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Rassismus

Als Schwarze allein unter Rassisten: «Ich wollte einen Neonazi anfassen um die Angst loswerden»

Als Schwarze allein unter Rassisten: «Ich wollte einen Neonazi anfassen um die Angst loswerden»

Mo Asumangs Angst begann mit der Morddrohung einer rechtsradikalen Band. Seither versucht die deutsche TV-Moderatorin dem Rassismus auf den Grund zu gehen. In der Sendung «TalkTäglich» sprach sie über Begegnungen mit Neonazis, Rechtsradikalen und Ku-Klux-Klan-Mitgliedern.
25.02.2016, 16:3325.02.2016, 17:16
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Ausschnitt aus der Sendung «TalkTäglich»: Mo Asumang schildert ihre Begegnungen mit Rassisten, Faschisten und Neonazis. Sehen Sie die ganze Sendung im Video weiter unten. Video: kaltura.com

Tonprobe im ARD-Studio. Es ertönt ein Song, doch Moderatorin Mo Asumang kann nicht verstehen, was gesungen wird. «Ich musste tatsächlich erst fragen, was singen die denn da?», erzählt sie. Der Text des Songs lautete: «Die Kugel ist für dich, Mo Asumang.»

Es ist eine Todesdrohung einer rechtsradikalen Band aus Berlin. «Ich habe gezittert und gebibbert und mich gefühlt wie in einem Panicroom», erzählt Asumang.

Mo Asumang

Mo Asumang, 1963 im deutschen Kassel geboren, ist TV-Moderatorin («Liebe Sünde»), Regisseurin, Schauspielerin. Die ist Mutter Deutsche, der Vater aus Ghana. Ihr Regiedebüt gab Asumang 2007 mit dem Dokumentarfilm «Roots Germania», 2014 feierte ihre Doku «Die Arier» Premiere. Ihr Buch «Mo und die Arier: Allein unter Rassisten und Neonazis» ist am 25. Februar 2016 erschienen.

Nach diesem Vorfall wurde Mo Asumang zur Filmproduzentin und Autorin. Sie wollte dem Rassismus auf den Grund gehen. Und so traf sie zahlreiche Neonazis, Faschisten und Rechtsradikale.

«Ich wollte einen Neonazi anfassen»

«Ich habe ein Treffen gebraucht», sagt sie. «Ich brauchte einen Menschen vor mir. Ich hatte ja immer nur diese Gedanken im Kopf, aber ich wollte einen Neonazi sehen, anfassen, riechen. Um dieses Bild aus dem Kopf zu kriegen.»

Mo Asumang wollte so die Angst loswerden. «Ich wollte nicht, dass jemand mich in Beschlag nimmt und mein Leben ändert. Ich hatte ein sehr glückliches Leben. Ich wollte mich wiederfinden, wieder haben.»

«Er war irgendwie schüchtern»

Eines der ersten Treffen war jenes mit einem rechtsradikalen Gefängnisinsassen. «Alles, was schwarz ist oder Schlitzaugen hat, wird bei uns weggeschlagen», sagte er ihr. Aber in die Augen sehen konnte er ihr dabei nicht.

«Er war irgendwie schüchtern», erzählt Mo Asumang. «Ich habe festgestellt, dass es für ihn wohl etwas anderes ist, das einer Schwarzen ins Gesicht zu sagen, dass dieser Rassismus bei der direkten Konfrontation nicht mehr funktioniert.»

Maschinengewehre auf dem Rücksitz

Mo Asumang traf auch NPD-Politiker und Holocaust-Leugner Jürgen Riegel und stellte sich auf dem Berliner Alexanderplatz einem Mob aus 3000 Neonazis. Die grösste Mutprobe war aber wohl das Treffen mit Mitgliedern des rassistischen Geheimbunds Ku-Klux-Klan in den USA.

«Als die ankamen, hatten die zwei Maschinengewehre auf dem Rücksitz. Da wurde mir schon ganz schön mulmig», blickt Asumang zurück. «Das Gespräch war natürlich sehr gruselig, ich sah nur die Mütze und dadurch wirkte der Mann noch grösser. Und ich hab eben nur in diese dunklen Löcher gesehen.»

Rassismus produzieren

«Rassismus ist gemacht», so Mo Asumangs Fazit nach jahrelanger Recherche am eigenen Leib. Ein Mensch allein sei nicht so gewalttätig, dass er jemandem einfach etwas antut, nur weil dieser fremd ist.

Jetzt auf
Allein unter Rassisten und Neonazis – sehen Sie hier die ganze Sendung «TalkTäglich» mit Mo Asumang.
Video: kaltura.com

«Das wissen natürlich die Neonazis und die wenden sehr viel Geld und Energie auf, um den Rassismus zu produzieren und in der Bevölkerung einzupflanzen. Und wir müssen schauen, wie wir es schaffen, nicht in Hysterie zu verfallen.» (smo) (aargauerzeitung.ch)

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2 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Louie König
25.02.2016 17:28registriert Juni 2014
Sehr spannender, obwohl kurzer, Artikel. Rassismus ist im Grundsatz doch nur ein Ersatz für die eigene Identität, die an einem gewissen Punkt verloren ging bzw. sich vielleicht nie entwickeln konnte.
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