Der Ständerat berät am Montagnachmittag über den automatischen Informationsaustausch mit der EU und Australien. Das Ende des Bankgeheimnisses für ausländische Kundinnen und Kunden stösst nur noch auf geringen Widerstand.
Die Wirtschaftskommission des Ständerates hat sich ohne Gegenstimme bei 2 Enthaltungen für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA) mit der EU ausgesprochen. Den Austausch mit Australien hiess sie oppositionslos gut. In der Vernehmlassung hatte sich einzig die SVP gegen den AIA gestellt.
Vor wenigen Jahren noch hatte der internationale Druck auf die Schweiz im Kampf gegen Steuerhinterziehung heftige Kontroversen ausgelöst. Inzwischen hat sich die Aufregung gelegt. Im Dezember stimmte das Parlament den rechtlichen Grundlagen für den AIA zu.
Austausch frühestens 2017
In einem nächsten Schritt kann es nun über Abkommen mit einzelnen Ländern entscheiden. Das erste Land, mit dem die Schweiz ein Abkommen unterzeichnete, war Australien. Es folgte das Abkommen mit der EU, das im Mai 2015 unterzeichnet wurde. In Kraft treten soll es am 1. Januar 2017 - unter dem Vorbehalt, dass die Genehmigungsprozesse in der Schweiz und in der EU bis dahin abgeschlossen sind.
Die Einführung des AIA-Standards mit der EU sei eingebettet in eine Strategie, die auf einen wettbewerbsfähigen, stabilen und integren Finanzplatz mit international akzeptierten Rahmenbedingungen abziele, schreibt der Bundesrat in seiner Botschaft ans Parlament. Die EU hatte in den Verhandlungen in einzelnen Punkten über den AIA-Standard der OECD hinausgehen wollen. Am Ende wurde aber dieser Standard ohne Abweichungen übernommen.
Regeln zur Quellensteuerbefreiung
Technisch gesehen liegt dem Ständerat ein Protokoll zur Änderung des Zinsbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und der EU vor. Neben dem automatischen Informationsaustausch und dem Austausch auf Anfrage umfasst die Vorlage Bestimmungen zur Quellensteuerbefreiung von grenzüberschreitenden Zahlungen zwischen verbunden Unternehmen. Von der Quellensteuer befreit sind Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren.
Die Bestimmungen wurden unverändert aus dem bestehenden Zinsbesteuerungsabkommen übernommen. Damit werden Schweizer Gesellschaften, die Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren von anderen Konzerngesellschaften aus einem EU-Mitgliedstaat erzielen, vergleichbare steuerliche Vorteile gewährt wie Gesellschaften, die in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sind.
Mehrere Rechtsgrundlagen
Die Einführung des AIA mit den EU-Mitgliedstaaten erfolgt gestützt auf das AIA-Abkommen mit der EU. Die EU-Mitgliedstaaten verfügen damit künftig über mehrere Rechtsgrundlagen, um von der Schweiz Informationen zu verlangen. Sie können sich auf das Abkommen mit der EU, das Amtshilfeübereinkommen oder allenfalls auf ein Doppelbesteuerungsabkommen berufen.
Das AIA-Abkommen mit der EU regelt, welche Informationen jährlich zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz auszutauschen sind. Meldepflichtig sind nicht nur Banken, sondern auch Investmentunternehmen und bestimmte Versicherungsgesellschaften. Gemeldet werden Informationen zur Identität der Person und zum Konto, inklusive Saldo und Zinsen.
Ohne «Gegenleistung»
Vor den Verhandlungen über den AIA wurde im Parlament die Forderung laut, die Schweiz müsse auf eine Gegenleistung pochen: die Wahrung und Verbesserung des Marktzutritts für Schweizer Banken im EU-Raum. Der Bundesrat schreibt, er habe das Anliegen eingebracht.
Die Verhandlungspartner auf EU-Ebene und auch die einzelnen EU-Mitgliedstaaten hätten aber durchwegs «verhalten bis negativ» auf eine formelle Verbindung der beiden Dossiers reagiert, da sie den AIA als globalen, verbindlichen Standard betrachtet hätten.
Mit der Europäischen Kommission wurden zwar exploratorische Gespräche über die Möglichkeit eines sektoriellen Finanzdienstleistungsabkommens aufgenommen. Die EU macht eine Weiterführung der Gespräche aber von der Entwicklung der Gesamtbeziehungen zur Schweiz abhängig, namentlich in Sachen Personenfreizügigkeit und institutionelle Fragen. (sda)