Das geplante Abkommen zwischen den USA und den militant-islamistischen Taliban weckt Hoffnungen auf ein Ende des langen Konflikts in Afghanistan. Mehr als 18 Jahre nach Beginn der US-Einsatzes in Afghanistan steht Washington kurz vor der Unterzeichnung eines Abkommens mit den militant-islamistischen Taliban. Es soll den längsten Krieg der USA zu einem Ende führen.
Ein Blick darauf, was bisher über die Vereinbarung, über die mehr als eineinhalb Jahre verhandelt wurde, bekannt ist.
Im Gegenzug für Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wie Al-Kaida mehr wird und die Islamisten lange verweigerte Friedensverhandlungen mit Kabul eingehen, leiten die USA den Abzug ihrer Truppen aus dem Land ein.
Anfangs hatten die USA auch einen umfassenden Waffenstillstand von den Islamisten gefordert. Diesen konnte Washington den Taliban, die Gewalt als ihren wichtigsten Hebel sehen, aber nicht abringen. Am Ende reichte den USA eine siebentägige «Gewaltverringerung» vor einer Unterzeichnung des Abkommens.
Trump hat mehrfach versprochen, die «endlosen Kriege» zu einem Abschluss zu bringen, die Amerika im Ausland führt. Das hat sich allerdings als schwierig herausgestellt, so ist es beispielsweise immer noch nicht zu dem von Trump Ende 2018 angekündigten Abzug der US-Truppen aus Syrien gekommen. Dasselbe galt bislang für Afghanistan. Bei seiner Ansprache zur Lage der Nation zu Monatsbeginn sagte Trump: «Wir arbeiten daran, den längsten Krieg Amerikas endlich zu beenden und unsere Truppen wieder nach Hause zu bringen.» Trump betonte zugleich, es sei zu enormen Fortschritten in Afghanistan gekommen, «und Friedensgespräche sind jetzt im Gange».
Details des Abkommens wurden bis zuletzt unter Verschluss gehalten. Bisher sickerte durch, dass die USA in einer ersten Tranche binnen viereinhalb Monaten ihre Truppenzahl von aktuell 12'000 bis 13'000 auf 8600 reduzieren. Danach soll jeder weitere Abzug davon abhängig sein, ob die Taliban ihre Verpflichtungen einhalten.
Der Grossteil der US-Soldaten, rund 8000, war bisher für die Nato-Mission «Resolute Support» (RS) im Land, die afghanische Sicherheitskräfte ausbildet. Weitere rund 5000 sind im Anti-Terror-Kampf eingesetzt, oder für beides. Afghanische Medien berichteten, dass der Abzug, solange alles wie geplant läuft, binnen 18 Monaten abgeschlossen werden soll. Laut «New York Times» könnte der gesamte US-Abzug auf bis zu zwei Jahre angelegt sein.
Die USA wollen Garantien, dass kein Land mehr aus Afghanistan angegriffen wird. Das Taliban-Regime hatte den Terror-Paten Osama bin Laden beherbergt, den die USA für die Al-Kaida-Angriffe auf New York und Washington im Jahr 2001 mit fast 3000 Toten verantwortlich machten. Dem Afghanistan-Experten Barnett Rubin zufolge werden die Taliban ausdrücklich versprechen, Al-Kaida keinen sicheren Hafen mehr zu bieten, schrieb Rubin in der Washington Post. Ein UN-Bericht von Januar schätzte zuletzt die Zahl der Al-Kaida-Kämpfer im Land auf zwischen 400 und 600.
Neben Al-Kaida kooperierten die Taliban einem UN-Bericht zufolge bisher aber auch mit fast 20 weiteren regional und global ausgerichteten militanten Gruppen in Afghanistan. Die Terrormiliz Islamischer Staat hingegen haben sie seit Beginn ihres Auftauchens Anfang 2015 an heftig bekämpft. Wie genau die Anti-Terror-Garantien der Taliban aussehen und wie ihre Einhaltung überprüft werden soll, ist bislang nicht bekannt. Laut Rubin soll ein Anhang des Abkommens ein gemeinsames Zentrum vorsehen, über das die Taliban und die USA Anti-Terror-Informationen teilen.
