Der erste Meistertitel für den FC Liverpool seit 1990 scheint nur noch Formsache. Bereits 22 Punkte beträgt der Vorsprung der «Reds» nach 25 von 38 Runden auf den ersten Verfolger Manchester City. Da sollte eigentlich nichts mehr schiefgehen. Vor allem, wenn man sich vor Augen führt, wie Liverpool momentan auftritt. Mit traumwandlerischer Sicherheit stürmt das Team von Jürgen Klopp von Sieg zu Sieg.
Die Frage lautet also nicht mehr, ob Liverpool zum ersten Mal seit 30 Jahren Meister wird, sondern wie die «Reds» das bewerkstelligen. Wie viele Rekorde sie bis Ende Saison brechen. Gleich mehrere Bestmarken liegen auf dem Serviertablett bereit.
Manchester City holte in der Saison 2017/18 als erstes Premier-League-Team 100 Punkte. Unter Pep Guardiola kassierten die «Citizens» in 38 Spielen nur zwei Niederlagen, viermal gab es ein Unentschieden. In der letzten Saison wurde ManCity mit 98 Punkten Meister, Liverpool kam auf 97 Zähler.
In diesem Jahr könnte Liverpool die magische 100-Punkte-Marke gar übertreffen. Momentan liegt der Premier-League-Leader dank 24 Siegen und einem Unentschieden bei 73 Punkten. Gewinnt Liverpool bis zum Saisonende alle 13 verbleibenden Partien, kommen die «Reds» auf 112 Punkte. Drei Niederlagen und ein Unentschieden könnten sich die Jungs von Jürgen Klopp also erlauben, um ManCity zu übertreffen.
In den zwei Meister-Saisons unter Pep Guardiola (2017/18 und 2018/19) kam Manchester City jeweils auf 32 Siege. Liverpool steht jetzt bei 24 Siegen und könnte den Rekord frühestens Mitte April gegen Brighton einstellen und Ende April gegen Burnley übertreffen. Damit sie den Rekord brechen, brauchen sie in den verbleibenden 13 Meisterschaftsspielen noch 9 Siege.
Arsenal gewann die Premier League in der Saison 2003/04 ohne eine einzige Niederlage: 26 Siege und 12 Unentschieden reichten den «Invincibles» um Thierry Henry, Robert Pires und Dennis Bergkamp damals locker zum 13. und bislang letzten Meistertitel der «Gunners». Als erster ungeschlagener Meister der Geschichte erhielt das Team von Arsène Wenger als Sonderbelohnung eine goldene Mini-Ausgabe des Premier-League-Pokals.
Liverpools Chancen, wie Arsenal vor 16 Jahren ungeschlagen Meister zu werden, sind durchaus intakt. Grösster Stolperstein auf dem Weg dazu ist wohl das Auswärtsspiel bei Manchester City am 4. April. Kurz vor Saisonende geht es dann noch zu Arsenal, am zweitletzten Spieltag ist Chelsea an der Anfield Road zu Gast. Ganz zum Schluss dürfte Liverpool dann bei Newcastle United nicht mehr verlieren.
Saisonübergreifend reihte Liverpool bis zum 1:1-Unentschieden gegen Manchester United im letzten Oktober 17 Siege aneinander. Damit verpasste das Team von Jürgen Klopp die Bestmarke von Manchester City nur um einen einzigen Vollerfolg. Doch nun wackelt der Rekord von 18 Siegen in Serie erneut gewaltig. Die «Reds» haben seit dem Remis in Manchester bereits wieder 16 Mal in Serie gewonnen.
Werden auch Norwich City und West Ham United an den kommenden beiden Spieltagen vom Platz gefegt, stellt Liverpool den Rekord der «Citizens» ein. Um ihn zu übertreffen, bräuchte es einen weiteren Sieg auswärts beim FC Watford.
Auf dem Weg zur 100-Punkte-Saison erzielte ManCity in der Saison 2017/18 auch über 100 Tore. 106, um genau zu sein. Im Schnitt erzielten die «Citizens» also 2,79 Tore pro Spiel.
Liverpool liegt aktuell bei 60 Toren in 25 Spielen und damit fünf Treffer hinter ManCity. Der Schnitt von aktuell 2,4 Toren pro Spiel würde nicht reichen, um die Bestmarke von ManCity auch nur annähernd ins Wanken zu bringen. Für den Rekord müsste Liverpool in den restlichen 13 Spielen 3,54 Tore pro Spiel erzielen. Diese Torquote liegt wohl selbst für Mohamed Salah, Sadio Mané und Co. ausser Reichweite.
