Der 11. Mai ist sozusagen ein «nationaler Tag der Befreiung». Viele Geschäfte dürfen wieder öffnen und die Demokratie wird neu belebt: zahlreiche Gemeinden haben das Gesuch eingereicht, ab diesem Datum ordentliche Einwohnerversammlungen einzuberufen.
Die Hockeybosse könnten gemäss den Statuten auch per Videokonferenz ihre Liga-Versammlung abhalten. Aber das Traktandum ist so wichtig, dass allenthalben der Wunsch geäussert worden ist, eine echte Liga-Versammlung durchzuführen. Der umsichtige Verbandspräsident Michael Rindlisbacher überlässt, wie es seine vorbildliche Art ist, nichts dem Zufall. Er hat bereits am letzten Donnerstag ein entsprechendes Gesuch bei der zuständigen Stelle der Berner Regierung eingereicht. Man möge bewilligen, dass sich die Vertreter der 12 Klubs der National League und der 12 Klubs der Swiss League auf Berner Boden versammeln dürfen. Damit der Sicherheitsabstand eingehalten werden kann, ist als Versammlungsort der Berner Hockeytempel (PostFinance Arena) auserwählt worden. Dort hat es genug Platz, um die Herren in gebührendem Abstand zu platzieren. Und die Virus-Krisen-Massnahmen garantieren ja auch, dass sie sich nicht in die Haare geraten dürfen.
So soll verhindert werden, dass die finanziell ohnehin arg gebeutelten Klubs auch noch Geld für «Not- und Angstinvestitionen» ausgeben (Trainerwechsel, neues ausländisches Personal). Die Swiss League bekommt ein «Zückerli»: der Sieger der zweithöchsten Liga darf direkt aufsteigen, wenn er die wirtschaftlichen, sportlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen erfüllt. Das gleiche gilt auch für den Sieger der «MySports League». Die übernächste Saison würde dann mit 13 Teams gespielt. Das Aussetzen des Abstieges ist auf die nächste Saison begrenzt.
Der Entscheid benötigt, da es bereits die nächste Saison betrifft, eine Dreiviertelmehrheit. Die Chancen stehen gut, dass der Antrag durchkommt. Inzwischen ist auch klar, dass die Ausländer-Regelung wieder ein konkretes Thema wird. Die entsprechende Liga-Versammlung ist für den 17. Juni terminiert. Treibende Kraft für die Erhöhung der Anzahl Ausländer ist SCB-Manager Marc Lüthi. Er ist mit einem solchen Antrag schon einmal hochkant gescheitert, weil er zu schnell zu viel wollte. Er hat daraus die Lehren gezogen: er kam beim ersten Anlauf nicht durch, weil er damals gleich für die nachfolgende Saison mehr Ausländer wollte und die dafür erforderliche Dreiviertelmehrheit klar verfehlte.
Nun geht er schlauer vor: die Anzahl Ausländer soll erst für übernächste Saison (2021/22) erhöht werden. Dafür braucht es, weil es eben erst die übernächste Saison betrifft, nur eine einfache Mehrheit. Und die ist mit emsigem Lobbying möglich. Wie viele Ausländer erlaubt sein sollen, ist noch nicht klar. Der Vorschlag wird zurzeit ausgearbeitet. Bis zum 17. Juni ist ja noch etwas Zeit.
Unter dem Traktandum «Diverses» wird der «Fall Mark Streit» aber bereits am 11. Mai zum Thema. Mark Streit ist Verwaltungsrat beim Verband und nun neu auch Verwaltungsrat und Mitbesitzer beim SC Bern. Geht das? Der kluge Verbandspräsident Michael Rindlisbacher sagt dazu: «Gemäss Statuten muss Mark Streit nicht aus dem Verwaltungsrat von Swiss Ice Hockey zurücktreten. Wir werden das Thema Doppelmandat aber sicherlich zusammen mit Mark Streit und dem ganzen Verwaltungsrat demnächst aufnehmen und diskutieren.»
Diskutiert wird der «Fall Streit» bereits am 11. Mai von den Klubbossen. Der auf Korrektheit und Formalismus fixierte Verbandspräsident ist dadurch zwischen alle Fronten geraten. Als ehemaliger SCB-Verwaltungsrat und Kumpel von Marc Lüthi verdankt er sein hohes Amt dem SCB. Marc Lüthi will Mark Streit unbedingt im Verbands-Verwaltungsrat halten. So wird er endlich wieder ungefiltert und direkt darüber informiert, was im höchsten Verbandsgremium gedacht, gesagt und getan wird. Und juristisch ist er im Recht.
Aber die anderen Klubbosse sehen diese Verfilzung («SCB-Mafia») gar nicht gerne. Wenn Michael Rindlisbacher nun dieses juristisch korrekte, politisch aber hochheikle Doppelmandat von Mark Streit duldet, könnte seine Amtszeit unverhoffter zu Ende gehen als eine Overtime im Hockey. Und so hat er einen ihm nahestehenden Juristen beauftragt, den heiklen Fall des «doppelten Mark Streit» mit Marc Lüthi zu besprechen. Ach, welch ein grosser Stein würde dem tüchtigen Verbandsvorsitzenden vom Herzen fallen, wenn Mark Streit zügig aber ohne Hast von sich aus auf das Mandat als Verbands-Verwaltungsrat verzichten würde…
Wobei ich dieses Doppelmandat von Mark Streit durchaus als heikel erachte.