Zuerst lösen wir den Begriff «Champions-League-Verschwörung» auf. Nach der Verschiebung der ersten Partien des europäischen Wettbewerbes verabreden die Sportchefs der fünf für die Champions League qualifizierten Teams (ZSC, Davos, Servette, Biel, Zug), in den zwei Wochen vor Meisterschaftsstart wenn möglich nur noch untereinander Testspiele zu absolvieren. Je besser der Gegner, desto besser die Vorbereitung. Ausländische Teams sind in Zeiten der Viruskrise ja kaum mehr zu bekommen.
Und tatsächlich, der Testpartien-Spielplan der letzten zwei Wochen vor Saisonstart ist auffällig: Der ZSC spielt gegen Zug, Servette und Davos. Biel tritt gegen Davos, Zug und Servette an. Davos testet gegen Biel, Servette und den ZSC. Servette bereitet sich gegen den ZSC, Davos, Biel und den SCB vor.
Die Besten der letzten Saison bleiben in der entscheidenden Vorbereitungsphase unter sich. Getreu dem Motto: «Play the best to be the best.» Zum Vergleich: Die Testspielgegner von Meister SC Bern heissen im gleichen Zeitraum: Ambri, Langnau, Lakers und Servette. Auf Anfrage bestätigt HCD-Sportdirektor Raeto Raffainer: «Ja, es stimmt. Nach der ersten Verschiebung der Champions-League-Partien haben wir uns zusammengesetzt und entschieden, die frei gewordenen Termine für Spiele untereinander zu nützen und nicht mehr gegen andere Gegner anzutreten.»
Diese Kuriosität der Saisonvorbereitung kann sich auswirken, wird aber wohl rasch vergessen sein. Was uns mehr interessiert: Wie wird Biel den Generationenwechsel verkraften? In den vier Jahren mit Torhüter-Titan Jonas Hiller sind die Bieler ein Spitzenteam geworden und haben zuletzt zweimal hintereinander den Halbfinal und die Champions League erreicht. Nun ist Jonas Hiller (38) zurückgetreten. Und kein Polemiker, wer sagt, Joren van Pottelberghe (23) werde seinen prominenten Vorgänger nicht ersetzen können.
Doch es kann auch ganz anders kommen. Nehmen wir an, ein neutraler ausländischer Beobachter, der nichts über Namen und die zwei letzten Jahre weiss, hat die letzten zwei Partien gegen die ZSC Lions (0:1) und Davos (4:0) beobachtet und wird gefragt, ob Biel ein Goalieproblem habe. Die Antwort wäre klar: Sicher nicht.
Joren van Pottelberghe war in diesen zwei Partien so gut, dass wir sagen dürfen: Er war besser als Jonas Hiller. Das mag auf den ersten Blick eine ungeheuerliche Behauptung sein. Aber der coole Blocker dominierte den Raum um das Tor herum, hatte den Puck immer im Blick, kontrollierte die Abpraller, war flink, aber nie hektisch und mit seiner NHL-Postur (191 cm / 85 kg) deckte er eine grosse Fläche ab. Er ist ein moderner Stilist und in dieser Beziehung anders als der Nonkonformist Jonas Hiller.
Ist Joren van Pottelberghe tatsächlich besser als Jonas Hiller? Noch nicht. Aber der letztjährige HCD-Goalie kann es im Laufe der Saison werden und das Talent des NHL-Drafts von 2015 (Nummer 110 / Detroit Red Wings) steht sowieso nicht zur Debatte. Aber er hat noch nicht das Charisma seines Vorgängers, der auch dann seine Mitspieler besser machte, wenn er nicht seinen besten Abend hatte. Weil jeder hundertprozentig davon überzeugt war, dass es der mehrfache Meistergoalie und ehemalige NHL-Titan auf jeden Fall richten wird. Dieses Charisma muss sich sein Nachfolger erst erarbeiten.
Joren van Pottelberghe besser als Jonas Hiller? Die Frage geht an Trainer Lars Leuenberger. Er lässt sich durch die provokative Frage nicht aufs Glatteis der Polemik locken. Aber er lobt seinen letzten Mann: «Joren hat tatsächlich hervorragend gespielt. Aber seine Vorderleute haben eben auch einen Superjob gemacht, gerade bei der Kontrolle der Abpraller.»
Es gibt noch eine interessante Frage: Ist Michael Hügli (24) besser als Damien Brunner (34), der teuerste Schweizer Stürmer der Bieler Hockey-Geschichte? Auch das eigentlich eine ungeheuerliche Frage. Damien Brunner war in Zug schon Liga-Topskorer (2011/12), hat sich in der NHL durchgesetzt (135 Spiele / 67 Punkte) und sich in 577 Partien in unserer höchsten Liga bewährt (479 Punkte). Michael Hügli ist mit 86 Einsätzen und 37 Punkten noch nicht einmal eine feste Grösse in der National League.
Und doch: Nehmen wir wieder an, ein neutraler ausländischer Beobachter, der nichts über Namen und die zwei letzten Jahre weiss, hat die letzten zwei Partien gegen die ZSC Lions (0:1) und Davos (4:0) beobachtet und wird gefragt, wer besser sei: Damien Brunner oder Michael Hügli? Es ist nicht ausgeschlossen, dass er sagen würde: Michael Hügli.
Tatsächlich war der ehemalige ZSC- und Zug-Junior in der Partie gegen Davos statistisch nicht besser. Beide erzielten je ein Tor und beide liessen sich je zwei Torschüsse notieren, Damien Brunner erzielte zusätzlich einen Assistpunkt und bekam mehr Eiszeit (18:49 Minuten gegen 13:48 Minuten).
Aber Michael Hügli wirkte bei seinen Einsätzen bissiger, direkter, auffälliger. Das Terrain der beiden Flügel sind die Aussenbahnen. Beide haben ähnliche Posturen und jenen «Torinstinkt», den man hat und nicht antrainieren kann. Damien Brunner ist schneller, das Tempo ist der Schlüssel seiner Torgefährlichkeit. Michael Hügli hat dafür die bessere Schusstechnik. Damien Brunner steht mit 34 im Spätherbst seiner Karriere und hat in Biel sein enormes Potenzial, auch verletzungsbedingt, noch nie über eine längere Zeitspanne umsetzen können. Michael Hügli steht erst am Anfang seiner Karriere und hat sein Potenzial, auch verletzungsbedingt, noch nicht ausgeschöpft.
Ist Michael Hügli besser? Die Frage überrascht Damien Brunner ein wenig, aber schnell hat er seine Schlagfertigkeit wiedergefunden. «Das ist eine provokative Frage. Aber die dürfen Sie stellen. Sie ist sogar berechtigt. Ich sehe bei ihm immer wieder mal Szenen, bei denen ich denke: Das könnte ich gewesen sein ...»
Joren van Pottelberghe, der nächste Jonas Hiller? Michael Hügli, der nächste Damien Brunner? Zwei interessante Fragen, auf die wir in der neuen Saison eine erste Antwort bekommen werden.
Biel hingegegen hat mit 6:4 gegen Zug verloren, wovon bei 5 Gegentoren eben dieser van Pottelberghe im Tor stand...
Er ist ein toller Torwart ohne Zweifel, nur sollte man schon alle CHL Testspiele berücksichtigen...
Gehe davon aus der Eismeister traute sich einfach nicht nach Zug, da war doch noch was mit Wettschulden... ;)