Die Empfangsgebühr für Radio und Fernsehen soll pro Jahr und Haushalt von zurzeit 335 auf 300 Franken ab 2029 sinken. Auch sollen weniger Unternehmen als heute die Abgabe schulden. Diese Vorschläge hat der Bundesrat am Mittwoch in eine Vernehmlassung gegeben.
Bundesrat Rösti sagte vor den Medien: «Der Bundesrat sieht einen gewissen Handlungsbedarf.» Dies sei ein «klarer Sparauftrag», die SRG müsse sich transformieren und sich stärker auf audio- und audiovisuelle Inhalte konzentrieren.
Der Bundesrat will dafür die Radio- und Fernsehverordnung anpassen, nicht zuletzt, um die Volksinitiative «200 Franken sind genug (SRG-Initiative)» zu kontern. Diese empfiehlt er zur Ablehnung. Sie hätte weitreichende Auswirkungen auf das publizistische Angebot und die regionale Verankerung der SRG, schreibt er in einer Mitteilung.
Der Bundesrat will der Initiative keine Änderung der Verfassung oder eines Gesetzes entgegenstellen – über solche Gegenvorschläge hätte das Parlament und allenfalls auch das Volk zu befinden. Er bevorzugt einen Gegenvorschlag in seinem Zuständigkeitsbereich; er will die Höhe der Radio- und Fernsehgebühr weiterhin selbst festlegen.
Mit einer tieferen Radio- und Fernsehabgabe will die Regierung die Haushalte entlasten. Die Abgabe soll von zurzeit 335 Franken pro Haushalt und Jahr in zwei Etappen gesenkt werden und ab 2029 300 Franken betragen.
Eine Reduktion der Serafe-Gebühr auf 300 Franken hätte auch für die Angestellten gravierende Folgen. Gemäss Schätzung, würden mehrere Hundert Personen ihre Stelle verlieren, so Rösti.
Entlasten will der Bundesrat auch Unternehmen. Betriebe mit einem mehrwertsteuerpflichtigen Jahresumsatz von bis zu 1,2 Millionen Franken sollen künftig keine Abgabe mehr schulden. Zurzeit liegt diese Befreiungsgrenze bei 500'000 Franken. Die Vernehmlassung zur geänderten Radio- und Fernsehverordnung dauert bis zum 1. Februar 2024.
Für den Co-Präsidenten des Initiativ-Komitees «200 Franken sind genug», Hans-Ulrich Bigler, ist der bundesrätliche Vorschlag zur Senkung der SRG-Gebühren lediglich «ein Kuhhandel, um Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu gewinnen». Ausserdem sei der Umsatz für die Befreiung von der Steuer für die KMU viel zu tief angelegt.
Denn auch bei einer Grenze von 1,2 Millionen Franken müssten viele kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) nach wie vor doppelt Steuern bezahlen, privat und für die Firma, sagte der frühere Gewerbeverbandsdirektor am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er finde deswegen, dass die Initiative trotz der Vorschläge des Bundesrates vors Volk gebracht werden müsse.
Denn 200 Franken seien genug. Die SRG müsse ihren Kernauftrag erfüllen und der müsse politisch definiert werden und nicht vom Unternehmen selber. Ausserdem seien die Einnahmen der SRG durch das Bevölkerungswachstum in den letzten Jahren stetig gestiegen.
Die Allianz pro Medienvielfalt hat kein Verständnis für die Absicht des Bundesrates, die Haushaltsabgabe für die SRG zu senken. Angesichts der «dramatischen Entwicklung auf dem Medienplatz» sei es umso wichtiger, den Service public zu stärken.
Dass der Bundesrat die SRG-Halbierungsinitiative ablehne, hätten sie «erfreut» zur Kenntnis genommen, teilte die Allianz, die sich bereits vor rund zwei Jahren gegen zum Kampf gegen die Initiative zusammen geschlossen hatte, am Mittwoch mit. Hingegen sei es «kurzsichtig, das öffentliche Medienhaus in einer Zeit, die von Desinformation und Fake-News geprägt ist, substanziell zu schwächen», wird Co-Präsident und alt Ständerat Joachim Eder (FDP/ZG) in der Mitteilung zitiert.
