Es ist schon ein Kreuz mit diesen alten religiösen Schriften: Jeder pickt sich die Passagen heraus, die gerade die eigene Haltung bestärken. Nehmen wir nur mal die Bibel: Da sollst du einerseits deinen nächsten lieben wie dich selbst. Dann wird wieder aufgerechnet: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Beim Koran ist das nicht anders. Auch wenn eine Sure besagt «Es gibt keinen Zwang in der Religion», zitieren sowohl Mohammed-Hardliner wie auch Anti-Muslime ausschliesslich Passagen aus dem Buch, die Intoleranz, Frauenfeindlichkeit und Gewalt predigen.
Warum nicht mal die Gemeinsamkeiten betonen? Genau das haben niederländische YouTuber getan: Sie haben – sagen wir – diskussionswürdige Zitate aus der Bibel genommen und so getan, als kämen sie aus dem Koran. Über die Passanten, die sie dazu befragt haben, muss also gesagt werden: «Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun!»
Das Koran-Kalkül des Duos Dit Is Normaal ist voll aufgegangen: Die beiden YouTuber haben sich besonders markige Stellen in der Bibel herausgesucht, mit denen sie ihre Mitbürger in einer Fussgängerzone konfrontieren. Zum Beispiel aus dem 1. Timotheusbrief: «Eine Frau lerne in der Stille mit aller Unterordnung. Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann Herr sei, sondern sie sei still.»
«Das klingt lächerlich», meint ein Passant über die Zitate. «Wie kann man sowas nur glauben?», fragt eine ältere Dame. Und eine junge Frau sagt: «Die Hände von Leuten abhacken ... Nun, so sind sie offenbar nun mal.» Und zwei junge Kerle denken, dass es eine Gesellschaft negativ beeinflusst, wenn sie mit so einer Religion aufwächst.
Die YouTuber fordern die Befragten auch auch, den vermeintlichen Koran mit der Bibel zu vergleichen. Die Schrift Mohammeds sei «aggressiver», antwortet einer. Das Buch der Christen «hat viel Positives in sich», bekundet eine andere. Dort gebe es auch ein viel besseres Frauenbild, legt eine Passantin nach. Und bekräftigt: «Es ärgert mich, dass einige Leute in diesen alten Schriften die absolute Wahrheit sehen.»
Doch dann öffnen die YouTuber ihr und den anderen die Augen: Wo Koran draufsteht, ist Bibel drin. Die Überraschung ist jeweils so gross, als würde Wasser in Wein verwandelt. Die Reaktion eines jungen Mannes fasst die Moral dieser Geschicht' am besten zusammen: «Es dreht sich einfach alles um Vorurteile. Ich selbst versuche immer, nicht voreingenommen zu sein, aber offensichtlich bin ich es doch.»