Die Taliban sollen sich mit dem Abkommen verpflichten, binnen kurzer Zeit nach Unterzeichnung – kolportiert werden weniger als zwei Wochen – innerafghanische Friedensgespräche einzugehen. An diesen sollen auch Vertreter der Regierung in Kabul teilnehmen. Bisher hatten die Taliban stets abgelehnt, mit Kabul, das sie als «Marionette des Westens» abtun, direkte Verhandlungen aufzunehmen. Manche Experten sehen darin den grössten Wert des USA-Taliban-Abkommens: Dass es die Taliban endlich mit der Regierung in Kabul und anderen afghanischen Seiten an den Verhandlungstisch bringt.
Das sehen die wenigsten Beobachter so. Es ist ein erster Schritt in Richtung Frieden. Bisher fehlte eine Konfliktpartei – die Regierung in Kabul. Gleichzeitig wurden zwei der Punkte für dauerhaften Frieden an die innerafghanischen Verhandlungen ausgelagert: ein landesweiter, dauerhafter Waffenstillstand sowie ein Abkommen über die künftige Verteilung der politischen Macht in Afghanistan – also darüber, wie die Taliban politisch eingegliedert werden. Die eigentlichen Friedensgespräche für das Land stehen somit erst noch bevor. Beobachter gehen davon aus, dass es mindestens ein Jahr bis zu einem innerafghanischen Friedensschluss dauert.
In einer im vergangenen September veröffentlichten Umfrage des Instituts Gallup sagten 52 Prozent der Befragten, es sei kein Fehler gewesen, US-Truppen 2001 nach Afghanistan zu schicken. 43 Prozent hielten es für falsch. Im November 2001 – kurz nach dem Einmarsch – fanden noch 89 Prozent der Befragten die Entsendung der US-Soldaten richtig, nur 9 Prozent gingen davon aus, dass der Krieg ein Fehler sei. Das Institut Pew stellte im Frühjahr 2019 eine etwas andere Frage: Ob es angesichts der Kosten und des Nutzens wert gewesen sei, den Krieg in Afghanistan zu kämpfen. Dazu sagten 59 Prozent, der Einsatz sei es nicht wert gewesen. Unter Veteranen ergab sich in der Umfrage ein ähnliches Bild: Bei ihnen lag dieser Wert bei 58 Prozent.
Die nur teilweise bekannten Opferzahlen sind immens. Seit 2001 starben nach Angaben des Pentagons in Afghanistan mehr als 1800 US-Soldaten bei Anschlägen oder Gefechten. Wie viele Taliban umkamen, ist unbekannt. Die Zahl der seit 2009 verletzten oder getöteten Zivilisten geben die UN mit mehr als 100'000 an. Die Verluste der afghanischen Sicherheitskräfte bezifferte Präsident Aschraf Ghani im Januar 2019 nur für seine Amtszeit auf mehr als 45'000 Tote.
Nein, er hatte das aber geplant. Der Präsident wollte im vergangenen September Geheimtreffen mit Vertretern der Taliban und – getrennt davon – mit dem afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani abhalten. Die Verkündung einer Einigung wäre ein spektakulärer Erfolg für Trump gewesen. Am Vorabend sagte er das Treffen im Landsitz des US-Präsidenten in Camp David dann aber per Twitter ab. Als Grund nannte Trump einen Taliban-Anschlag wenige Tage zuvor in Kabul mit zwölf Toten, darunter war auch ein US-Soldat. Trump erklärte die Verhandlungen mit den Taliban danach für «tot». Das stellte sich allerdings als vorschnell hinaus. (sda/dpa)
Wert dies das alles nichts.