Ein Istanbuler Gericht hat am Donnerstag die Freilassung von 230 Militärangehörigen angeordnet, die im September 2012 unter dem Vorwurf der Beteiligung an einem Putschversuch zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren.
Das Gericht folgte einem Antrag der Staatsanwaltschaft, die Vollstreckung des Urteils auszusetzen, bis ein neues Urteil gesprochen werde. Das Verfassungsgericht hatte am Mittwoch das ursprüngliche Urteil moniert, weil die Rechte der Angeklagten damals nicht gewahrt worden seien.
Türkische Fernsehsender berichteten am Donnerstag live darüber, wie die ersten Soldaten aus Haftanstalten in Istanbul und in der Hauptstadt Ankara entlassen wurden. Dazu zählten auch der als eigentlicher Drahtzieher verurteilte General Cetin Dogan, der Ex-Luftwaffenchef Ibrahim Firtina und Ex-Marinekommandant Özden Örnek.
Das juristische Ringen ist Teil eines komplexen Machtkampfs zwischen der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und dem Militär, das seit der Gründung der modernen Türkei unter Mustafa Kemal Atatürk 1923 eine besondere Stellung geniesst. Seit 1960 verdrängten die Generäle vier gewählte Regierungen von der Macht, 2007 drohten sie offen mit einem Putsch gegen Erdogan.
Kritiker werfen Erdogans islamisch-konservativer Regierungspartei AKP vor, eine Kampagne zur Untergrabung des Rufs der strikt säkularen Armee zu führen. Im Dezember hatte Erdogan jedoch überraschend selbst dafür gesorgt, dass das Urteil gegen die Militärs von 2012 noch einmal überprüft werden konnte. (lhr/sda/afp)