONE

Was auf den ersten Blick auf die Reaktion gegen Servette wie eine geglückte Massnahme scheint, ist auf den zweiten Blick gefährlich für Trainer Felix Hollenstein. Denn nicht er hat diese vorübergehende Suspendierung angeordnet. Es wurde offiziell zugegeben, der Entscheid sei von der «Ebene Management und Verwaltungsrat» gekommen. Damit sind wir wieder bei der Hockeyweisheit von Mike Gillis. Wer dem Trainer von oben dreinredet, gefährdet seine Position. Deshalb können wir in letzter Konsequenz die Frage stellen: Haben die Kloten Flyers bald keinen Trainer mehr?  

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Wie lange hält der Geduldsfaden von Kloten-Flyers-Boss Philippe Gaydoul? 
Wie lange hält der Geduldsfaden von Kloten-Flyers-Boss Philippe Gaydoul? Bild: KEYSTONE

Hockeyspieler sind willige, aber eben sehr oft auch egoistische und sensible Alphatiere, die von einem Coach Tag für Tag zu einem Team zusammengeschweisst werden müssen. Sie merken in allen Ligen auf der Welt sofort, wenn das Fell von ihrem Bandenleitwolf nicht mehr schön gebürstet und gekämmt ist. Der Leitwolf kann sich nicht das geringste Schwächezeichen erlauben.

Wir sehen daraus: Kloten hat nicht ein sportliches Problem. Und auch keinen Problemtrainer. Aber ein Führungsproblem. Wer wagt es, dies dem Präsidenten und Besitzer zu sagen?  

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