Ein Berufungsgericht in Ägypten hat einen Arzt wegen einer weiblichen Genitalverstümmelung mit tödlichem Ausgang zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Zu zwei Jahren verurteilte das Gericht in der nördlichen Stadt Mansura den Arzt wegen fahrlässiger Tötung, die dreimonatige Gefängnisstrafe bekam er wegen «Praktizierens der Genitalverstümmelung»
Der Vater des im Juni 2013 im Alter von 14 Jahren verstorbenen Mädchens erhielt eine dreimonatige Bewährungsstrafe. Er war in erster Instanz im vergangenen November ebenso freigesprochen worden wie der Mediziner. Das Berufungsgericht ordnete an, die Privatklinik des Arztes ein Jahr lang zu schliessen. Die Freisprüche in der ersten Instanz hatten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Der Fall der bei der Operation gestorbenen Sohair al-Bataa war der erste, seit 2008 in Ägypten weibliche Genitalverstümmelung verboten worden war. Dabei werden meist ohne Narkose und häufig unter unhygienischen Bedingungen die Klitoris und Teile der Schamlippen entfernt. Viele Betroffene leiden unter Schmerzen beim Wasserlassen, bei der Menstruation und beim Sex.
Besonders in ländlichen Gegenden ist die Praxis aus traditionellen und religiösen Gründen weiter stark verbreitet. Die Tradition geht bis auf die Zeiten der Pharaonen zurück. Mit dem grausamen Ritus sollen Frauen «von sexuellen Versuchungen gereinigt» werden.
Von der Beschneidung ihrer Genitalien waren in Ägypten einer amtlichen Studie zufolge im Jahr 2000 mehr als 96 Prozent der muslimischen und christlichen Ägypterinnen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren betroffen. Gemäss der Gesetze von 2008 wird die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung mit zwischen drei Monaten und zwei Jahren Gefängnis bestraft.
Die Genitalverstümmelung bei Mädchen ist in vielen afrikanischen Ländern gängige Praxis. Im Jahr 2008 waren nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit 130 Millionen Frauen und Mädchen beschnitten. In 28 afrikanischen Ländern, aber auch in anderen Staaten wie dem Jemen, dem Irak, in Indonesien und Malaysia, ist die Praxis weit verbreitet. (feb/sda/afp)