Sportplatz Höngg in Zürich. 120 fussballbegeisterte Kinder gehen vergangene Woche ihrem grössten Hobby nach. Beim «Kids Camp» des Grasshopper Club Zürich in Höngg jagen Mädchen und Jungs im Alter zwischen fünf und 14 Jahren fünf Tage lang dem Ball nach, um eines Tages vielleicht ihren Traum als Fussballprofi zu erfüllen; ich bin einer ihrer Trainer. Natürlich sind auch die zukünftigen Kicker nervös und voller Vorfreude auf das kommende Derby am Wochenende – würde man meinen.
«Ich darf nicht ins Stadion gehen, dort ist es zu gefährlich», sagt mir ein neunjähriger Knabe zwischen zwei Trainingseinheiten. Seinen Freunden gehe es nicht anders. Die Eltern lassen ihre Kinder tatsächlich nicht ins Stadion. Zu gefährlich sei so ein Derby. Unglaublich!
Ich kann und will meinen Ohren nicht trauen. Was gibt es denn Schöneres, als seinen Idolen live im Stadion zuzujubeln, und das noch bei einem Zürcher Stadtderby vor fast voller Kulisse?
Der Grund für die verängstigten Mamis und Papis liegt natürlich auf der Hand. Dazu genügt der Blick auf Meldungen dieses Wochenendes. In Zürich wird ein 14-Jähriger spitalreif zugerichtet, in Basel werden ein Vater und sein erwachsener Sohn von Vermummten angegriffen. Wieso sollte man also seinen eigenen Sohn und seine eigene Tochter einem Ort der Gewalt und Aggressionen aussetzen?
Weil uns das nicht dazu bringen darf, auf die schönste Nebensache der Welt zu verzichten!
Gerne wüsste ich, wie oft die Eltern dieser Kids schon in einem Stadion waren. Da ist nichts von Gewalt, von Hass zu sehen. Lediglich zwei emotionale Fanlager, welche ihre Teams während 90 Minuten mit Herzblut anfeuern, wobei ab und zu halt auch mal ein Schmähruf in Richtung gegnerisches Fanlager zu hören ist. Doch nie werde ich vergessen, wie ich als kleiner Goof neben meinem Vater mit grossen Augen den Fans zuschaute, wie sie Lieder singend und Fahnen schwingend das Stadion zum Beben brachten. Und nie würde ich dieses Erlebnis einem jungen Fussballfan vorenthalten wollen.
Aber was, wenn böse Vermummte meine Kleinen angreifen? Jetzt mal ehrlich: Was manche Fans abziehen, ist inakzeptabel und muss bestraft werden. Doch glaubt mir: Wer nichts damit zu tun haben will, kann diesen «Krawallen» ausweichen.
Man muss ja nicht mit dem zehnjährigen Sohn an den Marsch der Ultras gehen. Man kann gemütlich eine halbe Stunde vor dem Match eintrudeln, eine Wurst essen, sein Team 90 Minuten lang anfeuern und dann das Stadion sorglos wieder verlassen.
Ihr glaubt mir nicht, liebe Eltern? Dann geht raus und seht es euch selbst an. Und lasst euch nicht nur von Medienberichten beeinflussen. Ausser von diesem. Das würde vielen Leuten gut tun – nicht nur beim Fussball.