Finma verfügt Massnahmen bei Raiffeisen

Finma verfügt Massnahmen bei Raiffeisen

14.06.2018, 09:24

Die Finanzmarktaufsicht Finma sieht bei Raiffeisen schwerwiegende Mängel in der Unternehmensführung. Die Bankengruppe habe Interessenkonflikte ungenügend gehandhabt.

stellt die Aufsichtsbehörde in einem Bericht fest, in dem sie die Ära des ehemaligen Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz aufgearbeitet hat. Dieser wurde laut der Finma vom Verwaltungsrat zu wenig kontrolliert.

Der Verwaltungsrat habe dem ehemaligen Chef zumindest potenziell ermöglicht, eigene finanzielle Vorteile auf Kosten der Bank zu erzielen, schreibt die Aufsichtsbehörde in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Gegen Vincenz läuft derzeit auch eine Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft Zürich wegen des Verdachts auf ungetreue Geschäftsbesorgung. Der ehemalige CEO war Ende Februar in Untersuchungshaft genommen und erst am vergangenen Dienstag wieder freigelassen worden.

Erhebliche Interessenkonflikte bei Investnet

Raiffeisen Schweiz habe unter der Führung von Vincenz eine Vielzahl an Beteiligungen aufgebaut, stellt die Finma fest. Das habe oft zu Rollenkumulationen und Interessenkonflikten geführt. «So war Raiffeisen Schweiz bei verschiedenen Beteiligungen gleichzeitig Aktionärin, Geschäftspartnerin und Kreditgeberin von Gesellschaften oder ihren Organen und im Verwaltungsrat vertreten.»

Bei der Untersuchung der Finma ging es insbesondere um die Beteiligung der Bankengruppe an den Gesellschaften Investnet, KMU Capital und Investnet Holding, wobei es insbesondere bei der Investnet-Beteiligung zu einer «Rollenkumulation mit erheblichen Interessenkonflikten» gekommen sei. So habe zunächst ein Raiffeisen-Berater und Vertrauter von Vincenz Minderheitsanteile an Investnet und KMU Capital gehalten.

Nach einer Neustrukturierung unter Einbezug des Beraters kaufte dann Vincenz seiner Bank Investnet-Anteile ab. Der CEO habe dabei seine Beteiligungsabsichten an der Investnet gegenüber dem Verwaltungsrat nicht angemessen offengelegt und sei trotz Interessenkonflikt nicht in den Ausstand getreten, heisst es. «Auch der Raiffeisen-Verwaltungsrat unterliess es, den naheliegenden potenziellen Interessenkonflikten nachzugehen.»

Verwaltungsrat ungenügend

Insgesamt habe der Raiffeisen-Verwaltungsrat seine Funktion als Oberleitungs-, Aufsichts- und Kontrollorgan der Bank insbesondere im Zeitraum von 2012 bis 2015 ungenügend wahrgenommen, stellt die Finma fest. «Damit ermöglichte es der Verwaltungsrat dem ehemaligen CEO zumindest potenziell, eigene finanzielle Vorteile auf Kosten der Bank zu erzielen.»

Auch bei der Vergabe von Krediten an Vincenz und an der Bank nahestehende Personen sei es zu Verfehlungen gekommen. In anderen Bereichen habe die Aufsicht über den ehemaligen CEO ebenfalls nicht funktioniert. So habe dieser über Jahre hinweg hohe und pauschale Mandatshonorare an den ihm nahestehenden Berater bezahlt und dabei sein Budget teils erheblich überschritten, was nie beanstandet worden sei.

Massnahmen verfügt

Immerhin habe Raiffeisen in den vergangenen zwei Jahren eine Reihe von eigenen Massnahmen ergriffen, anerkennt die Finma. Diese erachte sie bei konsequenter Umsetzung für geeignet, um die Corporate Governance der Bank und den Umgang mit Interessenkonflikten zu verbessern.

Die Finma verfügt dennoch weitere Massnahmen «zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustands». So muss sich der Verwaltungsrat von Raiffeisen Schweiz erneuern und fachlich verstärken, mindestens zwei Mitglieder müssen dabei «angemessene Erfahrung im Bankwesen» haben. Zudem wird die Bank verpflichtet, die Vor- und Nachteile einer Umwandlung von Raiffeisen Schweiz in eine Aktiengesellschaft vertieft zu prüfen.

Gegen Vincenz selbst hatte die Finma ein Verfahren schon im letzten Dezember eingestellt. Vincenz hatte damals öffentlich einen lebenslangen Verzicht auf Führungspositionen in der Finanzbranche erklärt.

Ob die Finma weitere Verfahren gegen Einzelpersonen einleiten werde, werde sie nach Vorliegen der internen Untersuchung der Bank entscheiden, heisst es weiter. Bis jetzt habe sie keine Anhaltspunkte, «die ein aufsichtsrechtliches Verfahren gegen heutige Führungskräfte der Raiffeisen Schweiz rechtfertigen würden», so die Behörde.

Raiffeisen mit Erneuerungsprozess

Raiffeisen anerkennt in einer Stellungnahme vom Donnerstag die Finma-Verfügung. Sie weist darauf hin, dass Verbesserungsmassnahmen eingeleitet und zum Teil bereits umgesetzt wurden, heisst es mit Verweis auf den «Erneuerungsprozess im Verwaltungsrat». Zur Auflage, die Folgen einer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vertieft zu prüfen, werde der Verwaltungsrat im Rahmen der Strukturdiskussion die Überprüfung ihrer Gesellschaftsform vornehmen. (sda/awp)

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