Die Allianz betonte, wie schlecht es finanziell um die privaten Medien stehe. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an den erst am Mittwoch angekündigten Abbau bei CH Media von 150 Stellen. Auch Tamedia baue 48 Stellen ab. Und während der Konzern dem Journalismus immer mehr Mittel entziehe, habe er seit dem Börsengang im Jahr 2000 rund 1000 Millionen Franken an Dividenden ausgeschüttet.
Die Mediengewerkschaften SSM und syndicom haben den Vorschlag des Bundesrates zur Senkung der SRG-Gebühren als «willkürlich» kritisiert. Dieser treffe nicht nur die SRG sondern auch die privaten Medienunternehmen und gefährde die Qualität des Service public «akut».
Denn betroffen von den Kürzungen in der Höhe von 150 bis 200 Millionen Franken wären nicht nur die SRG sondern auch das schweizerische Film- und Musikschaffen, die gesamte Kulturbranche sowie die konzessionierten privaten Radio- und Fernsehstationen mit Leistungsauftrag, teilten die Gewerkschaften am Mittwoch mit.
Medienminister Albert Rösti treibe mit dem Entscheid «die Erosion der Medienvielfalt und der Qualität in der Schweizer Medienlandschaft weiter voran». Gleichzeitig würde es damit zu einem «weiteren massiven Stellenabbau» und einer Schwächung des gesamten Medienplatzes Schweiz kommen.
Der Gegenvorschlag hätte damit die gleich Wirkung wie eine Annahme der Halbierungsinitiative, hiess es weiter. Er schwäche «grundlos und ohne Not den medialen Service public. Das ist Gift für unsere Demokratie», wird syndicom-Vizepräsidentin Stephanie Vonarburg in der Mitteilung zitiert.
Denn der Entscheid erhöhe die Gefahr, dass die Schweizer Bevölkerung «immer schlechter mit verlässlichem, kritischem und unabhängigem Journalismus versorgt» werde. Die Gewerkschaften wollten sich deshalb «mit aller Kraft» gegen diesen Abbau wehren.
Die SRG hat die vorgeschlagenen Massnahmen des Bundesrates «mit Sorge zur Kenntnis» genommen. Denn eine Kürzung des SRG-Budgets hätte unweigerlich Folgen auf das Programm und das Personal, so die SRG.
Nach Angaben der SRG vom Mittwoch würde die Senkung der Haushaltsabgaben von 335 auf 300 Franken zu Mindereinnahmen von rund 160 Millionen Franken führen. Mit der Erhöhung der Abgabeschwelle für Unternehmen auf 1,2 Millionen Franken würden die Einnahmen noch einmal um 10 Millionen Franken zurückgehen. Somit müsste die SRG pro Jahr mit 170 Millionen Franken weniger auskommen.
Die Konsequenzen davon wären «unvermeidbar», schreibt die SRG: Neben einem Stellenabbau hätten sie unweigerlich negative Konsequenzen auf das Programm, zum Beispiel in den Bereichen regionale Informationen, Sportproduktionen, Koproduktionen von Schweizer Filmen und Musikaufnahmen sowie populäre Grossveranstaltungen. Die SRG werde deshalb in der Vernehmlassung die Folgen der Massnahmen darlegen.
Gemäss Rösti arbeitet der Bundesrat nun eine Botschaft aus und überweist diese im Sommer 2024 dem Parlament. Über die Initiative wird voraussichtlich erst im Jahr 2026 abgestimmt.
Lieber Bundesrat, wie wäre es wenn man dort ansetzen würde wo es sich lohnt? 300.- im Monat als Krankenkasseprämie bröchte was und wäre ein Anfang.