Mindestens 38 Personen verloren bei der Brücken-Katastrophe von Genua ihr Leben und die Opferzahl könnte noch weiter ansteigen. Denn bis zu 20 Menschen werden noch vermisst.
Die Rettungskräfte setzten am Donnerstag die schwierige Suche nach Vermissten fort. Unterdessen verschärfte die Regierung ihre Vorwürfe gegen den Autobahnbetreiber Autostrade per l'Italia zu. Sie sieht die Verantwortung für die Katastrophe bei dem Unternehmen und will ihm die Lizenz für die Strasse entziehen.
Der italienische Innenminister Matteo Salvini attackierte auch die EU. Deren Regel, dass die Verschuldung im Staatsbudget nicht drei Prozent des BIP übersteigen dürfe, habe notwendige Instandhaltungen an der Brücke verhindert.
Brüssels Reaktion auf die harschen Vorwürfe liess nicht lange auf sich warten. «Italien ist wegen seiner finanziellen Instabilität einer der Hauptnutznieser des Stabilitäts- und Wachstumspakts», sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission. Er führte aus: «Für den Zeitraum 2014-2020 wird Italien rund 2,5 Milliarden Euro aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds für Investitionen in Netzinfrastrukturen wie Strassen oder Schienenverkehr erhalten.»
Zudem genehmigte die Kommission erst im April einen Investitionsplan für italienische Autobahnen, der die Durchführung von Investitionen in Höhe von rund 8,5 Milliarden auch in der Region Genua ermöglicht.
Salvini versucht, den alten Regierungen und der EU die Schuld für das Desaster zuzuschieben. Doch mit diesem Narrativ begibt er sich auf argumentativ dünnes Eis. Denn es war vor allem der Koalitionspartner «Movimento Cinque Stelle», der im Jahr 2013 ein ambitioniertes Infrastrukturprojekt bekämpfte, welches unter anderem eine Sanierung der Brücke vorsah.
Der Plan sei eine Geldverschwendung und würde zuviel Stau verursachen, schrieb Cinque-Stelle-Gründer Beppe Grillo von damals in einem Blog-Post. Die Einsturz-Szenarien der Ponte Morandi seien nichts anderes als ein «Märchen», so Grillo.
Der Vater des Movimentos wollte durch diese Aussagen politischen Support der Wähler gewinnen, die Angst hatten vor den Veränderungen und Störungen, der durch die Bauarbeiten entstanden wäre.
Experten warnten seit Jahren vor einem Einsturz der Brücke. Darunter auch Genuas-Präsident der italienischen Handelskammer. Im Jahr 2012 sagt dieser voraus, die Brücke werde innert zehn Jahren kollabieren.
Mittlerweile löschte Grillos Partei den Blog-Eintrag, doch die Zeitung Il Secolo XIX veröffentlichte einen Screenshot davon. (cma)