Chelsea kassierte 2004/05, in der ersten Meister-Saison unter dem neuen Besitzer Roman Abramowitsch, nur 15 Gegentore auf dem Weg zum Titel. Den Rekord brechen kann Liverpool, das momentan bereits bei 15 Gegentoren steht, nicht mehr. Um ihn einzustellen, dürfte «Reds»-Keeper Allison Becker kein einziges Gegentor mehr erhalten. Auch kein wirklich wahrscheinliches Szenario.
Nachdem Arsenal in der Saison 2003/04 ohne Niederlage Meister geworden war, setzten die «Gunners» ihre Ungeschlagenheit in der kommenden Saison noch 10 weitere Spiele fort. Insgesamt kam das Team von Arsène Wenger auf 49 Spiele ohne Niederlage. Erst bei der berühmten «Battle of the Buffet» gegen Manchester United mit den vielen brutalen und ungeahndet gebliebenen Fouls musste Arsenal nach eineinhalb Jahren wieder als Verlierer vom Platz.
Eigentlich galt diese Bestmarke der «Invincibles» als Rekord für die Ewigkeit, doch nun muss Arsenal erstmals zittern. Liverpool ist in der Premier League mittlerweile seit 42 Spielen ungeschlagen. Zuletzt setzte es am 3. Januar 2019 gegen Manchester City eine Niederlage (1:2) ab – nun könnte Liverpool ausgerechnet im Duell gegen die «Citizens» mit Arsenal gleichziehen und zum 49. Mal in Serie ungeschlagen bleiben. Eine Woche später, am 11. April, winkt dann der alleinige Rekord von 50 Spielen ohne Niederlage.
In der grandiosen 100-Punkte-Saison vor zwei Jahren holte Manchester City den Meistertitel mit 19 Punkten Vorsprung auf Stadtrivale ManUnited. Noch nie zuvor in England war eine Mannschaft überlegener Meister geworden. Das könnte sich mit dem FC Liverpool nun ändern: 22 Punkte beträgt der Vorsprung auf den ersten Verfolger ManCity derzeit. Sollten die «Reds» das noch ausstehende Direktduell gegen das Team von Pep Guardiola noch gewinnen, könnte man sich zwei Niederlagen leisten, um die Bestmarke zumindest einzustellen – immer vorausgesetzt, dass ManCity alle zwölf restlichen Spiele gewinnt.
Am 23. Januar gewann Liverpool bei den Wolverhampton Wanderers mit 2:1 und schaffte damit Historisches: Zum ersten Mal in der 127-jährigen Klub-Geschichte hatten die «Reds» damit sämtliche Premier-League-Gegner in einer Saison mindestens einmal besiegt – und zwar so schnell wie kein Team zuvor. Nur 24 Spieltage benötigte der 18-fache englische Meister dafür.
Vor Liverpool schafften es drei weitere Premier-League-Klubs, sämtliche Gegner mindestens einmal zu besiegen: Chelsea in der Saison 2005/06, ManUnited in den Saisons 2010/11 und 2017/18 und ManCity in den Saisons 2017/18 und 2018/19. Am schnellsten war ManCity vor zwei Jahren: Damals reichte ein 3:1 bei Everton am 32. Spieltag, um die 19 Siege zu komplettieren.
Six sides have beaten every team in a single Premier League season:
— Squawka Football (@Squawka) January 29, 2020
🔵 2005/06 Chelsea
🔴 2010/11 Man Utd
🔵 2017/18 Man City
🔴 2017/18 Man Utd
🔵 2018/19 Man City
🔴 2019/20 Liverpool
Liverpool did it the fastest. pic.twitter.com/tynJ5Asd8K
Bevor Liverpool in der Premier League weiter auf Rekordjagd gehen kann, steht heute im FA Cup das unliebsame Wiederholungsspiel gegen Drittligist Shrewsbury Town an. Die Partie wird allerdings ohne die grossen Liverpool-Stars und Jürgen Klopp über die Bühne gehen. Wegen des dichtgedrängten Programms und weil er seinen Spielern in der eigentlich einzig spielfreien Winter-Woche bereits ein paar Ferientage zusagte, entschied der Liverpool-Coach, gegen Shrewsbury die U23 laufen zu lassen. Ein nicht gerade populärer Entscheid: Klopp wird dafür von allen Seiten harsch kritisiert.
«Das ist beispiellos. Ich bin wirklich enttäuscht», erklärte TV-Experte Martin Keown. Andy Holt, Besitzer des Drittligisten Accrington Stanley, forderte gar drastische Massnahmen gegen Liverpool: «Das ist eine Schlacht, welche die FA gewinnen muss, andererseits wird ihr Parade-Wettbewerb komplett untergraben. Liverpool muss schwer bestraft werden. Der Fussball gehört nicht ihnen allein. Er gehört uns allen.»
Die früheste Meisterschaft (8 Spiele vor Schluss) am 21. März gg. Crystal Palace, oder noch früher wenn City nicht immer gewinnt.
Bisheriger Rekord: ManU am 14. April 2001.