Russlands auflagenstärkste Boulevardzeitung «Komsomolskaja prawda» machte am Dienstag mit schwerem Kriegsgerät auf: Der neue Panzer «Armata» fahre durch das Zentrum von Moskau, jubelte das Millionenblatt. Nachrichten aus der Rüstungsbranche sind in Russland keine Randnotizen.
Präsentiert wurde ein neues 55-Tonnen-Ungetüm, genannt T-14 oder auch «Armata». Das russische Verteidigungsministerium stellte Fotos und ein kurzes Video des neuen Kampfpanzers ins Internet, am 9. Mai sollen ein Dutzend Exemplare durch die russische Hauptstadt zum Roten Platz fahren, als Höhepunkt der diesjährigen Militärparade am «Tag des Sieges» über Hitlerdeutschland.
Der T-14 ist eines der wichtigsten Prestigeprojekte der russischen Rüstungsbranche und die erste Neuentwicklung eines Panzers seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991. Das Fachblatt «Janes Defense Journal» spricht vom «grössten Wandel bei Russlands Kampffahrzeugen seit den 60er-Jahren». Das Staatsfernsehen schwärmt vom «geheimsten Projekt der russischen Waffenbranche». Der für Rüstung zuständige Vizepremier Dmitrij Rogosin verspricht einen «echten Durchbruch im Panzerbau. So einen Panzer hat niemand, weder die Amerikaner noch die Europäer».
Seit Wochen werden verwackelte Fotos in Blogs und sozialen Netzwerken gezeigt. Die meisten wurden aufgenommen auf dem Gelände des Herstellers, der Rüstungsschmiede Uralwagonsawod im Ural. Der T-14 fasziniert viele Russen, weil die Geburt einer neuen Panzergeneration selten ist. Bislang war der T-90 Russlands modernster Panzer. Er wird seit Ende der 80er-Jahre gebaut, der deutsche «Leopard 2» seit den 70ern, Amerikas «Abrams» seit 1980.
Mit dem T-14 will Moskau Stärke und Modernität zeigen: Der Panzer verfügt über eine 125-Millimeter-Glattrohrkanone, der Gefechtsturm wird per Funk gesteuert. Er ist wendiger als viele westliche Panzer und ist mit aller notwendigen Technik ausgestattet, um in Verbänden vernetzt zu operieren. Stichwort: Netzwerk-zentrierte Kriegführung.
Im kommenden Jahr soll die Massenproduktion anlaufen. 2300 Kampfpanzer soll das Werk im Ural bis 2020 bauen, 500 pro Jahr. Zum Vergleich: Der Bundeswehr stehen gegenwärtig insgesamt 225 «Leopard 2» zur Verfügung.
Mit dem T-14 sieht sich Russland im Wettkampf der Grossmächte gut gerüstet: Man könne natürlich wie die Amerikaner «solange man will gezielte Luftschläge durchführen. Früher oder später aber muss man eine Operation auf dem Boden beginnen», sagt Oleg Sijenko, Chef des Panzerbauers Uralwagonsawod.
Este año, en el desfile del #DíadelaVictoria, se presenta el nuevo T-14, sobre la plataforma Armata.
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— ПереTrad (@PereTrad) 20. April 2015
Der «Armata»-Panzer ist wichtigster Bestandteil eines ehrgeizigen Vorhabens: Bis 2020 plant der Kreml, den Anteil moderner Technik bei seinen Streitkräften von 10 Prozent auf 70 Prozent zu steigern. Für 19 Billionen Rubel will Präsident Putin neue Waffen anschaffen, umgerechnet 350 Milliarden Euro.
Insgesamt 11'000 neue Fahrzeuge will der Kreml in den kommenden Jahren in Dienst stellen. Die meisten sollen auf der Plattform des T-14 aufbauen: Die Rede ist von einem neuen Schützenpanzer und Artillerie-Geschützen, insgesamt zwölf neue Fahrzeugtypen.
Mit Blick auf die russischen Pläne fordert Hans Rühle, Ex-Chef des Planungsstabs im Bundesverteidigungsministerium, die deutschen «Leopard»-Panzer mit Uranmunition auszurüsten. Schon heute könnten konventionelle deutsche Geschosse die Panzerung russischer Panzer nicht durchschlagen. Das gelte umso mehr für den neuen T-14, sagt Rühle.
Ob Moskau aber seine ambitionierten Rüstungspläne wirklich zügig umsetzen kann, ist fraglich. Der Staatshaushalt steht unter Druck, der Ölpreis ist niedrig, die Wirtschaft lahmt. Die Panzerbauer von Uralwagonsawod beklagten zuletzt die «armseligen Summen, für die man nicht einmal einen Rollstuhl mit Motor bauen kann».
Für den neuen T-14 soll das Werk 400 Millionen Rubel pro Stück verlangt haben. Das sind umgerechnet 7.2 Millionen Euro – und damit dreimal mehr, als der T-90 bislang kostete.